Die Bilder von der deutschen Fünfkämpferin Annika Schleu, die, ermutigt von ihrer Trainerin, während der Olympischen Spiele in Tokio auf das Pferd Saint Boy einschlug, weil es sich weigerte, in den Parcours zu gehen, gingen um die Welt – und haben großes Entsetzen ausgelöst.
Der Disziplinarausschuss der Weltverbands der Modernen Fünfkämpfer (UIPM) hat die Untersuchung des Falls nun abgeschlossen und spricht Reiterin Annika Schleu frei. Der Einsatz von Gerte und Sporen sei nicht exzessiv gewesen, eine Gefährdung des Tierwohls habe nicht vorgelegen. Es werde in Bezug auf Schleu folglich nichts unternommen. Trainerin Kim Raisner dagegen habe dem Verband zufolge gegen die Wettkampfregeln verstoßen, "indem sie ein Pferd schlug und ihre Athletin ermutigte, dasselbe zu tun". Der Verband hatte die Trainerin bereits von den Olympischen Spielen ausgeschlossen. Nun sprach er eine offizielle Verwarnung aus, sollte sich ihr Verhalten wiederholen, droht Raisner der Ausschluss von allen UIPM-Wettbewerben. Außerdem muss Raisner ein Trainerseminar belegen, das den artgerechten Umgang mit Pferden beeinhaltet, bevor sie wieder bei Wettbewerben als Trainerin auftreten darf.
Der Deutsche Tierschutzbund hat gegen die Reiterin und ihre Trainerin Kim Raisner Strafanzeige wegen Tierquälerei gestellt. Die Organisation wirft Schleu aufgrund der Ereignisse beim Reitwettbewerb Tierquälerei vor und Raisner Beihilfe zur Tierquälerei. In einem leistungsorientierten Wettkampf zwischen Menschen hätten Tiere nichts zu suchen, sagte Tierschutzbund-Präsident Thomas Schröder. Schleu habe in anschließenden Interviews Einsicht vermissen lassen, kritisierte der Tierschutzbund.
Auch die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. veröffentlichte auf Ihrer Homepage eine Stellungnahme zu dem Fall, in der sie darlegt, dass sie sowohl eine Ordnungswiederigkeit als auch einen Straftatbestand aufgrund der Bestimmungen im Tierschutzgesetz als gegeben ansieht. Dem Pferd sei eine Leistung abverlangt worden, der es offensichtlich aufgrund seines (psychischen) Zustands nicht gewachsen war, außerdem habe ihm die Reiterin erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt, angestiftet durch die Trainerin.
Wettbewerbsmodifikationen geplant, Reiten soll bleiben
Eine vom Fünfkampf-Weltverband einberufene Arbeitsgruppe soll nun Vorschläge erarbeiten, wie solche Vorfälle künftig vermieden werden können. Die UIPM werde eine Reihe von Modifikationen entwerfen, die auf das ab 2022 gültige Format mit weniger Sprüngen sowie niedrigeren und weniger anspruchsvollen Hindernissen zugeschnitten seien. Außerdem sollen die Trainingsinhalte mit Schulungen und Fallstudien-Materialien zum Tierwohl und besserem Umgang mit bestimmten Situationen ergänzt werden.
Die Vorschläge sollen bei einer Exekutive-Sitzung am 24. und 25. November diskutiert und entsprechende Anträge beim anschließenden UIPM-Kongress verabschiedet werden. Nicht vorgesehen ist jedoch, die Dispziplin Reiten zu streichen. Das Reiten bleibe "integraler Bestandteil des Modernen Fünfkampfs – basierend auf der Vision von Pierre de Coubertin", wird UIPM-Präsident Klaus Schormann in der Mitteilung zitiert.
Mehr Infos auf der Homepage der UIPM