Pferd und Reiter in Harmonie: So geht's!

Zwei im Einklang
So erreichst du mit deinem Pferd pure Harmonie!

Veröffentlicht am 30.01.2025
Nicole Künzel reitet auf einem braunen Pferd mit übergeschlagenen Steigbügeln über das Feld
Foto: Wolff

Suavitos Hufe fliegen über die Erde. Die Reiterin wirkt, als sei sie mit dem Hengst verschmolzen. Zwei Körper so im Einklang, wie gelingt das? "Diese Frage beschäftigt Menschen seit Jahrtausenden. Das sehen wir an den Zentauren in der griechischen Mythologie, den Mischwesen aus Mensch und Pferd", sagt Ausbilderin Nicole Künzel. Beim Reiten bilden Fluchttier und Raubtier eine Einheit; einzigartig in der Natur. Erreichen lässt sich dieser Einklang durch "die gemeinsame Balance, die erzeugt ein Flow-Gefühl”, ist die Ausbilderin überzeugt – und verrät uns auch, wie uns das gelingt: Indem wir neue Bewegungen im Sattel ausprobieren, uns Feedback vom Pferd holen und Vierbeiner spielen. Ausprobieren lohnt sich, versprochen!

Harmonie im Sattel: Alles auf Linie?

"Wenn wir aufrecht stehen, befindet sich unser Gehirn am liebsten direkt über unseren Füßen", erklärt Nicole Künzel. Pocht der Reitlehrer also darauf, dass man beim Reitersitz eine gerade Linie vom Ohr über Schulter und Hüfte bis zum Fußgelenk ziehen sollte, tut er damit unserem Gehirn einen Gefallen – und uns auch: Denn das ermöglicht beste Balance.

Erster Tipp: Lass dich beim Reiten von vorne, hinten und von der Seite filmen und fotografieren. Zeichne Hilfslinien auf den Bildern ein und checke, ob du im Lot sitzt.

Zweiter Tipp: Setze dich auf einen Hocker. Lege die flachen Hände unter die Sitzbeinhöcker und teste, ob dein Gewicht gleichmäßig verteilt ist. "Mach auch mal ein Hohlkreuz und einen Rundrücken. Zeigen die Gesäßhöcker nach unten, ist das Becken korrekt ausgerichtet”, weiß Nicole Künzel.

Mehr Körpergefühl entwickeln

Das fühlt sich aber komisch an: Den Gedanken hat man oft, wenn man sich im Sattel neu ausrichtet. Nicole Künzel kennt das von ihren Reitschülern, wenn sie beispielsweise deren Sitz korrigiert, weil der Oberkörper zu weit hinten ist. Nur: Wie löst man diesen Gegensatz zwischen gefühltem und tatsächlichem Sitz auf? Auch hier sind es Videos und Bilder. "Viele sind verblüfft, wie sehr ihr Körper ihnen ein Schnippchen geschlagen hat. Daraufhin üben sie viel motivierter”, so Nicole Künzel. Was wiederum dem Sitz zugute kommt: Denn unser Gehirn braucht viele Wiederholungen, damit sich neuronale Bahnen bilden und die neue Position im Sattel sitzt. Stell dir das wie einen Weg vor, den du besser kennenlernst, je öfter du ihn gehst.

Nicole Künzel richtet den Oberkörper der Reiterin auf auf dem Pferd aus
Wolff

Das Pferd als Coach für eine harmonische Einheit

Experimentiere mal mit Sitzpositionen. "Um die Mitte im Sattel zu finden, darfst du auch mal bewusst übertreiben", sagt Nicole Künzel. Lehne dich weiter nach vorne und hinten als gewohnt oder reite mal im Entlastungssitz. Dein Pferd gibt dir Feedback: "Die Tiere melden uns gleich zurück, was sie davon halten – wenn wir fein genug hinspüren”, sagt die Ausbilderin. Hast du Balance gefunden, schnaubt das Pferd vielleicht prompt ab. Es bewegt sich fließend, spannt die Oberlinie auf – und du fühlst dich wie angehoben. Verlierst du hingegen dein Gleichgewicht, quittieren Pferde das oft mit Taktfehlern. Anlehnung und Stabilität verschlechtern sich.

Kraft aus der Mitte

Klemmen die Knie, wackelt der Kopf oder zuppeln die Hände – dann fehlt Rumpfspannung. Sorry, wir wissen, das hört niemand gerne: Aber für einen stabilen Sitz müssen wir unsere Core-Muskulatur trainieren; also Bauch, Taille, Becken, Beckenboden und unteren Rücken. "Auch ich als Profi-Ausbilderin mache Ausgleichssport wie Fitness, Schwimmen und Pilates", erzählt Nicole Künzel. Stimmt die Körperspannung, kannst du deine Hände und Beine gezielt für die Hilfen einsetzen und feiner reiten. Wenn das mal keine Motivation ist...!

Rollenwechsel: Fühlen wie ein Pferd

Spiele "Pferd” im Vierfüßlerstand. Bitte dafür eine Person, sich auf deinen Rücken zu setzen. Was ist leichter: wenn die Person wie ein schlaffer Sack sitzt oder aufrecht mit positiver Körperspannung? Du wirst den Unterschied schnell spüren.

Nicole Künzel reitet einhändig eine Piaffe auf dem Stoppelfeld
Wolff

Ruhige Hände, gutes Gleichgewicht

Wenn du unabhängig von den Zügeln reiten kannst, verfeinert das automatisch die Kommunikation mit deinem Pferd. Prüfe schon beim Aufwärmen am hingegebenen Zügel, wie gut dein Pferd zwischen den Hilfen eingerahmt ist. Kannst du es nur über Schenkel und Gewicht lenken? Wo braucht es noch Unterstützung vom Zügel?

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Unsere Expertin:

CAVALLO Vielseitig, Geländetraining, Nicole Künzel
Antje Wolff