Die World Horse Welfare ist eine britische Wohltätigkeitsorganisation, die sich seit ihrer Gründung 1927 für das Wohl von Pferden weltweit einsetzt. Am 7. November 2024 trafen sich führende Experten bei der jährlichen Konferenz der Organisation. Die Frage im Raum: Was macht ein gutes Leben für Pferde aus? Die Panelmitglieder beleuchteten den Aspekt des Pferdewohls aus verschiedenen Perspektiven und erörterten, wie das Leben von Sport- und Freizeitpferden in Zukunft verbessert werden kann.
Inspiration durch andere Branchen
Peter Laurie, Geschäftsführer von Battersea Dogs & Cats Home, erklärte, wie wichtig es sei, Tieren Wahlmöglichkeiten zu geben, um ihr Wohl zu fördern. Laurie sagte: "Ich würde so weit gehen zu sagen, dass man einem Tier kein gutes Leben bieten kann, wenn es nicht in der Lage ist, täglich Entscheidungen zu treffen." In seinem Tierheim dürfen die Tiere unter anderem selbst entscheiden, ob sie den Kontakt zu Menschen suchen oder lieber für sich bleiben.
Lucy Grieve, ehemalige Präsidentin der British Equine Veterinary Association, betonte die Bedeutung, Wissen aus anderen Bereichen zu nutzen, jedoch ohne direkte Übertragung. "Jede Spezies hat eigene Bedürfnisse, aber wir sollten Teil des größeren Diskurses sein, um den richtigen Weg zu finden," sagte Grieve. Sie sieht eine Herausforderung darin, eingefahrene Gewohnheiten zu ändern und Tierhalter davon zu überzeugen, dass eine Weiterentwicklung positive Effekte für ihre Pferde haben kann.
Das Gleichgewicht zwischen Leistung und Pferdewohl
Doch wie können sportliche Ziele mit dem Wohl der Pferde vereinbart werden? Grieve betonte, dass der Pferdesport eben vor allem dem Menschen Freude bereite, deshalb müsse man besser verstehen, wie auch die Pferde davon profitieren könnten. "Der Wettkampftag ist nur ein Teil des Ganzen. Was zwischen den Wettkämpfen und von der Geburt an passiert, muss stärker auf die Bedürfnisse der Pferde abgestimmt werden."
Major Dan McRink, tierärztlicher Leiter der britischen Household Cavalry, erklärte, dass gutes Tierwohl die Leistung steigere und nicht mindere. Er verglich dies mit der Landwirtschaft, wo ein Zusammenhang zwischen Wohlbefinden und Produktivität erkannt wurde.
Lucinda Russell, eine renommierte Trainerin, stellte fest, dass entspannte Pferde bessere Leistungen erbringen. Sie forderte Trainer in allen Disziplinen auf, sich diesem Aspekt bewusst zu werden. "Diese Dinge sind nicht nur für ‚Pony-Streichler‘," erklärte sie. "Wenn ein Pferd entspannt ist, z.B. durch das gemeinsame Grasen mit Artgenossen, steigert dies seine Leistung."
Dressur und das Wohl der Pferde
In der Diskussion kam auch die öffentliche Kritik an Disziplinen wie der Dressur auf, wo teilweise ein Verbot gefordert wird. Tony Tyler, stellvertretender Geschäftsführer von World Horse Welfare, betonte, dass es darauf ankäme, den Pferdesport und insbesondere die Richtverfahren neu zu bewerten: "Ein entspannter, glücklicher Sportpartner sollte belohnt werden." Grieve ergänzte, dass Dressur "gut gemacht werden kann" und dass es wichtig sei, Menschen zu besseren Methoden anzuregen, anstatt Disziplinen zu verbieten.
Zusammenarbeit und ständiges Hinterfragen
Zum Abschluss der Konferenz der World Horse Welfare einigten sich die Experten darauf, dass man sich immer fragen müsse, ob das Wohl der Pferde ausreichend berücksichtigt werde. Major McRink resümierte: "Es ist keine Schande, Pferde für uns arbeiten zu lassen, solange dies für die Tiere eine positive Erfahrung bleibt." Grieve rief zu mehr Zusammenarbeit und weniger Konkurrenzdenken im Pferdesport auf. Die Diskussion zeigte, dass der Pferdesport von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen profitieren kann – vorausgesetzt, etablierte Praktiken werden hinterfragt und eine tiergerechte Haltung gefördert.