Viele Pferde fahren nicht gerne Hänger. Deshalb steigen sie in diesen oft lieber gar nicht erst ein. Bei Wallach Coco ist es umgekehrt: Er steigt ein, aber sobald sich die Klappe hinter ihm öffnet, will er nur noch eines: raus! Oft hilft ihm dann nur ein rettender Sprung, glaubt er.
Training für mehr Sicherheit bei der Besitzerin
Seine Besitzerin Luisa Krebs ist mit ihrem rückwärtsstürmenden Pferd überfordert und hat Angst, dass es sich an der Rampe verletzen könnte. „Eine schlechte Kombination“, weiß Verlade-Expertin Liane Klahn, „denn ein unsicheres Pferd braucht einen sicheren Menschen.“
Die Expertin möchte Cocos Besitzerin ihr eigenes, verladeerfahrenes Pferd für eine Trainingsstunde zur Verfügung stellen. Dieses Mal besuchen wir also nicht eine Leserin im heimischen Stall, sondern treffen uns direkt bei der Expertin.
Spezielles Halfter soll helfen
Luisa Krebs holt die elfjährige Stute Wicky aus ihrer Box und bindet sie am Putzplatz an. Liane Klahn legt ihrer Stute fürs Training ein Spezialhalfter an, das sie selbst entwickelt hat. In das „LK Kombihalfter“ kann bei Bedarf ein flexibler Nasenriemen eingeschnallt werden, der bei Zug leichten Druck auf die Pferdenase ausübt.
„Damit kann ich präzise einwirken, wenn es nötig ist, aber auch sofort wieder nachgeben“, betont Klahn. „Mit dem Spezialhalfter und einem Strick von etwa vier Metern Länge, der einen stabilen Karabiner anstatt eines Panikhakens hat, kann ich dem Pferd beim Training genügend Raum geben und habe es sicher an der Hand“, erklärt sie. „Zum Anbinden am Halfter kann man den flexiblen Nasenriemen abnehmen. Einen Anbindestrick bringe ich schon vorm Verladen im Hänger an.“

Nicht zu viel „Verpackung“ fürs Pferd
Das war’s schon, was Wicky an Ausrüstung braucht. Die Expertin hält nichts davon, Pferde fürs Verladen in Watte zu packen: „Schlecht sitzende und oft rutschende Transportgamaschen behindern das Pferd. Es soll doch spüren, wohin es tritt, wenn es die Rampe hinauf- und hinabläuft.“
Deshalb empfiehlt Klahn, den Pferden für den Transport entweder gar nichts oder nur normale Gamaschen und Springglocken anzuziehen.
So machen Sie das Pferd vor dem Verladen entspannt
Luisa beginnt mit einem kleinen Führtraining: Wicky ist ein bisschen aufgeregt und schaut sich auf dem Hof um. Mit Wenden, Stoppen und Rückwärtsrichten kann Luisa die Stute wieder auf sich konzentrieren. Wicky beginnt, den Hals fallen zu lassen.
„Ein entspanntes Pferd ist die Voraussetzung fürs Verladen“, erklärt Liane Klahn. „Wenn wir ein Pferd aus der Box holen und gleich in den Hänger führen, muss das ja fürs Tier wie ein Überfallkommando sein. Wir sollten es vorher genauso aufwärmen, wie wir es auch vor dem Reiten machen.“





Stressbewältigung für die Pferde-Führerin
Um Luisa zu zeigen, wie sie in Stresssituationen reagieren sollte, kommt eine Leiter ins Spiel. „Wicky hasst Leitern“, verrät die Trainerin. Die Stute springt prompt weg, als ihr die Leiter zu nahe kommt. „Dein Körper bleibt ruhig, nur deine Arme dürfen sich bewegen“, rät Liane Klahn ihrer Schülerin. „Lass Wicky kurz schauen und gehe einfach weiter – genauso machst du es, wenn dein Pferd in Stress gerät.“
Nun holt die Verlade-Expertin eine nachgebaute Rampe herbei. „Auf dem Reitplatz können wir alles üben, was fürs Verladen wichtig ist“, meint Klahn.
Rampentraining für den Ernstfall
Luisa geht mit Wicky über die Rampe. Die Stute läuft nicht gerade weiter und steigt schon vor dem Ende der Rampe seitlich herunter. Die Trainerin korrigiert sie: „Du musst selbst mittig vorangehen, damit auch Wicky auf der Mitte der Rampe bleibt.“
Knifflig sind der Anfang und das Ende der Rampe. Hier sollte ein Huf jeweils mit etwas Abstand vor der Kante aufkommen, damit das Pferd nicht genau auf die Kante tritt, stolpert oder abrutscht. Luisa dirigiert die Stute, indem sie selbst kleinere oder größere Schritte macht.
Achtsam sein, aber nicht furchtsam
Soweit die Vorübungen im Vorwärtsgang – nun geht es rückwärts. Auch hier achtet Luisa darauf, dass die Stute kurz vor dem Ende der Rampe ihre Hufe so setzt, dass sie beim Heruntersteigen nicht auf die Kante, sondern darüber tritt. „Wenn sie daneben tritt, darfst du nicht erschrecken“, rät Klahn. „Damit verunsicherst du dein Pferd noch mehr. Das kann selbst auf seine Füße achten.“
Im Hänger soll das Pferd die hintere Querstange als Grenze akzeptieren. Dafür nimmt Christina Harreiß aus Klahns Verladeteam die Stange aus dem Hänger und zeigt sie der Stute. Dann berührt sie Wicky mit der Stange. Das Pferd darf sich bewegen. Sobald es verharrt, nimmt sie die Stange wieder weg. Diese Übung wiederholt sie, bis die Stute bei Kontakt mit der Stange stehenbleibt.
Wichtig dabei: Sicherheitsabstand zum Pferd!

Pferd soll lernen, nicht nach hinten zu drücken
Im Anschluss baut Liane Klahn mit Hindernisständern und Stangen eine Gasse auf. Luisa führt Wicky hinein. Die Trainerin legt hinter der Stute eine weitere Stange auf. Luisa soll die Stute langsam rückwärtsrichten, bis sie die Stange mit der Hinterhand berührt, und dann gleich wieder nach vorne locken.
Das wiederholen die beiden einige Male. Warum? „Die Pferde sollen nicht gegen die hintere Stange drücken. Ich bringe ihnen bei, dass sie dem Druck von hinten weichen sollen“, erklärt die Expertin.
Geradeaus die Rampe wieder herunter
Die nächste Übung: Nach der Rampe rückwärts und geradeaus. „Wenn Pferde eilig aus dem Hänger wollen, hüpfen sie oft seitlich von der Rampe herunter“, weiß Liane Klahn. Deshalb soll Luisa darauf achten, dass ihr Pferd auf gerader Linie rückwärtsgeht. Dazu dirigiert sie die Stute durch eine Gasse.
„Erlaube Wicky, ihren Kopf zur Seite zu drehen, damit sie nach hinten schauen kann“, rät Klahn. „Kommt sie mit der Hinterhand schief, kannst du sie auf deiner Seite mit der Gerte korrigieren. Für die andere Seite brauchst du beim Aussteigen anfangs noch eine Person, die dir hilft.“ Luisa ist hochkonzentriert. Ganz schön viel auf einmal. Deshalb dürfen sie und Wicky nun eine Pause machen.
Nach dem Aussteigen einige Schritte weiter gerade rückwärts richten
Am Pferdehänger lässt Luisa den Profis den Vortritt. Wicky steigt mit Christina Harreiß ein. Liane Klahn treibt bei Bedarf von hinten, indem sie das Seil in ihrer Hand Richtung Hinterhand schwingen lässt. Drückt die Stute im Hänger gegen die hintere Stange, touchiert Klahn sie mit dem Seil an der Hinterhand; ihre Helferin lockt sie mit Impulsen am Strick nach vorne. Erst als Wicky ruhig im Hänger steht, darf sie wieder aussteigen.
Dann wagt sich Luisa, Wicky zu übernehmen. Beim Aussteigen geraten sie etwas schief, doch Wicky rutscht nicht seitlich von der Rampe ab. Als die beiden wieder festen Boden unter den Füßen haben, drehen sie zur Seite weg. „Führe Wicky nach der Rampe nicht gleich zur Seite weg, sondern noch einige Schritte weiter gerade rückwärts“, rät Klahn.
Geschafft! Luisa Krebs strahlt. „Jetzt traue ich mich, das auch mit Coco zu üben.“ Die Trainerin freut sich mit ihr, bittet aber um Geduld. „Erst wenn Coco ruhig im Hänger steht und ruhig rückwärts herausgehen kann, darfst du anfangen, kurze Strecken zu fahren.“




