Öko-Siegel: Greenwashing oder wirklich bio?

Greenwashing oder wirklich bio?
Gängige Öko-Siegel unter der Lupe

Veröffentlicht am 23.11.2022
Bio-Siegel
Foto: Lisa Rädlein

Gemüse, Stalljacke oder Sonnenmilch – gerade bei uns Reitern stehen nachhaltige Produkte hoch im Kurs. Denn wer wie wir die Natur liebt und sich gern in ihr bewegt, will über den Konsum Einfluss nehmen auf möglichst umfangreichen Umwelt- und Tierschutz. Aber was bedeuten Labels wie "Bio" oder "Öko" tatsächlich? Sind solche Güter wirklich umweltfreundlich hergestellt? Oder ist die Bio-Bezeichnung nur ein Marketingwerkzeug für Greenwashing? Um etwas Licht ins Dunkel der nachhaltigen Produkte zu bringen, schauen wir uns die Sache nach Sparten an – und erklären, was sich hinter gängigen Öko-Siegeln verbirgt. Für natürliches Einkaufsvergnügen.

Lebensmittel

Hier helfen uns mittlerweile seit Jahrzehnten gleich mehrere Siegel bei der Kaufentscheidung. Damit sie ein Bio-Siegel tragen dürfen, werden landwirtschaftliche Erzeugnisse vom Herausgeber des jeweiligen Siegels kontrolliert und zertifiziert. Man kann sich darauf verlassen, dass Lebensmittel mit Bio-Label auch wirklich nach ökologischen Maßstäben produziert wurden. Die Begriffe "Bio" und "Öko" sind in der EU für Lebensittel ein geschützter Begriff. Das gilt übrigens auch für Pferdefutter wie Heu oder Hafer – die als unverarbeitete Futtermittel zertifiziert werden können.

EU-Bio-Siegel

Das Siegel der EU stellt Mindest-Anforderungen für eine ökologische Landwirtschaft. Die wichtigsten Punkte sind keine Gentechnik, keine synthetisch-chemischen Dünger, artgerechte Tierhaltung und biologische Futtermittel sowie keine präventive Antibiotika-Gabe, keine Bestrahlung, keine Süßstoffe, Stabilisatoren, synthetische Farbstoffe, Konservierungsmittel, Geschmacksverstärker, keine zugesetzten Vitamine und Mineralstoffe. Damit kauft man also Produkte, die ökologisch deutlich unbedenklicher sind als konventionell hergestellte. Kritiker führen an, dass das EU-Bio-Siegel nur Minimal-Anforderungen stellt, und dass Betriebe nur Teile ihrer Produktion nach diesen Kriterien herstellen müssen.

Demeter, Bioland, Naturland

Die Kriterien dieser drei bekannten Siegel gehen teils weit über die Anforderungen des EU-Bio-Siegels hinaus, damit stehen sie an der Spitze für Lebensmittel, die ökologisch und nachhaltig produziert werden. "Naturland Fair" stellt obendrein noch hohe soziale Anforderungen an die Erzeuger. Demeter ist der älteste Bio-Verband und besteht seit dem Jahr 1924; die Anforderungen an Demeter-Betriebe richten sich nach ganzheitlichen Aspekten, also weit über rein ökologische Ansprüche hinaus.

Textilien

In der Textilindustrie, also bei Kleidung und Equipment, gibt es bislang keine verbindlichen Rechtsvorschriften auf EU-Ebene für Bio-Label. Aber es gibt gleich mehrere seriöse Zertifikate, die als verlässliche Orientierungshilfe dienen.

INV Best

Dieses Label des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft e.V. stellt weltweit die höchsten Anforderungen an Öko-Textilien und Öko-Leder (zertifiziert als "IVN Naturleder"). Ab der Naturfaser müssen die Produkte ausschließlich aus ökologischer Produktion stammen, bei der Verarbeitung sind gesundheits- oder umweltgefährdende Stoffe verboten; auch die Anforderungen an die Arbeitsbedingungen sind hoch. Und all das wird jährlich überprüft.

GOTS

Der Global Organic Textile Standard ist ein immer stärker verbreitetes Öko-Textil-Siegel. Die Anforderungen werden kontinuierlich angepasst, die gesamte Herstellungskette muss zertifiziert sein – "From field to fashion" nennt die Organisation das. GOTS-Produkte müssen zu 70 Prozent, GOTS-Bio-Produkte (Kennzeichnungsstufen "Kba/Kbt" bzw. "organic") zu 95 Prozent aus biologisch erzeugten Naturfasern bestehen. Giftige Schwermetalle, Formaldehyd, funktionelle Nanopartikel oder gentechnisch veränderte Organismen sind verboten, ebenso wie Accessoires aus PVC, Nickel oder Chrom. Damit ist das GOTS-Siegel ein Garant für ökologisch einwandfreie Kleidung.

Oeko-Tex

Der weit verbreitete Oeko-Tex "Standard 100" prüft Textilien lediglich auf Schadstoffrückstände – steht also eher für die Verträglichkeit für die Konsumenten als für die Umwelt. Das Label "Oeko-Tex Made in Green" hat hingegen laut Greenpeace mit die höchsten Standards in Sachen Chemie, Umwelt und Arbeitssicherheit; das Label bezieht die Lieferkette mit ein. Neben Naturfasern lässt "Oeko-Tex Made in Green" auch Recycling- und Mischgewebe zu.

Bluesign

Gerade bei Sport- und Outdoormarken ist das Bluesign-Label recht weit verbreitet. Es reguliert vor allem die Verwendung von Chemikalien und hält sich dabei an die Detox-Kampagne von Greenpeace. Allerdings schließt das Label keine Fasern aus – auch Synthetikfasern können zertifiziert werden. Bluesign orientiert sich an weltweiten Verbraucher- sowie Umweltschutzstandards und deckt die Aspekte Konsumentenschutz, Abwasser, Abluft, Arbeitssicherheit und Ressourcenproduktivität ab.

Kosmetik

Für Pflege- und Kosmetikprodukte wird natürlich besonders gern mit "Bio" geworben – wobei es derzeit keine klare gesetzliche Regelung gibt, die den Begriff definiert. Diese Siegel bieten allerdings gute Orientierung:

BDIH-Siegel / Cosmos-Siegel

Das BDHI-Siegel für "Kontrollierte Naturkosmetik" vom Bundesverband der Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und kosmetische Mittel e.V. verbietet Silikone, Paraffine, Erdöl, Tierversuche und Gentechnik. Das BDHI-Zeichen wird im Rahmen des international harmonisierten Cosmos-Standards (vergeben von der IONC GmbH) weiterverwendet mit den Signaturen "COSMOS natural" und "COSMOS organic" für Endprodukte.

Natrue

Gegründet von Firmen wie Weleda, Wala und Laverana ist Natrue mit transparenten Kontrollen und hohen Standards ein gutes Siegel für Kosmetika. Stoffe aus Erdöl, genetisch veränderten Organismen, Mikropartikel, Silikone oder Parabene sind verboten. Die Produkte müssen tierversuchsfrei sein, die Verpackungen auf ein Minimum beschränkt und möglichst wiederverwertbar. Mindestens 75 Prozent einer Produktlinie müssen die Kriterien dieses Siegels erfüllen.

Ecocert

Dieses Label aus Frankreich kontrolliert neben Kosmetika auch Öko-Landbau, Öko-Textilien, fairen Handel sowie Wasch- und Reinigungsmittel. Die Standards sind ähnlich hoch wie beim Natrue-Label, allerdings müssen Hersteller nur fünf bis zehn Prozent ihrer Produkte nach den Richtlinien des Labels produzieren.