- Wissenswertes zur Anatomie des Pferdeauges
- Was verursacht Bindehautentzündung beim Pferd?
- Wie macht sich die Krankheit bemerkbar?
- Wie stellt der Tierarzt die Diagnose?
- So behandeln Tierärzte Bindehautentzündung beim Pferd
- Wie lässt sich vorbeugen?
- Folge-Erkrankungen einer Bindehautentzündung
- Der Experte
Als die Besitzerin ihren 17-jährigen Wallach vom Auslauf holen wollte, schaute der sie nur aus einem Auge an. Das andere kniff er zusammen. Der Bereich rund ums Auge war geschwollen, dazu kam klarer Ausfluss am inneren Augenwinkel. Die Bindehaut war ebenfalls gerötet: Der Wallach hatte sich eine akute Bindehautentzündung eingefangen.
Wissenswertes zur Anatomie des Pferdeauges
Die Bindehaut (Konjunktiva) verbindet die innere Seite des Augenlids mit dem Augapfel (siehe Grafik). Sie überzieht auch einen Teil des Augapfels. Ist sie entzündet (Konjunktivitis), kann auch das Augenlid anschwellen.

Was verursacht Bindehautentzündung beim Pferd?
Die meisten Bindehautentzündungen haben äußere Ursachen. Staub, Strohhalme und andere Fremdkörper reizen die Bindehaut und können eine eitrige Konjunktivitis auslösen, ebenso wie Verletzungen. Auch Verbrennungen und Kälte können die Ursache sein. Trockene Luft und viel Sonne machen die empfindliche Schleimhaut anfälliger für Erreger und somit für Entzündungen.
Fliegen, die um die Pferdeaugen schwirren, übertragen Streptokokken und Staphylokokken, die eine Konjunktivitis hervorrufen können. Auslöser können auch Erreger wie Moraxellen, Chlamydien, Pseudomonas aeruginosa, Proteus vulgaris und Actinobacillus equuli sein. Gattungen des Gießkannen-Schimmelpilzes (Aspergillus), der in verdorbenem Futter steckt, hinterlassen am Lidrand knötchenförmige Entzündungen.
Auch bestimmte Wurmarten können übers Blut in Auge sowie Bindehaut wandern. "Dieser Fall ist mir in meiner 30-jährigen Laufbahn als Pferdefachtierarzt aber nicht einmal begegnet", sagt Dr. Arnold Hülsey, Leiter der Pferdeklinik Kerken/NRW.

Pollenflug führt bei vielen Pferden zu Allergien und Bindehautentzündung. Die Bindehäute können auch auf Chemikalien wie Holzschutzmittel oder für die Augenregion ungeeignete Fliegensprays sowie auf Staub und Schimmel allergisch reagieren. Gefährlich für die Konjunktiva: Ammoniak und Desinfektionsmittel.
"Die Entzündung kann ebenfalls von innen kommen", sagt Dr. Arnold Hülsey. Das gilt besonders für junge Fohlen, die über ein schwaches Immunsystem verfügen. Wenn massenhaft Erreger im Blut zirkulieren, setzen sich diese oft an der Bindehaut fest. Das Fohlen steuert dann auf eine lebensgefährliche Blutvergiftung (Sepsis) zu – daher sofort den Tierarzt rufen, wenn junge Fohlen Symptome einer Bindehautentzündung zeigen!
Die sogenannte katarrhalische Konjunktivitis wird von Erregern im Körper verursacht. Sie ist Begleitsymptom einer Viruserkrankung (wie Influenza, Herpes) oder einer bakteriellen Infektion (Druse, Periodische Augenentzündung).
"Vorsicht ist geboten, wenn es immer wieder zu Bindehautentzündungen kommt, obwohl man erfolgreich behandelt hat", warnt Dr. Hülsey: "Oft steckt eine Periodische Augenentzündung dahinter." Diese wiederkehrende Erkrankung der mittleren Augenhaut und der benachbarten Strukturen wird durch Bakterien (Leptospiren) ausgelöst. Schlimmstenfalls erblindet das Pferd.
Bei einem verstopften Tränen-Nasen-Kanal droht eine sogenannte sekundäre Bindehautentzündung. Dazu kann es auch kommen, wenn die Infektion von anderen Teilen des Auges wie zum Beispiel der Hornhaut, aber auch von den Kopfhöhlen oder den Oberkieferbackenzähnen auf die Bindehaut übergreift.
Konjunktiva und Hornhaut (Kornea) erkranken oft gleichzeitig. Ist die durchsichtige Hornhaut des Auges entzündet (Keratitis), kann sich daraus eine Keratokonjunktivitis entwickeln, wenn die Erkrankung auf die Bindehaut übergreift.
Wie macht sich die Krankheit bemerkbar?
Typisches Anzeichen ist eine rot gefärbte, glasige Bindehaut. Normalerweise ist diese blassrosa, glatt und glänzend. Bei einer Entzündung kann sie hervorquellen. Das betroffene Auge und seine Umgebung sind warm und schmerzempfindlich. Oft ist das Auge auch lichtempfindlich; erkrankte Pferde kneifen es dann zusammen.

Die Augen tränen zudem stark. Die Flüssigkeit ist wässrig-klar bis schleimig, gelbe Flöckchen signalisieren Eiter. Im Extremfall sind die Lidränder mit Eiter verklebt. Gelegentlich können Fieber (über 38,2° Celsius bei erwachsenen Tieren) und Appetitlosigkeit auftreten.
Wie stellt der Tierarzt die Diagnose?
Deuten die äußeren Anzeichen auf eine Bindehautentzündung hin, folgt ein Test: Der Tierarzt färbt das Auge mit dem grünen Farbstoff Fluoreszein ein. Dieser haftet überall dort, wo die Oberfläche der Hornhaut verletzt ist. Fluoreszein zeigt auch verstopfte Tränen-Nasen-Kanäle an. Kommt der grüne Farbstoff nicht aus den Nüstern heraus, ist der Kanal verstopft.
Ob eine Keratokonjunktivitis vom Equinen Herpesvirus verursacht worden ist, kann der Tierarzt nur mit Tupferproben erkennen. Die Probe wird mittels PCR-Test (polymerase chain reaction) auf Viren-Erbgut untersucht.
So behandeln Tierärzte Bindehautentzündung beim Pferd
Soweit bekannt, müssen die Ursachen der Entzündung beseitigt werden. Hat das Pferd Ruhe vor Fliegen, Sonne und anderen Reizen, heilt die Konjunktivitis manchmal von selbst. Ein Tierarzt sollte sich das Pferd in jedem Fall ansehen. Wird das Auge plötzlich dick und tränt, sollte man das Tier in eine staubarme, dunkle Box bringen und den Tierarzt rufen. Versuchen Sie nicht, Fremdkörper selbst zu beseitigen!
Bakterielle Entzündungen dämmt der Veterinär mit Antibiotikasalben ein. Bei manchen chronischen Leiden schlägt diese Behandlung selbst nach ein- oder zweimaligem Wechsel des Wirkstoffs nicht an. Dann muss eine Sekretprobe ins Speziallabor. Hier werden die Bakterien identifiziert und geprüft, welche Antibiotika dagegen wirken (Antibiogramm).
Augensalben müssen zu Beginn der Therapie mindestens fünfmal täglich verabreicht werden. Kranke Augen produzieren mehr Tränenflüssigkeit und spülen die Salbe schnell heraus. Nach zwei bis drei Tagen intensiver Behandlung bessern sich die Symptome meist, nach einer Woche ist die Sache überstanden. Allerdings hängt die Behandlungsdauer sehr stark von der Ursache der Konjunktivitis ab.
Chronische Bindehautentzündungen heilen oft erst nach Wochen. Bei besonders aggressiven Erregern kann man Antibiotika spritzen, bei starker Schwellung entzündungshemmende Medikamente geben.

Von einer Selbstbehandlung, vor allem mit antibiotika- oder kortisonhaltigen Salben, raten Tierärzte dringend ab. Kortison hemmt die Zellteilung und behindert die Heilung. Daraus kann sich ein chronisches Hornhautgeschwür entwickeln, das im schlimmsten Fall zum Verlust des Auges führt. Tabu sind auch alte oder angebrochene Augensalben.
Tipp vom Tierarzt: "Leichte Bindehautreizungen können Sie mit abgekühlten Teebeuteln beruhigen." Die Gerbstoffe in Schwarz- oder Grüntee wirken desinfizierend.
Wie lässt sich vorbeugen?
Im Sommer halten Fliegenschutzmasken lästige Insekten, die Keime übertragen können, vom Auge fern. Fliegensprays und -lotionen erfüllen denselben Zweck, dürfen aber nur dann nah ans Pferdeauge, wenn sie speziell dafür zugelassen sind.
Ein sauberer Stall schont die Bindehäute. In einem gut gemisteten, luftigen Stall gibt es weniger Fliegen und Reizgase. Füttern Sie zudem nur staubarmes Heu und bewässern Sie Reithallen und -plätze. So sorgen Sie dafür, dass die Bindehäute nicht unnötig mit kleinen Staubpartikeln in Berührung kommen.
Folge-Erkrankungen einer Bindehautentzündung
Ist die Bindehaut lange entzündet, häufen sich Entzündungs- und Abwehrzellen in der Tränenflüssigkeit. Sie fließt nicht mehr ab, es kommt zu einer Blockade des Tränen-Nasen-Kanals. In seltenen Fällen können Follikel auf der Bindehaut wuchern. Das sind punktförmige Ansammlungen von Lymphzellen, die die Abwehrzellen zusammentrommeln, wenn Krankheitserreger ins Auge dringen.
Die stecknadelkopfgroßen, harten Follikel reizen das Auge immer wieder und erschweren die Heilung (follikuläre Konjunktivitis). Eine nicht vollständig ausgeheilte Bindehautentzündung kann zudem auf Hornhaut, Iris und sogar die Knochen der Augenhöhle übergreifen.
Der Experte

Dr. Arnold Hülsey leitet die Pferdeklinik Kerken bei Mönchengladbach Er ist seit 2010 zudem als Vertragstierarzt für den Hannoveraner Verband tätig. www.pferdeklinik-kerken.de