Schon das Fahren mit einem kleinen Anhänger ist für viele Autofahrer eine echte Herausforderung - und sie wird umso größer, wenn Sie keinen Minihänger mit den Brettern vom Baumarkt ziehen sondern ein ausgewachsenes Fahrzeug mit einem lebendigen, nervösen Tier von 750 Kilogramm Masse.
Die erste gute Nachricht: Wenn Sie davor viel Respekt haben - gut so! Die zweite gute Nachricht: Sie bekommen das hin. Ein bisschen Grundwissen und vor Allem viel Feingefühl und Vorsicht sind die besten Voraussetzungen.
Im Folgenden geben wir Ihnen Tipps an die Hand, mit der Sie Ihre erste (oder zweite oder zehnte) Hängerfahrt problemlos meistern!
1. Stellen Sie sich vor, Ihr Beifahrer wäre ein Bücherstapel
Mit diesem inneren Bild fahren Sie so, dass Ihr Pferd aufatmen kann. In Kurven darf der gedankliche Bücherstapel nicht umkippen und abruptes Bremsen ist tabu, sonst gibt’s Büchersalat. (Verraten hat uns den Trick Ausbilderin Corinna Lehmann.)
2. Warum heimlich ein Shetty im Hänger mitfährt ...
... oder zumindest vielleicht das Gewicht eines Shetlandponys. In einem CAVALLO-Experiment (CAVALLO 04/2004) waren Anhänger teils rund 200 Kilo schwerer als vom Hersteller angegeben. Weil bei gebrauchten Hängern Anbauten des Vorbesitzers nicht einberechnet sind, kann das Gewicht hier besonders stark abweichen. Tipp von Verlade-Profi Liane Klahn: Hänger beim Schrotthändler auf die Waage stellen.
3. Umzugskisten im Pferdeanhänger: Ist das erlaubt?
Ja, aber nur mit schwarzem Kennzeichen und entsprechender Zulassung. Hat der Anhänger ein grünes Kennzeichen, darf er als „Spezialanhänger“ ausschließlich zum Transport von Pferden verwendet werden. Vorteil am grünen Schild: Sie sind von der Kraftfahrzeug-Steuer befreit.
4. Haste mal’n Euro? Damit können Sie die Profiltiefe messen.
Stecken Sie eine Ein-Euro-Münze in die Profil-Rille und der goldene Rand verschwindet komplett, haben Sie noch genug Profil. Der Euro-Rand ist drei Millimeter breit, diese Profiltiefe empfiehlt der ADAC für Sommerreifen mindestens. Vorgeschrieben sind nur 1,6 Millimeter. Winterreifen sollten vier Millimeter Profil haben, der Check klappt mit einer Zwei-Euro-Münze. Genauer geht es mit Profiltiefenmessern aus dem Handel.
5. Hängerfahren ist fürs Pferd kein Spaziergang!
Die Herzfrequenz steigt beim Transport: Vor allem die ersten 30 Minuten sind stressig fürs Pferd. In einer Studie an der Uni Wien im Jahr 2009 stieg die Herzfrequenz in diesem Zeitraum bei allen Testpferden deutlich an (ca. 80 Schläge/MinuteA). Im weiteren Verlauf des Transports nahm sie wieder ab. Bei langen Transporten von acht Stunden nahm die Frequenz in den letzten dreißig Transportminuten jedoch wieder zu. Grund könnte Stress durch Ermüdung sein.
Laut wie eine Motoräge: Ein Geräuschpegel von über 100 Dezibel herrscht in Pferdanhängern. Das war das Ergebnis eines CAVALLO-Tests mit sieben Modellen (CAVALLO 06/2009). Dieser Geräuschpegel entspricht in etwa der Lautstärke einer Motorsäge oder dem in einer Diskothek.
Holprige Sache: Wenn Sie mit dem Fahrrad auf ein Schlagloch zufahren, bereiten Sie sich darauf mit Ihrem Körper vor. Ein Pferd im Hänger weiß dagegen nie, wann der nächste Rumpler kommt. Noch schwieriger abzufangen sind Seitwärtsbewegungen: Wankt der Hänger, stößt das Pferd gegen Seiten- und Trennwände.
6. In kritischen Situationen richtig reagieren
Der Hänger schlingert: Sie fahren an einem Lastwagen vorbei und Ihr Anhänger gerät durch den Luftzug ins Schlingern? „Sofort kurz und stark abbremsen“, rät ADAC-Fahrsicherheitstrainer Gerd Schulz. „Das ABS darf dabei ruhig reagieren.“ Bei geringerer Geschwindigkeit stabilisiert sich der Hänger.
Hindernissen richtig ausweichen: Weichen Sie mit dem Hänger niemals aus, ohne vorher abzubremsen. „Bremsen Sie auf etwa 30 Kilometer pro Stunde ab, bevor Sie kontolliert um das Hindernis lenken“, so Schulz. Je nach Situation müssen Sie noch stärker verlangsamen.
Gefahrenbremsung: Bevor Sie einen Aufprall riskieren, auch mit Hänger immer notbremsen! „Der Anhänger verhält sich bei einer Gefahrenbremsung ziemlich neutral“, sagt Gerd Schulz. „Ihr Fahrzeug bleibt durch das ABS stabil, durch die Auflaufbremse wird der Anhänger mitgebremst.“
Enge Kurven nehmen: „Bremsen Sie noch auf der Geraden deutlich ab, und beschleunigen lieber beim Herausfahren leicht“, sagt Schulz. Sind Sie in der Kurve zu schnell, wird es gefährlich: Als Notmanöver müssen Sie kurz stark bremsen. Der PKW bleibt stabil, aber der Hänger kann kippen.
7. Schluss mit dem Chaos beim Rückwärtsfahren!
Links, rechts, geradeaus? Kurze Regel: Soll der Hänger nach rechts, müssen Sie nach links lenken. Das Hinterteil Ihres Autos bewegt sich dabei nach links und schiebt den Hänger so nach rechts. „Sobald sich der Hänger in die richtige Richtung positioniert hat, fahren Sie ihm hinterher“, erklärt ADAC-Fahrtrainer Gerd Schulz. Heißt: Sie lenken in die andere Richtung, bis Sie gerade vor den Hänger kommen. Sie müssen länger rangieren? Völlig normal!
8. Angenehm bremsen
Erhöhen Sie den Druck von Anfang an gleichmäßig, statt zu zaghaft zu beginnen. Das verhindert starkes Nachbremsen. Doppelte Geschwindigkeit = 4-fache Fliehkraft. Je schneller Sie also in die Kurve fahren, umso heftiger zieht die Fliehkraft Ihren Anhänger nach außen. Und: Je schärfer die Kurve, desto größer die Kräfte. Vorsicht besonders bei Nässe und Glätte!