Wissenswertes zu Schlaganfall bei Pferden
Ein Schlaganfall kommt plötzlich. Die Symptome treten von einer Minute auf die andere auf und verschlimmern sich meist sehr schnell. Manchmal ähneln sie denen des vergleichsweise harmlosen peripheren Vestibularsyndroms. Dieses kann deshalb leicht mit einem Schlaganfall verwechselt werden. Pferde haben nur sehr selten einen Schlaganfall. »Wir haben in der Neurologie vielleicht drei Fälle im Jahr«, sagt Professor Andrea Tipold. Ein peripheres Vestibularsyndrom tritt dagegen deutlich häufiger auf.
Was verursacht einen Schlaganfall?
Zu einem Schlaganfall (Infarkt) kommt es, wenn die Durchblutung des Gehirns beim Pferd gestört ist. Das kann passieren, wenn große Arterien verstopft oder stark zusammengepresst sind oder der Blutfluss in einer Hauptvene unterbrochen ist. Auch wenn ein größeres Gefäß im Gehirn platzt, erleidet das Pferd einen Infarkt.
Was die Durchblutungsstörung so gefährlich macht: Werden die Zellen des zentralen Nervensystems über einen gewissen Zeitraum nicht mit Blut und somit mit Sauerstoff sowie Nährstoffen versorgt, verlieren sie ihre Funktion und drohen abzusterben. Fürs Pferd kann das je nach betroffenem Hirnareal tödlich enden. Beim Menschen lösen Blutpfropfen (Thromben) oder Arterienverkalkungen Schlaganfälle aus,wenn sie Gefäße blockieren, die das Gehirn versorgen. »Beim Pferd haben Infarkte andere Ursachen«, sagt Professor Andrea Tipold, Neurologin an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Wandernde Wurmlarven können bei Pferden wichtige Gefäße im Gehirn verstopfen. Oder ein Entzündungsherd, der zum Beispiel im Herzen oder in der Blase liegt, streut. »Dann verschließen Entzündungszellen oder Bakterien die Blutgefäße«, erklärt Professor Andrea Tipold. Es kommt zum sogenannten septischen Infarkt.
Beim Schlaganfall können auch in dem Gebiet des Gehirns Gefäße blockiert sein, die für das Gleichgewicht des Pferds verantwortlich sind. Neurologen sprechen dann vom zentralen Vestibularsyndrom, weil die Ursache für die Beschwerden im Gehirn (Hirnstamm und Kleinhirn), also im zentralen Nervensystem liegt. »Nicht nur Infarkte, auch Entzündungen, ein Schädel-Hirntrauma oder Tumore können das Syndrom auslösen«, sagt Andrea Tipold.
Das zentrale Vestibularsyndrom kann mit einem peripheren Vestibularsyndrom verwechselt werden. »Bei diesem Krankheitsbild liegt eine Fehlfunktion des Hör-Gleichgewichtsnervs beziehungsweise des Gleichgewichtsorgans vor«, sagt Tipold. Das Gleichgewichtsorgan (Vestibularorgan) besteht aus drei halbkreisförmigen Bogengängen und zwei miteinander verbundenen Säckchen. Es ermöglicht dem Pferd, sich im dreidimensionalen Raum zu orientieren und zu koordinieren. Das Vestibularorgan liegt im Innenohr und informiert das Pferdegehirn ununterbrochen über die Position seines Körpers. Versagt dieses System, gerät das Pferd aus dem Gleichgewicht und kann sich nicht mehr auf den Beinen halten. Auch Menschen mit Vestibularstörungen fühlen sich, als säßen sie in einem Karussell. Sie sind »seekrank«, haben Schwindelanfälle verbunden mit Übelkeitsattacken bis hin zum Erbrechen. Ursachen für ein peripheres Vestibularsyndrom sind meist Entzündungen im Innenohr. Dazu kommt es, wenn die Erreger einer Mittelohrentzündung aufs Innenohr übergreifen. Infektionen in Rachen oder Luftsäcken können ebenfalls ins Innenohr streuen. Auch Zungenbeinerkrankungen können das Syndrom auslösen.
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