Die richtige Mitte finden
Die Mitte des Reiters wirkt im Sattel wie eine Schaltzentrale: Liegt eine kleine Störung vor, hakt schon das ganze System des Mitschwingens. Hier entscheidet sich, ob der Reiter balanciert sitzt. Wackelnde Hände oder unruhige Beine entstehen letztendlich nur, weil in der Körpermitte etwas nicht stimmt. "Liegt unsere Hüfte in der korrekten Position, können wir auch unseren gesamten Körper richtig ansteuern", sagt Daniela Rahn, die nach dem Konzept "Biomechanisch Korrekt Reiten (BKR)" unterrichtet.
Im Sattel: Bei ihren Sitzschulungen erklärt Daniela Rahn den korrekten Sitz und gibt ihren Schülern ein neues Sitzgefühl.
Bei einem korrekten senkrechten Sitz gehen die Gesäßknochen des Reiters senkrecht nach unten in den Pferdekörper, damit dieser den Druck durch unseren Sitz gut auffangen kann. "So können die Bewegungen im gesamten Körper abgeleitet werden und es entstehen keine negativen Druckspitzen beim Pferd", erklärt die Expertin der Biomechanik im Reitsport. Wer ausbalanciert sitzt, stabil und gleichzeitig agil im Körper ist, kann die Pferdebewegungen besser aufnehmen und seine Muskeln in Bauch und Rücken gut ansteuern. Rahn: "Dann kann auch die Wirbelsäule des Reiters von ihrer Funktion her so arbeiten, dass sie harmonisch mitschwingt.”
Ein guter Sitz unterstützt das Pferd optimal
Stimmt die Hüftposition des Reiters, können die Füße unterm Schwerpunkt liegen und Ohr, Schulter und Absatz die gerade Linie ergeben, die wir zum harmonischen Reiten brauchen. "Jeder Reiter, der nicht in dieser Senkrechten sitzt, macht es dem Pferd schwerer", sagt Daniela Rahn. Extreme Sitzfehler können beim Pferd entweder vorne die Schulter und Widerrist oder hinten die Lendenwirbelsäule und Hinterhand regelrecht blockieren. "Dann kann das Pferd natürlich nicht sein volles Bewegungspotenzial entfalten", sagt Daniela Rahn.
Die militärische Reitlehre ist für Männer gemacht
Woher kommt es, dass wir so häufig Probleme beim Sitzen haben? "Unsere heutigen Sportpferde haben ein enormes Bewegungspotenzial und wir Menschen haben uns auch verändert. Die vielgehörten Reitlehrer-Tipps, schwerer zu sitzen oder die Absätze herunterzudrücken, sind nicht mehr zeitgemäß und werden dem modernen Pferdetyp nicht gerecht”, so Rahn. "Die militärische Reitlehre geht vom Ideal des symmetrischen Menschen aus. Zudem wurde nicht berücksichtigt, dass Reiterinnen ganz anders gebaut sind als ihre männlichen Kollegen", betont sie. Hier kann das Konzept "Biomechanisch Korrekt Reiten" helfen, die individuelle Anatomie des Reiters auf die jeweilige Anatomie des Pferdes harmonisch aufeinander einzustellen.
Kein Reiter auf der Welt sitzt ganz symmetrisch
Denn: Neben den Bewegungen des Pferds und dem Einfluss des Equipments ist es unser eigener Körper, der verhindert, dass wir geschmeidig sitzen. "Kein Reiter auf der Welt ist selbst komplett gerade und frei von irgendwelchen Sitzmustern oder -fehlern", beruhigt Daniela Rahn. Doch jetzt kommt die gute Nachricht: Jeder kann aus diesem Sitzmuster heraus und seine Körpermitte wieder zur funktionierenden Schaltzentrale machen. Sich filmen zu lassen hilft dabei, selbst Sitzfehler zu entlarven sowie die eigene Wahrnehmung mit der Realität abzugleichen.
Am Boden: Auf dem Balimo bekommt die Reiterin ein besseres Gefühl für ihre Sitzbeinhöcker.
Typische Sitzfehler: So sortieren Sie sich neu
Knick in der Hüfte
Was passiert im Reiterkörper? Kippt die Hüfte beispielsweise nach rechts, rutscht der Reiter hier etwas mehr hinunter und knickt dadurch links ein. Die linke Schulter kommt tiefer. Meistens ist der Oberkörper nach rechts versetzt, und es lastet rechts mehr Gewicht.
Was passiert im Pferdekörper? Muskeln können nicht richtig arbeiten, wenn zu viel Druck auf ihnen lastet. Durch den einseitigen Druck biegt sich das Pferd in unserem Beispiel auf der rechten Seite schlechter und möchte seinen Kopf lieber nach links nehmen, um dies auszugleichen.
Geschafft! Jeder Reiter kann aus seinen Sitzmustern raus und sich ein neues Körpergefühl angewöhnen.
Raus aus dem Sitzmuster – So geht’s: Sitzt der Reiter mit dem rechten Sitzbeinhöcker tiefer im Sattel und knickt links ein, darf er die rechte Hüfte gedanklich weiter hochnehmen. Stellen Sie sich vor, dass Ihre linke Schulter gegen eine Wand lehnt, gegen die Sie seitlich drücken. So dehnt sich Ihre linke, geknickte Körperhälfte auf.
Sie wollen mehr über typische Sitzfehler erfahren und wie Sie diese unter biomechanischen Gesichtspunkten auflösen können? Hier können Sie den kompletten Artikel lesen:
Die Expertin:
Daniela Rahn ritt früher Dressurprüfungen bis zur schweren Klasse und bildete jahrelang selbst Pferde unterschiedlicher Klassen in Deutschland und den USA aus.
Heute lebt Daniela Rahn im niedersächsischen Osterholz-Scharmbeck und gibt als Sitzexpertin in Sachen Biomechanik europaweit Lehrgänge nach dem Konzept "Biomechanisch Korrekt Reiten (BKR)” bkr-daniela-rahn.com
