Geben Sie’s zu: Auch Sie sind – wie der Großteil der Reiter – davon überzeugt, dass Ihr Pferd ein ganz Liebes sei. Das sieht der Gesetzgeber gänzlich anders: Der stuft Ihr Pferd als wandelndes Risiko auf vier Beinen ein. Und das kann sich schnell bewahrheiten: Ehe Sie sich versehen, hat Ihr Pferd den Weidekumpel beim Toben getreten, ist ausgebüxt und auf die Straße gelaufen oder hat Ihre Reitbeteiligung im Gelände abgesetzt.
Wenn Sie die Schäden nicht aus dem eigenen Geldbeutel zahlen wollen, sollten Sie unbedingt eine Pferdehalter-Haftpfichtversicherung haben. Und wenn Sie selbst ab und zu nach Feierabend einer Stallfreundin Unterricht geben, sollten Sie sich ebenfalls absichern. Sonst landen mögliche Schadenersatzansprüche bei Ihnen. Worauf Sie bei Versicherungen rund ums Pferd achten sollten und wie es in punkto Helmpflicht aussieht, zeigt unser Überblick.
Die Haftpflicht ist ein Muss für Pferdebesitzer
Den Paragrafen 833 im Bürgerlichen Gesetzbuch sollte jeder Pferdebesitzer kennen. Denn hier ist festgehalten, dass er für alle Schäden haftet, die sein Tier anrichtet; wenn Menschen getötet oder verletzt werden ebenso wie bei Sachschäden. Unwesentlich ist, ob den Tierhalter eine Schuld trifft, er also irgendwas falsch gemacht hat. Er muss allein dafür geradestehen, dass er ein unberechenbares, willkürlich handelndes Tier besitzt (Gefährdungshaftung). "Ein privater Pferdehalter haftet immer für sein Tier", betont Versicherungsexpertin Antonia Kaupp von der Agentur Kaupp aus Pfalzgrafenweiler/Baden-Württemberg (www.agentur-kaupp. de).
Beispiel: "Ein Fremder geht unbefugt auf die Koppel und wird von meinem Pferd getreten. Die Schadenersatzansprüche landen bei mir, und zwar immer." Eine Versicherung fängt das ab. "Bin ich versichert, reguliert meine Versicherung den Schaden", sagt Antonia Kaupp. "Deshalb ist eine Pferdehalter-Haftpflichtversicherung ein absolutes Muss." Sonst haftet man mit dem eigenen Vermögen. Das kann im Schadensfall zum finanziellen Ruin führen, etwa wenn ein Mensch so schwer verletzt wird, dass er lebenslang pflegebedürftig ist.
Wichtig dabei: Die Versicherung kommt nur für Schäden auf, die das Pferd einem Dritten zufügt. Demoliert das Pferd den eigenen Hänger oder tritt es seinen Besitzer, greift der Versicherungsschutz nicht.
Je nachdem, was die Versicherung umfasst, sind verschiedene Risiken abgedeckt, etwa Keilereien auf der Weide, Unfälle beim Ausritt oder ungewollte Deckakte. Hier lohnt sich für Reiter der Vergleich. Wer etwa einen Wallach hat, braucht ungeplante Deckakte nicht zu versichern.
Genauer hinschauen sollten Pferdebesitzer auch, wenn es um andere Reiter geht. Als Gast- oder Fremdreiter zählen alle, die das Pferd gelegentlich und unentgeltlich reiten; wie etwa eine Stallfreundin während des Urlaubs. "Das Fremdreiterrisiko sollte in der Versicherung abgedeckt sein", sagt Antonia Kaupp. Nur dann werden die Kosten übernommen, wenn sich der Fremdreiter verletzt oder das Pferd unter ihm einen Schaden verursacht.
Reitbeteiligungen sind ein anderes Kapitel. Sie kümmern sich regelmäßig um das Pferd, entweder gegen eine feste monatliche Kostenbeteiligung oder gegen Mithilfe im Stall wie Misten. Wer eine Reitbeteiligung hat, sollte das Risiko über die Pferdehalter-Haftpflicht unbedingt absichern. Dann übernimmt die Versicherung die Schäden, die das Pferd unter der Obhut der Reitbeteiligung anrichtet.
Anders sieht es mit den Ansprüchen der Reitbeteiligung selbst aus. "Durch die regelmäßige Pflege erwirbt die Reitbeteiligung quasi Haltereigenschaften", erklärt Antonia Kaupp. Versicherungsrechtlich gesehen ist eine Reitbeteiligung so kein Dritter mehr, sondern steht auf der Seite des Tierhalters. Wird die Reitbeteiligung nun durch das Pferd verletzt, kommt dafür nicht unbedingt die Versicherung auf. "Es sei denn, die Pferdehalter-Haftpflichtversicherung schließt das Risiko Reitbeteiligung ausdrücklich inklusive der Schäden an Reitbeteiligungen mit ein", sagt Versicherungsexpertin Antonia Kaupp.
Greift die Versicherung beim Reiten ohne Helm?
Im Juni 2014 sprach der Bundesgerichtshof ein wegweisendes Urteil: Ist ein Radler ohne Kopfschutz unterwegs und wird unverschuldet in einen Unfall verwickelt, hat er dennoch vollen Anspruch auf Schadenersatz. Können darauf in Zukunft auch Reiter pochen? "Nein", sagt Rechtsanwältin Dagmar von Stralendor-Grüttemeier aus Berlin (www.stralo. de). "Schadenersatzansprüche werden immer Einzelfallentscheidungen sein."
Beispiel: Ein Hund versetzt das Pferd in Panik, der Reiter stürzt und verletzt sich am Kopf. Der Reiter hat dann Schadenersatzansprüche gegen die Haftpflicht-Versicherung des Hundehalters. Die prüft wiederum, ob der Reiter ein Mitverschulden hat, das den Anspruch mindert, weil er ohne Helm geritten ist. "Denn Reiten ohne Helm ist grob fahrlässig", sagt Antonia Kaupp. "Das weiß vermutlich jeder Reiter. Aber weil es nicht jeder umsetzt oder umsetzen kann, ist dieses Risiko in unseren Versicherungen eingeschlossen."
Dazu zählt in der Pferdehalter-Haftpflicht beispielsweise die Reitbeteiligung, die ohne Helm reitet, oder in der Unfallversicherung der Pferdebesitzer selbst. Das kommt etwa Dressur- und Westernreitern zugute, die in Prüfungen darauf verzichten müssen. "Wir empfehlen das Reiten ohne Helm aber grundsätzlich nicht", betont Antonia Kaupp. Denn: "Im Zweifelsfall kann der Helm Lebensretter sein." Wer mit Köpfchen reitet, sollte daher dieses bestmöglich schützen.
Versicherung bei Reitunterricht gegen Mithilfe bei der Stallarbeit
Angenommen, Sie geben einem Reiter aus Ihrem Stall alle ein bis zwei Wochen nach Feierabend Unterricht. Gelegentlich reiten Sie dessen Pferd auch. Der Reiter freut sich, zahlt Ihnen ein paar Euro oder revanchiert sich mit Stalldiensten wie beispielsweise Misten. Und schwupps, schon sind Sie haftbar, wenn Reiter oder Pferd etwas passiert.
Eine Berufs-Haftpflichtversicherung lohnt sich deshalb nicht nur für ausgebildete Trainer, die hauptberuflich Unterricht geben und Pferde in Beritt nehmen. Auch Amateure ohne Trainerschein sollten darüber nachdenken, sobald sie für ihre Leistungen Geld bekommen oder einen geldwerten Vorteil haben, etwa wenn der Reitschüler dafür das Misten übernimmt. "Wir haben speziell für solche Fälle eine neue Versicherung, die alle wichtigen Haftpflichtrisiken rund um den Unterricht abdeckt", sagt Antonia Kaupp. Ein Spezial-Tarif deckt zudem Schäden an Berittpferden ab.
OP-Versicherung für Pferde

Kranke Pferde sind teuer. Die Tierarztrechnungen summieren sich schnell auf mehrere hundert Euro, wenn ein Pferd plötzlich lahmt oder hartnäckig hustet. Ist gar eine Kolik-Operation nötig, muss der Pferdebesitzer mit gut und gerne mehrere Tausend Euro kalkulieren. Krankenversicherungen und OP-Versicherungen für Pferde sollen diese finanziellen Risiken absichern.
Klar ist: Ein Rundum-Sorglos-Paket gibt es nicht. Keine Versicherung übernimmt einfach jede Tierarztrechnung, die dem Besitzer ins Haus flattert. Der Krankenschutz mittels Police ist vielmehr ein finanzieller Puffer, der die Kosten für den Pferdebesitzer in einem überschaubaren Rahmen hält. Wie umfangreich diese Absicherung ausfallen soll, ist eine Frage des Einzelfalls. Es gibt verschiedene Varianten.
"Der OP-Schutz ist eine sinnvolle Versicherung vor allem für Pferdebesitzer, die keine Geldreserven auf der hohen Kante haben, um eine unter Umständen sehr teure Operation bezahlen zu können", sagt Antonia Kaupp. Wichtig ist es, sich vor der Unterschrift genau zu informieren, in welchen Fällen und in welcher Höhe die Versicherung für Tierarztkosten aufkommt. Der Veterinär muss nach der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) abrechnen, die einfache bis dreifache Sätze vorsieht.
Angenommen die Versicherung übernimmt beispielsweise nur den zweifachen Satz, auf der Rechnung gibt es aber Posten mit dreifachen Sätzen, muss der Pferdehalter den Restbetrag aus seiner eigenen Tasche zahlen.
Für welche Eingriffe die OP-Versicherung zahlt, ist in Leistungskatalogen aufgelistet. Kastrationen oder Schönheits-OPs wie die Entfernung eines Überbeins, das das Pferd nicht stört, sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. "Wenn es sich nicht um eine Operation zum Beispiel wegen eines Unfalls oder einer Kolik handelt, sollte der Besitzer – falls dies zeitlich noch möglich ist – vor dem Eingriff lieber bei seinem Makler oder der Versicherung nachfragen, ob dies tatsächlich gedeckt ist", rät Antonia Kaupp.
Ein Gesundheitsattest ist nicht bei jeder Versicherungsgesellschaft Pflicht. Hatte das Pferd allerdings schon bei Abschluss des Vertrags einen Sehnenschaden, zahlt die Versicherung höchstwahrscheinlich nicht, wenn der Tierarzt später die Sehne spaltet. Solche chronischen oder akuten Krankheiten werden erst gar nicht in die Police aufgenommen oder zumindest zeitweise vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Vorerkrankungen muss der Pferdebesitzer bei der Antragstellung vollständig und wahrheitsgemäß angeben. Ansonsten verletzt er die vorvertragliche Anzeigepflicht, was zum kompletten Verlust des Versicherungsschutzes führen kann und letztendlich Versicherungsbetrug ist.
Wie lange es nach Vertragsschluss dauert, bis die Versicherung zahlen muss, variiert. Dass eine Versicherung den Vertrag löst, wenn das Pferd zu häufig operiert werden muss, ist möglich. "Theoretisch kann dies nach jedem Schadensfall passieren, denn nach jedem Schadensfall kann sowohl die Versicherungsgesellschaft als auch der Versicherungskunde den Vertrag kündigen", sagt Antonia Kaupp.
Krankenversicherung für Pferde
Neben dem OP-Schutz gibt es auch Krankenversicherungen für Pferde, die allerdings etwas anders angelegt sind: Hier spielt zum Beispiel das Alter des Pferds eine wichtige Rolle. Denn je älter das Tier, desto eher stellen sich natürlich diverse Wehwehchen ein. Die Krankenversicherung deckt die Tierarztkosten für ambulante und stationäre Behandlungen des Pferds, Arznei- und Verbandsmaterial sowie Röntgen- und Laboruntersuchungen. Auch die Kosten, die im Anschluss an eine Operation in der Tierklinik entstehen (die OP-Versicherung zahlt die Nachsorge nur für maximal zehn Tage), werden abgedeckt.
Allerdings erstatten die Gesellschaften niemals die kompletten Rechnungen für Röntgen, Verbände und Medikamente. Vorbeugende Maßnahmen wie Zahnpflege, Impfen und Wurmkur sind ebenfalls nicht bei jeder Gesellschaft miteingeschlossen. Die Prämien der Krankenversicherung sind dagegen recht hoch: Ob sich solche Ausgaben rentieren, lässt sich nicht pauschal sagen. Der Reiter sollte sich am besten von einem Makler, der sich mit Tierversicherungen auskennt, beraten lassen, welcher Krankenschutz für sein Pferd sinnvoll ist.
Lesen Sie auch: