Siebenjährige Pferde eignen sich optimal für Freizeitreiter, die einen verlässlichen, ausgebildeten Kumpel suchen. Soweit die Theorie. In der Praxis machen diese Tiere oft viel mehr Probleme als Jungspunde. Sie sollen die Grundausbildung bereits hinter sich haben und das Einmaleins des Reitens beherrschen. Dann eignen sich Pferde als perfekte Freizeitpartner für Reiter, die keine Turnierambitionen haben, sondern einen verlässlichen Kumpel für Dressur und Gelände suchen. Wann ist dazu das perfekte Alter? Siebenbis Achtjährige haben schon viel drauf, be‚finden sich aber im Flegelalter.
Junge Pferde ab vier Jahren lassen sich dagegen mit einem guten Training noch perfekt formen. Auch von schwächeren Reitern.
Gerade im Warmblutbereich werden Pferde im Alter von sieben bis acht Jahren auf dem Markt angeboten, die im Sport nicht den letzten Biss gezeigt haben. Deswegen sollen sie in den Freizeitbereich verkauft werden. Diese Tiere haben oft negative Erfahrungen mit Reitern gemacht, die bis an die Grenzen ihres Leistungspotenzials herangegangen sind. Dabei sammelt das Pferd schlechte Erfahrungen. Gehen solche Pferde in die Hände eines Freizeitreiters, treten die Probleme erst nach einiger Zeit auf. Zunächst sind die Tiere sehr umgänglich und freuen sich über die intensive und individuelle Ansprache ihres neuen Besitzers.
Allerdings passiert es nach kurzer Zeit häufig, dass auf Leistung trainierte Pferde mit der neu gewonnenen Freiheit nicht so gut zurechtkommen. Solche Pferde sind es gewohnt, sehr reglementiert geritten zu werden und erleben jetzt einen unsicheren, teilweise auch unentschlossenen Reiter. Vermittelt der dem Tier zu wenig Führung, übernimmt das Pferd naturgemäß diesen Part. Damit beginnen die ersten Missverständnisse. Beim Vorbesitzer hat das Pferd konsequente Hilfen für die Übergänge in den verschiedenen Gangarten kennengelernt und jetzt versteht es die ungenauen Hilfen nicht. Es reagiert erst nachlässig, irgendwann ignoriert es sie einfach völlig.
Vorsichtige Reiter sind frustriert, wenn das Pferd auf die bewusst gefühlvollen Hilfen nur schlecht anspricht.
Der Reiter versteht dies als Ungehorsam. Viele Freizeitreiter möchten ihr Pferd mit feinen Hilfen reiten und fühlen sich von ihrem Pferd hintergangen, wenn es diese Hilfen ignoriert. Womöglich folgen noch gut gemeinte Kommentare der Reiterkollegen aus dem Stall, die den Frust perfekt machen. Sie empfehlen, "dem Bock eben mal zu zeigen, wer das Sagen hat". Doch in solchen Fällen hilft keine grobe Reiterei, sondern ein kompetenter Reitlehrer.
Verhaltensmuster von Pferden
Pferde, die im erwachsenen Pferdealter von sieben bis acht Jahren sind, haben sich schon gewisse Verhaltensmuster angewöhnt. Schlechte Angewohnheiten sind schwer rückgängig zu machen. Das gilt zum Beispiel beim Scheuen. Haben Pferde in diesem Alter gelernt, bei jeder Gelegenheit vor Gegenständen wegzuspringen, wird das für einen schwächeren Reiter schnell brenzlig. Scheureaktionen sind sehr unterschiedlich: Pferde drehen sich um 180 Grad, springen seitlich weg, gehen durch oder frieren komplett ein und laufen keinen Meter mehr. Steigen sie, wird es richtig gefährlich.
Ein unsicherer Reiter verstärkt das Problem, weil er meistens auch bei jedem kritischen Moment zuckt, anstatt dem Pferd Sicherheit zu vermitteln. Im Laufe der Zeit bildet sich eine Angstspirale. Scheuen ist im Prinzip ein ganz natürliches Verhalten eines Fluchttiers, das in der freien Wildbahn überlebenswichtig ist. Deswegen sollte dieses Instinktverhalten relativ gut kontrollierbar sein, um solche Situationen zu vermeiden. Es ist leichter, mit ganz jungen Pferden an der Gelassenheit zu arbeiten als mit erwachsenen, die bereits schlechte Erfahrungen gemacht haben.
Pferde haben ein sehr gutes Gedächtnis und schlechte Erlebnisse sitzen tief.
Oft kennt der neue Besitzer die Vergangenheit des Pferds nicht und kauft zwangsläufig die Katze im Sack. Besser hört er mit einem jungen Pferd, das die Bodenschule kennt und langsam, in vertrauensvollen Schritten angeritten wird. Für den Freizeitreiter eignet sich prinzipiell ein von Natur aus gelassenes Pferd, das nicht träge ist. Es soll leicht auf Reiterhilfen reagieren, aber auch nicht übersensibel sein. Meistens wird es als Familienmitglied für verschiedene Reiter eingesetzt. Solche Pferde findet man durchaus auch im Alter von vier bis fünf Jahren. Für gut ausgebildete Reiter auf A-Niveau eignen sich auch Dreieinhalbjährige. Wie ruhig und ausgeglichen ein Pferd von Natur ist, zeigt sich bereits beim ersten Anlongieren und Anreiten.
Voraussetzung für den Besitzer eines Jungpferds ist, dass er bereits alle Grundgangarten ausbalanciert sitzen und gezielte Hilfen geben kann.

Turnierambition ja oder nein?
Freizeitreiter haben meistens keine Turnierambitionen und dadurch auch keinen Zeitdruck. Das langsame Lerntempo gibt dem Pferd ausreichend Zeit für neue Eindrücke. Dadurch baut es leichter Vertrauen auf und macht das Pferd zu einem zuverlässigen und unerschrockenen Reitpferd. Dabei hilft eine abwechslungsreiche Arbeit mit Bodenschule, Reiten auf dem Außenplatz, in der Halle und im Gelände. Dadurch wird die Arbeit fürs Pferd spannend.
Egal wie erfahren der Reiter ist, ein kompetenter Trainer ist Pflicht. Er überprüft die Arbeit regelmäßig. So schleichen sich grobe Fehler erst gar nicht ein. Viele kleine Probleme lassen sich leicht abstellen, wenn man sie bereits im Ansatz unterbindet. Dafür eignet sich nicht jeder Reitlehrer.
Für den Trainer sollten die Möglichkeiten des Pferds und die Wünsche des Reiters an erster Stelle stehen und nicht sein sportlicher Ehrgeiz.
Sein Training sollte so aufgebaut sein, dass das Pferd entsprechend seines Alters die Dehnungshaltung lernt. Der Ausbilder muss dafür sorgen, dass Pferd und Reiter sich gut verständigen. Je mehr Wert er auf einen taktmäßigen, losgelassenen Bewegungsablauf des Pferds legt, desto leichter fällt dem Pferd später die Anlehnung. Diese Losgelassenheit darf er aber nicht mit einem Auseinanderfallen verwechseln. Dann geht das Pferd nicht mehr über den Rücken. Die korrekte Ausbildung strebt ein gleichmäßig und ausbalanciert gehendes Pferd an, das sich gut sitzen und in allen Gangarten willig treiben und aufnehmen lässt. Läuft diese Basisarbeit korrekt ab, steigt das Vertrauen zum Reiter automatisch.
Coole Pferde vermitteln umgekehrt durch ihre innere Ruhe dem Reiter ein gutes Gefühl und Sicherheit.
Wenn der Reiter mit seinem jungen Pferd all diese Phasen der Ausbildung schrittweise vom Leichten zum Schweren aufbaut, kann in der Grundausbildung wenig schief gehen. Das Pferd erlebt keine negativen Einschnitte und wird immer mutiger und sicherer. Dann profitiert der Reiter von einem jungen Pferd mehr als von einem älteren, das mehrfach durch die Mangel ging.





