Wissenswertes zur Phlegmone
Die Phlegmone, auch Einschuss genannt, ist per Definition eine bakteriell bedingte, eitrige Entzündung des Unterhaut-Bindegewebes.
Was verursacht einen Einschuss?
Phlegmonen werden meist von sogenannten ubiquitären Bakterien verursacht. Sie kommen physiologischerweise in der Umgebung, am Boden und auf der gesunden Haut unserer Pferde vor. Durch kleinste Wunden/Verletzungen (Mikroläsionen) der Haut können diese Bakterien in den Körper eindringen, am häufigsten vertreten sind dabei Streptokokken. »Kleine Verletzungen sind bei der Entwicklung von Phlegmonen deutlich problematischer als große, blutende Wunden«, sagt Tierärztin Vanessa André: Sie werden zum einen häufig nicht ernst- oder aufgrund des Fells gar nicht wahrgenommen; zum anderen schließt sich über ihnen rasch wieder die Haut. Unter der Haut, mit Lufteinschluss, vermehren sich Streptokokken besonders gut. Seltener verursachen Staphylokokken einen Einschuss, sie können allerdings im Rahmen von Wundinfektionen Resistenzprobleme bereiten.
Ursachen einer Phlegmone können sein: Stichverletzungen z.B. mit der Mistgabel beim Ausmisten, Verletzungen durch Scherben, scharfe Kanten z.B. in der Box und an Weidezäunen. Selbst Dornen, die die Haut haarfein anritzen, können Bakterien den Weg bahnen. Gefährlich sind auch Streichverletzungen, die sich ein Pferd selbst zufügt.
Eine häufig unterschätze Gefahr sind ebenfalls Mauke und andere Hauterkrankungen, die zu den Hauptursachen für einen Einschuss beim Pferd zählen. Am häufigsten entstehen Phlegmonen beim Pferd an den unteren Gliedmaßen. Sie können aber auch im Bereich der Augen (sog. Lidphlegmone) auftreten oder sich zwischen Muskeln und Faszien ausdehnen. Desweiteren können Phlegmonen an Maulschleimhaut oder Zunge durch Einspießung von Fremdkörpern (Dornen, Draht) beim Fressen oder in seltenen Fällen auch durch Verletzungen bei der Zahnbehandlung entstehen.
Symptome bei Phlegmonen
»Ein Einschuss beginnt oft unspektakulär«, so die Erfahrung von Vanessa André. Zunächst kann man feststellen, dass die Kontur der Gliedmaße nicht mehr klar zu erkennen ist. Das Bein wird »schwammig« und wirkt angelaufen. Man erkennt es meist im Bereich des Fesselgelenks. Bei weiter fortschreitendem Entzündungsprozess wird das Bein dicker und die Schwellung breitet sich bis zum oder bereits über das Vorderfußwurzelgelenk bzw. Sprunggelenk aus. Drückt man auf die Schwellung, fühlt sich das Bein teigig an und die Fingerabdrücke bleiben im Gewebe bestehen. »Das ist darauf zurückzuführen, dass sich die Bakterien unter der Haut exponentiell vermehren, Gewebe zerstören und dadurch die Entzündungskaskade aktiviert wird«, erklärt die Tierärztin.
Hierbei werden nämlich Flüssigkeit und damit auch unter anderem weiße Blutkörperchen (die sog. Granulozyten) in das betroffene Gebiet geschwemmt, um die Bakterien zu bekämpfen. Ist die Infektion bereits im Gange, ist das Drücken auf die phlegmonöse Schwellung unter Umständen sehr schmerzhaft. Wird die Phlegmone falsch oder nicht behandelt, können sich im schlimmsten Fall Abszesse oder großflächige Nekrosen bilden, wobei es zum Absterben von Haut und Unterhautbindegewebe kommt. Die Schwellung ist in der Regel immer vermehrt warm oder sogar richtig heiß. Die Pferde sind zum Teil stark lahm (ähnlich eines Beinbruchs) und zeigen dann häufig Fressunlust. Hohes Fieber bis über 40 Grad kann auftreten, meist sind dann auch Puls und Atemfrequenz leicht erhöht (Herzfrequenz 48 bis 52/min, Atemfrequenz ca. 20/min).
Mitunter treten auch Phlegmone am Kopf auf. Sie äußern sich durch Schwellungen, insbesondere an Lippen und Ganaschen. Das Pferd kann bei zunehmender Schwellung Atemnot bekommen, Kopf und Hals vorstrecken oder Schluck- und Kaubeschwerden haben. »Auch zentralnervöse Störungen könnten in seltenen Fällen auftreten, sollten Bakterien die Rückenmarksflüssigkeit erreichen«, sagt Vanessa André. Die Pferde können Kopftiefhaltung mit Depression (Apathie) zeigen, sie reagieren kaum auf äußere Reize, in anderen Fällen können sie auch sog. Exzitationen haben (unkontrollierte Überreaktivität).
Gefährdet sind vor allem Pferde, bei denen die natürliche Schutzfunktion der Haut gestört ist. Mauke-Patienten sind besonders anfällig. Auch Füchse mit hoch weißen Beinen scheinen anfälliger für Hautprobleme und somit für Phlegmonen zu sein. Dünnhäutige Vollblüter reagieren schneller mit Phlegmonen auf kleinste Verletzungen als etwa Isländer, die eine widerstandsfähigere Haut zu haben scheinen. Pferde mit Stellungsfehlern zählen ebenfalls zur Risikogruppe, denn sie streichen sich häufiger mit den Hufen.
Prinzipiell gilt: Es scheint Pferde zu geben, die immer einen Einschuss bekommen bei kleinsten Wunden – und andere nicht. »Die körpereigene, lokale individuelle Immunität wird dabei eine große Rolle spielen«, vermutet Tierärztin Vanessa André.