Was verursacht Grass Sickness?
Die Ursache der oftmals tödlichen Erkrankung ist nicht sicher geklärt. Allerdings deutet alles auf eine Vergiftung (toxische Ursache) hin. Vor allem der Botulismus-Erreger Clostridium botulinum wird als Auslöser diskutiert. Wissenschaftler vermuten, dass der Erregertyp C im Darm Gift produziert.
Die Grass-Sickness-Expertin Dr. Leonie Hunter von der Universität Edinburgh wies 1999 das Gift bei 74 Prozent der akuten und 67 Prozent der subakuten und chronischen Fälle nach. Auch Professor Helge Böhnel, ehemaliger Direktor am Institut für Pflanzenbau und Tierproduktion der Tropen und Subtropen der Universität Göttingen, fand Clostridien und deren Neurotoxin im Darm graskranker Pferde. Die Krankheit durch Botulismus-Toxin gezielt auszulösen, ist allerdings bisher nicht gelungen.
Ebenfalls unter Verdacht steht Klee, genauer: weißer Klee mit einem erhöhten Zyanidgehalt. Er könnte zum Entstehen der Graskrankheit beitragen: Denn Studien wiesen in Kleeproben von Weiden während eines Krankheitsausbruchs viel Zyanid nach. Pferde, die dort grasten, hatten in Blut und Urin einen hohen Zyanidanteil. Allerdings erkrankten auch Pferde, auf deren Weiden kein Klee wuchs.
Witterungsverhältnisse und Graswachstum scheinen ebenfalls eine Rolle zu spielen: Die meisten Fälle treten zwischen April und Juli auf, mit einem Höchststand im Mai; allerdings gibt es auch geringe Häufungen in Herbst- und Wintermonaten. Vor gehäuften Ausbrüchen herrschte stets kühles, trockenes Wetter bei Temperaturen zwischen sieben und 11 Grad Celsius. Teilweise traten Erkrankungen mehrfach nach Wetteränderungen (Kälte und starke Winde) auf.
Was sind Symptome von Grass Sickness?
Tierärzte unterscheiden drei Formen der Graskrankheit: akut, subakut und chronisch – je nach Schwere der Symptome. Egal, um welche Form es sich handelt: Hierbei werden immer Teile des vegetativen Nervensystems, des Rückenmarks und des Stammhirns zerstört. Dadurch werden keine Impulse mehr an die Muskeln übertragen; nach und nach streiken deshalb Darm, Magen, Speiseröhre und Schlund.
Zu den Anzeichen des akuten und subakuten Verlaufs zählen herabhängende Oberlider (Ptosis); das Pferd zeigt Koliksymptome wie Flehmen, Scharren oder Wälzen. Die Bauchdecke ist gespannt, der Darm gurgelt wenig oder gar nicht. Typisch ist auch Reflux des Mageninhalts in die Speiseröhre. Das Pferd ist benommen, apathisch; es schwankt und schwitzt auffallend viel. Erkrankt das Pferd chronisch, magert es ab. Der Bauch ist aufgezogen, die Hinterbeine untergestellt.

Bei akutem Krankheitsverlauf verenden die Pferde innerhalb weniger Tage, bei der subakuten Variante sterben die meisten Patienten innerhalb einer Woche. Besser stehen die Chancen beim chronischen Verlauf (Patient überlebt länger als acht Tage): Die Symptome sind milder, Kolik tritt seltener auf. Etwa die Hälfte der chronisch kranken Pferde überlebt. In Großbritannien sterben jährlich mehrere hundert Pferde, die meisten davon im Nordosten Schottlands. Aber auch in Ländern wie Schweden, Dänemark und Deutschland tritt sie jedes Jahr regelmäßig auf.
Wie stellt der Tierarzt die Diagnose?
Eine definitive Diagnose ist erst mittels einer Dünndarmbiopsie oder nach dem Tod des Pferds möglich. Dazu nimmt ein Pathologe Gewebeproben aus Nervenknoten und Darm und untersucht sie mikroskopisch, wobei er für die Grass Sickness typische Gewebeschäden findet. In Schottland nutzen Tierärzte einen einfachen Test als Anhaltspunkt für die Diagnose am lebenden Tier: Der Patienten bekommt Phenylephrin-Augentropfen in 0,5-prozentiger Verdünnung in ein Auge. Bei Grass-Sickness-Patienten heben sich innerhalb von 30 Minuten die Wimpern des Oberlids im Gegensatz zum unbehandelten Auge.