Hitze, UV-Strahlung, Schweiß, häufiges Waschen, Insektenstiche: Die Haut unserer Pferde muss im Sommer einiges aushalten und dabei durchhalten, ohne ihre Funktion als Schutzbarriere zu verlieren. Also zu möglichst vielen Pflegemitteln greifen, um das größte Organ des Pferds zu unterstützen – oder besser nicht?
Von Kopf bis Huf gegen Insekten ausgerüstet
Fein umhüllt: Bei Pferden, die ganztägig auf dem Auslauf und/oder der Weide sind, empfiehlt sich auf jeden Fall eine Fliegenmaske. Damit beugen Sie Bindehautentzündungen vor, die Staub, Pollen oder Fliegen als Bakterienlieferant häufig auslösen. Ob Sie zu Varianten mit oder ohne Ohren- bzw. Nüsternschutz greifen, ist eine Frage des individuellen Pferdebedürfnisses. Für Ausritte eignen sich Mix-Modelle am besten, die eine Ohrenhaube mit Fliegenfransen oder einem engmaschigen Netz über den Augen kombinieren. Der Schutz lässt sich einfach am Zaum befestigen. Fliegendecken sorgen dafür, dass unsere Vierbeiner beim Hufschmied, auf Transporten, Spaziergängen oder der Koppel ruhiger sind. Varianten mit Rückeneinlage halten auch Sommerregen ab. Wer häufig ausreitet, nutzt am besten Modelle, die Sattel und Reiterbein aussparen. Unser Praxistipp: Achten Sie darauf, dass der Sattelausschnitt weder zu groß noch zu eng ist, sondern gut zu Ihrem Sattel passt. In Bewegung darf die Decke nirgends spannen. Apropos Bewegung: Gewöhnen Sie Ihr Pferd bei einem Proberitt in der Halle daran, dass sich die Decke in Trab und Galopp bewegt.
Für Pferde, die an Beinen empfindlich auf Insekten reagieren, gibt’s Fliegenschutz-Gamaschen. Sie sind ähnlich wie Transportgamaschen geschnitten, aber atmungsaktiv und aus leichtem Mesh-Gewebe. Trotzdem könnte sich hier Hitze stauen; das tut wiederum dem darunter liegenden Gewebe nicht gut. Unter herkömmlichen Bandagen und Gamaschen wiesen Forscher der Uni Wien nach, dass die Temperatur um 30 Prozent höher ist. Prüfen Sie nach dem ersten Tragen, wie warm sich die Pferdebeine anfühlen. Sind sie spürbar erhitzt, greifen Sie lieber zu Insektenschutzmittel.
Gut besprüht: Schweiß und Körperwärme leiten Bremsen zielsicher zu Pferden. Genau hier setzen Insektenschutzmittel (Repellents) an: Sie überdecken den Eigengeruch unserer Vierbeiner und vernebeln Bremsen sozusagen die olfaktorische Spur. Synthetische Wirkstoffe schaffen das länger als natürliche; zu Letzteren zählen beispielweise Lavendel- oder Teebaumöl. "Produkte mit synthetischen Wirkstoffen wirken unserer Erfahrung nach besser gegen größere Insekten wie Bremsen, während pflanzenbasierte Wirkstoffe kleinere Insekten wie Kriebelmücken gut in Schach halten”, erklärt Nikolai Piefel von Hersteller MM Cosmetic (Zedan).
Zu Produkten mit besonders stark wirkenden Stoffen sollten Sie vor allem dann greifen, wenn Sie ein Pferd mit Sommerekzem haben – oder wenn Ihr Vierbeiner in West-Nil-Virus-Risikogebieten lebt. Vor allem in den östlichen Teilen Deutschlands sowie in Niedersachsen traten seit 2018 immer wieder Fälle von teils tödlichem West-Nil-Fieber auf. Übertragen wird dessen Virus von heimischen (Culex-Mücken) und invasiven Mücken (Asiatische Tigermücke).
Und welches Mittel hilft gegen diese und andere Plagegeister? Da heißt es oft: Ausprobieren. Nicht jedes Mittel deckt alle Geruchsstoffe ab. Die Hersteller passen ihre Rezepturen zudem regelmäßig an; manche jährlich, andere nach Bedarf und Kundenrückmeldung. Die Neuerungen sind zwar oft nur marginal: Weil Insektenschutzmittel unter die Biozidverordnung fallen, müssen größere Änderungen (etwa der aktiven Wirkstoffe) oder neue Formulierungen erst zeit- und kostenintensiv notifiziert werden. Kleinere Anpassungen können dazu führen, dass Sprays bei Ihrem Pferd auf einmal besser wirken – oder schlechter.
Damit das Ausprobieren unterschiedlicher Mittel für Sie nicht kostenintensiv wird: Fragen Sie doch mal einen Miteinsteller, ob Sie dessen Spray ausprobieren können. Wenn’s wirkt, kaufen Sie’s nach – und revanchieren sich mit einer Sprüh-Runde bei Ihrem Stallkollegen. Wenn nicht, testen Sie ein anderes Mittel.
Was Insekten im Stall und auf der Weide fern hält
Mehr Insekten- als Fliegenfallen: Elektrische Fliegenvernichter oder klebrige Fliegenfallen versprechen Schützenhilfe im Kampf gegen Lästlinge: Fliege bzw. Bremse gefangen, Plage gelöst. Doch die Fallen haben ihre Tücken: Sie unterscheiden nicht zwischen stechenden, lästigen Insekten und harmlosen Vertretern wie Faltern oder Nützlingen.
Aus ökologischen Gründen sollte man besser die Finger von solchen Fallen lassen. Schließlich ist das Insektensterben schon groß genug: Um 76 Prozent, im Hochsommer sogar um bis zu 82 Fliegenschutznetzen, die die lästigen Insekten aus dem Gebäude halten – oder Sie installieren einen Ventilator: Denn die meisten Insekten mögen keinen Wind und bleiben dann von selbst weg.
Prozent ist die Zahl der Fluginsekten in den letzten dreißig Jahren zurückgegangen (Quelle: "Krefelder Studie”). Besser, Sie greifen im Stall zuEher Alles- als Bremsenfallen: Besonders kritisch sind auch Bremsenfallen zu sehen. Dabei soll ein schwarzer Ball an einer Stange einen Pferdepopo imitieren. Landen Bremsen darauf, fliegen sie anschließend nach oben weg – und landen in einem feinmaschigen Netz.
Klingt gut, hakt in der Praxis aber massiv: Forschende untersuchten von Mai bis Oktober 2017 sieben Bremsenfallen in Nordrhein-Westfalen. Das Ergebnis: Insgesamt über 53 000 tote Insekten. Die Zahl der Bremsen? Verschwindend gering: Gerade mal vier Prozent der gefangenen Insekten waren Bremsen. Von der Gattung Pferdebremse war nicht mal eine einzige dabei! Stattdessen fanden sich unter den Insektenopfern Fliegen und Mücken, Wildbienen, Käfer und Schmetterlinge – teilweise sogar geschützte Arten.
Nordrhein-Westfalen hat daher die Bremsenfallen seit 2021 im Zeitraum zwischen 1. Juni und Mitte September in Naturschutzgebieten, Fauna-Flora-Habitaten und gesetzlich geschützten Biotopen verboten. Auch das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz in Brandenburg verweist auf seiner Website darauf, dass Bremsenfallen "ohne artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung [...] gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoßen können”.
Für Insektenschutz auf der Weide sorgen Sie besser mit gut sitzenden Masken oder Decken, einem wirksamen Repellent – und dem passenden Weide-Management. Denn Fliegen sind tagsüber unterwegs, ebenso wie Bremsen, Kriebelmücken und Gnitzen, die vor allem an schwülen oder regnerischen Tagen aktiv sind; Kriebelmücken und Gnitzen sind es bis in die Dämmerung hinein. Passen Sie den Weidegang darauf an und lassen Sie Ihr Pferd an solchen Tagen frühmorgens oder nachts auf die Weide, wenn möglichst wenig Plagegeister unterwegs sind.

Schattenplätze auf der Weide sind ein Muss, wenn Pferde Tag und Nacht auf der Koppel sind.
Die zeigen Wirkung
DEET: Abkürzung für Diethylmethylbenzamid. Der chemische Stoff wurde 1946 von der US-Armee entwickelt, seit 1957 ist er für zivile Zwecke zugelassen. DEET gilt als "Goldstandard" im Kampf gegen Flöhe, Mücken, Milben und Zecken. Der Stoff wirkt reizend; er darf nicht in Wunden oder Augen, auf Schleimhäute, Kunststoffe oder Leder gelangen.
Icaridin: auch Saltidin, Picaridin oder Bayrepel genannt. Der seit 1988 erhältliche chemische Stoff wirkt gegen Mücken und Zecken. Im Vergleich zu DEET ist er hautverträglicher.
IR3535: steht für Ethylbutylacetylaminopropionat, wurde vom Konzern Merck entwickelt und ist angelehnt an eine natürliche Aminosäure. IR3535 schützt vor Mücken, Zecken, Bremsen und Fliegen.
Citriodiol: wird aus Zitroneneukalyptus gewonnen, gilt als einer der wirksamsten pflanzlichen Wirkstoffe; manche Studien setzen seine Wirksamkeit mit der von DEET gleich (bei gleicher Konzentration). Für empfindliche Haut geeignet.
Permethrin: wurde in Großbritannien entwickelt und ist seit den 1970er-Jahren erhältlich. Der Stoff wirkt gegen Flöhe, Zecken, Milben und Stechmücken; er weist diese nicht nur ab, sondern kann sie auch töten. Permethrin kann Allergien hervorrufen. Der Stoff wird für Repellents und Imprägnierung (etwa von Fliegendecken) verwendet.