Fröhliche Reiter und Pferde sind die Idealvorstellung für eine gute und harmonische Teamarbeit. Allerdings ist das nicht immer der Fall. Häufig ist die Reiter-Pferd-Beziehung auch von Frust geprägt. Und wenn es dem Besitzer erst einmal die Laune verdorben hat, entstehen auch beim Pferd Stress und Trübsal.
In unserem Special zum Thema Freude und Frust, zeigen wir Ihnen, wie Reiter und Pferd glücklich werden, sich gegenseitig mit positiver Stimmung beeinflussen können, und Sie selbst in 4 Wochen zu mehr Freude mit Ihrem Vierbeiner finden können.
Pferde sind perfekte Freudenspender: Wir können sie lieb haben, hegen und pflegen. Wir bewegen uns gemeinsam in der Natur, können Trainingserfolge feiern oder Freundschaften mit Gleichgesinnten schließen, um nur ein paar schöne Punkte zu nennen. Doch warum empfinden Reiter die Freude an ihrem Hobby trotzalledem so unterschiedlich? Was macht dieses Gefühl wirklich aus und welche Rolle spielen fröhliche und glückliche Reiter fürs Pferd? Wir haben bei Experten nachgefragt – und überraschende Antworten erhalten.
Die gute Nachricht: Freude steckt in jedem Menschen, denn sie ist genetisch in uns festgelegt. „Freude zählt zu den sieben sogenannten Grundemotionen“, erklärt Biologin und Mentalcoach Dr. Birgit Harenberg (www.ridersmind.de). „Sie ist ein intensives, positives Gefühl, das aufkommt, wenn unsere Bedürfnisse gestillt sind.“
Freut sich der Mensch, schüttet das limbische System im Hirn Serotonin, Dopamin und Oxytocin aus – Glückshormone, die unserer Seele schmeicheln. „Freude funktioniert dadurch wie ein Belohnungssystem: Wir fühlen uns anerkannt, wertgeschätzt und können völlig in unserem Hobby aufgehen“, erklärt Birgit Harenberg und folgert: „Positive Gefühle stärken wiederum die Beziehung zum Pferd.“
Wie sich Freude auf Pferde auswirkt

Tatsächlich: Pferde spüren unsere Euphorie genau. Ein einzigartiges CAVALLO-Experiment im Jahr 2012, bei dem wir muskuläre, geistige und emotionale Reaktionen von Pferd und Reiter in verschiedenen Trainingssituationen maßen, bestätigte: Freut sich der Reiter, überträgt sich das Gefühl direkt aufs Pferd – etwa, wenn wir besonders Spaß an einer Übung haben.
Interaktion nennen Wissenschaftler das Wechselspiel zwischen zwei Lebewesen, bei dem sich unsere Emotionen gegenseitig beeinflussen. Indem Pferde ihr Gegenüber genau betrachten, blitzschnell das Verhalten, die Körpersprache und eben auch die Stimmung des Reiters analysieren, stellen sie fest, wo der Mensch in der Rangfolge steht. „Aus einer positiven Stimmung heraus gehen wir viel offener, freundlicher und geduldiger auf das Tier zu“, sagt Soziologin und Trainerin Cornelia Weidenauer (www.wahre-haltung.de). „Davon fühlen sich Pferde instinktiv angezogen, weil eine positive Grundhaltung ihnen Sicherheit vermittelt.“
Um zu beurteilen, wie es um unsere Stimmung steht, brauchen Pferde demnach keine großen Gesten. Dabei hat die menschliche Freude viele spannende Facetten, ist mal mehr, mal weniger auffällig.
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Laut oder leise: Die Vielfalt von Freude
Wie intensiv sich Freude bei uns äußert, ist Typsache. Sie kann überschwänglich, hin- und mitreißend sein – äußert sich durch schallendes Lachen, breites Grinsen, kräftiges Prusten oder lautes Singen. „Freude kann aber auch ein leises, zartes Gefühl sein“, sagt Ausbilderin Tania Konnerth (www.wege-zum-pferd.de). Sie hat ein Selbstcoaching-Programm für Reiter entwickelt, mit dem diese das positive Gefühl in ihrem Alltag etablieren können.
Spielt die Freude eher leise Töne, spüren wir sie in unserem Körper als Entspannung. „Wir können sie im Stillen genießen“, sagt Konnerth. „Und sie kann sich auch durch Tränen der Rührung äußern.“
Heißt: Ein Reiter muss nicht dauergrinsend durch den Stall laufen, um Freude an seinem Hobby zu haben oder zu zeigen. Wie intensiv wir Menschen uns freuen, ist vor allem Einstellungssache.
Was Freude stärkt oder schwächt
„Um Freude empfinden zu können, müssen wir ein Ereignis oder eine Situation positiv bewerten“, sagt Verhaltenstherapeutin Ann-Kathrin Maraun (). „Und das geht nur, wenn wir es als schön oder angenehm wahrnehmen.“
Das ist freilich sehr individuell. So freut sich Reiter A bereits wie Bolle, wenn ihm das Pferd entgegenbrummelt und genießt jede noch so kleine Bummelrunde im Gelände. Reiter B platzt fast vor Stolz nach einer gelungenen Trainingseinheit. Reiter C indes kann sich nur dann über ein Erlebnis mit dem Pferd freuen, wenn er dafür von anderen Menschen Lob und Anerkennung bekommt.
Letzteres ist besonders bedenklich, findet Tania Konnerth. „Wer Freude nur im Äußeren sucht – sei es durch Bewunderung, Turnierpokale oder schicke Outfits etwa –, der neigt dazu, gute Gefühle erzwingen zu wollen.“ Auf diese Weise können Reiter vielleicht erfolgreich sein, andere beeindrucken und viel erreichen. „Nährende, tiefe Freude aber entsteht durch was anderes.“
Und das zeigt sich in der Pferdewelt besonders. „Hier stellen viele Menschen an ihr Pferd die Forderung, es solle sie glücklich machen“, beobachtet die Ausbilderin. „Denn dafür hat man es ja angeschafft und gibt Unmengen Geld aus.“
Gefangen in der Frustspirale
Doch dann läuft nichts mehr wie geplant: Das Pferd mag sich nicht einfangen lassen oder zieht uns am Strick durch die Pampa. Es hustet oder humpelt, schnappt oder schlägt. Auch im Training klappt nichts wie erhofft. „Kommt dann etwa auch noch eine Mitreiterin um die Ecke, die seltsame Bemerkungen übers Pferd macht, ist die gute Laune futsch – von Freude keine Spur“, sagt Konnerth. „Dabei wollten wir einfach nur ein oder zwei schöne Stunden mit unserem Pferd verbringen.“
Die ständigen Sorgen speziell ums Pferd machen Reiter immer hilfloser. Mit starken Auswirkungen für die Psyche von Reiter und Pferd. „Wer sein Hobby nur noch mit Stress verbindet, vergisst leicht, wofür es eigentlich da sein sollte“, meint Ausbilderin Cornelia Weidenauer. „Um den eigenen Akku aufzuladen, Spaß zu haben und Energie zu tanken.“ Stress aber entzieht jedem Lebewesen wichtige Energie, macht lust- sowie energielos, laugt uns aus und sorgt für miese Stimmung.
Hinzu kommt: „Stresshormone belegen die gleichen Rezeptoren, die wir auch fürs Lernen benötigen“, erklärt Ann-Kathrin Maraun. Bedeutet: Freudlose Reiter können nichts Neues lernen oder mit ihrem Pferd erarbeiten. „Positive Lerneffekte aber machen ja mit die schönsten Seiten dieses Hobbys aus“, sagt Cornelia Weidenauer. „Gibt es keine, ist Frust programmiert.“
Reiter und Pferd leiden synchron
Und tatsächlich geht auch immer mehr schief, je unsicherer freudlose Reiter aufs Pferd zu- und mit ihm umgehen – beim Reiten genauso wie am Boden oder im Stall. „Niemand kann Ziele erreichen, wenn die Freude am Erarbeiten fehlt“, bestätigt Ann-Katrin Maraun. „Betroffene Reiter sitzen beispielsweise meist verspannt im Sattel, vergessen Pausen und Erholungsphasen fürs Pferd – bis das Tier den Dienst quittiert.“
Denn: Finden Pferde keine Lösung, um sich dem Dauerdruck zu entziehen, leiden sie mindestens genauso unter Angst und Stress wie der unglückliche Reiter. Und jetzt?





Wie Reiter Freudekiller erkennen
Das Problem: Die meisten Menschen merken gar nicht, wenn sie in die Frustspirale rutschen. „Ein damit verbundender möglicher Burn Out ist stets ein schleichender Prozess“, sagt Dr. Birgit Harenberg. Sie hat für CAVALLO einen Test entwickelt, mit dem Reiter checken können, wie positiv sie ihr Hobby empfinden und welche Schlüsse sie daraus ziehen sollten. „Auch ist es denkbar, dass der eigentliche Frust gar nichts mit dem Pferd zu tun hat, sondern aus dem familiären oder beruflichen Umfeld mit in den Stall genommen wird.“ Bei solchen Alarmsignalen sollten Reiter achtsam werden:
Sie kennen tausend und eine Ausrede, um heute nicht zum Pferd fahren zu müssen? „Es ist normal, dass wir auch aufs schönste Hobby ab und an keine Lust haben“, sagt Dr. Birgit Harenberg und rät: „Dann bleiben Sie eben daheim.“
Machen Sie, was Sie wollen! Ist Ihr Pferd gut versorgt, etwa dank einer Reitbeteiligung oder viel Bewegung an der Frischluft, spricht hin und wieder ganz und gar nichts gegen pferdelose Tage. Wer jedoch beinahe täglich nach Ausreden sucht, wer lustlos trainiert, ständig etwas am und ums Pferd zu nörgeln hat; wer im Grunde gar nicht mehr so richtig weiß, warum er in den Stall fährt, der sollte handeln!
Frust als Chance wahrnehmen
Ausbilderin Cornelia Weidenauer sieht Frusterlebnisse als gute Chance, um Stolpersteine zu erkennen, aus dem Weg zu räumen und wieder Freude mit dem Pferd empfinden zu können. „Es kommt äußerst selten vor, dass ich Reitern zur Aufgabe ihres Hobbys oder sogar dazu rate, sich vom eigenen Pferd zu lösen.“
Positive Lerneffekte, schöne gemeinsame Erlebnisse oder auch eine gute Beziehung durch faire Erziehung etwa, das alles können sich Reiter erarbeiten. Und damit auch die Freude am Hobby. Der Schlüssel ist ein guter Plan, der zeigt, wo Sie jeweils gerade mit Ihrem Pferd stehen, und was Sie gerne erreichen möchten.
Unser Tipp: Testen Sie auf den nächsten Seiten, wie es um Ihre Gefühle steht und was Ihre Freude am Pferd eventuell blockieren könnte. Stöbern Sie in Tania Konnerths erstem Selbst-Coaching-Programm für Reiter. Und freuen Sie sich auf viele spannende Anregungen sowie einfache Übungen für gute Laune. Viel Spaß!
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