Östlich von Berlin hat CAVALLO drei Reitschulen getestet. Welche kann überzeugen?
Test-Reitschule 1: Istandpferde von Himminbjorg
Zwei gelockte Schweine grunzen im Paddock zur Begrüßung. Putzig! Mein Schulpferd für den Ausritt heute sticht die Borstentiere aber frisurtechnisch aus: mit bunten Strähnchen und Mähnen-Volumen wie aus der Haarspray-Werbung. Locca heißt das Islandpferd. Der Name bedeutet über- setzt: die Stute mit dem auffälligen Schopf. Ob die Schöne auch schön zu reiten ist?
Vorstellungsrunde: Reitlehrerin Iris Affeld stellt zunächst alle Islandpferde vor – sowie ihren Warmblut-Wallach. Die Tiere sind für sie wie Familienmit- glieder. Sie weiß zu jedem Pferd eine Ge- schichte zu erzählen und klärt mich über Abstammung und Charakter der Tiere auf.
Sie hat ihre Pferde bei einem Reitbetrieb in Strausberg eingestellt und nutzt einen Teil der Anlage, um Schüler auf den Isis zu un- terrichten. Das macht sie nebenberuflich, überwiegend am Wochenende. Bereits bei der Anmeldung erwähnt die Ausbilderin, dass sie keinen Trainerschein besitzt. Laut Homepage hat sie das Silberne Reitabzeichen beim Islandpferde-Reiter- und Züchterverband e.V. abgelegt. Der rund einstündige Einzelausritt kostet 27 Euro.
Kontaktfreudiges Schulpferd
Iris Affeld betreut ihre Reitschüler persönlich, fragt nach Vorkenntnissen und nimmt sich Zeit, das passende Pferd zu finden. Die siebenjährige Locca soll „sensibel und flott“ sein. Ich bin gespannt. Es dauert aber noch, bis Iris Affeld sich entschieden hat, ob sie mich auf ihrem Nachwuchswallach oder einer älteren Stute beim Ritt begleiten möchte. Sie bespricht sich mit ihrem Mann, dann geht's endlich los.
Wir schnappen uns Halfter und holen die Stuten von der Weide hinter dem Offenstall. „Locca ist kontaktfreudig und kommt immer als Erste angelaufen“, sagt Affeld. Tatsächlich marschiert ein Braunfalbe mit gesträhntem Schopf schnurstracks auf uns zu: Locca. Sie schnuppert an der Hand und sagt auf Pferdeart „Hallo“.
Locca ist gepflegt und hat eine sportliche Figur. Die Stute bekommt im Offenstall viel Bewegung und Kontakt zu Artgenossen. Sie hat eine eigene Putzbox und neuwertiges Sattelzeug: dreieinhalb Hufeisen für Pflege und Haltung. Ein halbes Hufeisen ziehe ich für leichten Ammoniakgeruch im Stalltrakt ab.

Kennenlernen für mehr Sicherheit
Beim Aufsteigen ist Locca unruhig. Die Reitlehrerin hilft und hält die Stute fest. Bevor es ins Gelände geht, reiten wir kurz auf dem Platz. So kann ich mich als neue Schülerin ans Pferd gewöhnen und die Ausbilderin meine Reiterfahrung einschätzen. Das ist vorbildlich in punkto Sicherheit.
Vom am Ortsrand gelegenen Hof aus gelangen wir direkt in die Feldmark. „Achtung, hier ragt ein Dornenbusch über den Weg“, warnt Affeld. Locca lässt sich fein um das stachelige Hindernis dirigieren. Beide Isis schreiten flott voran. Zu flott, findet Iris Affeld und pfeift. Die Stuten stoppen. „Auf diese Bremse hören all meine Pferde“, erklärt sie und lacht.
Fein gerittene, fleißige Stute
Beim Galoppieren soll ich mit Locca vorreiten. Die Stute fliegt im gleichmäßigen Tempo über den Grasweg – und plötzlich ist Loccas Hintern in der Luft. Ein Freudensprung, der mich aber nicht aus dem Gleichgewicht bringt. Die Reitlehrerin hat den Buckler bemerkt und fragt, ob alles in Ordnung sei. Fürs Buckeln und Loslaufen beim Aufsitzen ziehe ich Locca ein Hufeisen ab. Ansonsten ist die fein gerittene und fleißige Stute ein Goldstück: drei Hufeisen fürs Schulpferd.
Die Reitlehrerin verdient sich ebenfalls drei Hufeisen. Sie betreut ihre Schüler rundum, legt viel Wert auf Sicherheit und baut den Ausritt abwechslungsreich auf. Ein Verbesserungsvorschlag: Mit einer Aufstiegshilfe könnten Schüler pferderückenschonender aufsteigen.
Unterricht nur draußen
Der Reitbetrieb erhält drei Hufeisen. Iris Affeld nutzt nur Reit- und Springplatz. Die Böden sind gut geebnet. Die Halle steht ihr nicht zur Verfügung. Das Sattelzeug ist ordentlich in Schränken und Sattelkammer verstaut. Dem Stall stünde ein neuer Anstrich gut.
Auf dem Hof sind alle kontaktfreudig – Mensch, Pferd oder Schwein. Reitschüler sollten daher genug Zeit mitbringen. Ich bin über drei Stunden da. Eine nette Zeit mit Iris und ihrer Isi-Familie!
Bewertung:
Schulpferd: 3 Hufeisen
Reitlehrer: 3 Hufeisen
Reitbetrieb: 3 Hufeisen
Pflege & Haltung: 3,5 Hufeisen
Kontakt:
Islandpferde von Himminbjorg
Treuenhof 8
15344 Strausberg
Telefon: 0174 / 17 00 649
www.islandpferde-von-himminbjorg.de
Test-Reitschule 2: Pferdefreunde Klein-Schauen
Nächste Test-Station in Klein- Schauen: Teenager-Mädels tummeln sich am Putzplatz und satteln voller Vorfreude ihre Ponys. „Die proben gleich für eine Aufführung fürs Sommerfest. Wir zwei gehen allein ins Gelände“, sagt Hofchefin Birgit Licht. Die ausgelassene Stimmung ist ansteckend. Ich freue mich auf den einstündigen Ausritt, der 25 Euro kostet. Wen ich wohl reiten werde?
Schulpferd Cliff wartet bereits am Anbindeplatz. Der 17-jährige Wallach ist ein Schweres Warmblut, das aber gar nicht wuchtig wirkt. „Ja, er ist eher sportlich gezogen“, sagt seine Besitzerin. Zudem scheint der große Braune ein sanftes Wesen zu haben. Er berührt vorsichtig meine Hand mit den Nüstern zur Begrüßung und schaut immer mal wieder zu mir, während ich ihn putze. Was für ein aufmerksames Kerlchen!
Routinier als Schulpferd
Cliff ist nicht nur Reit- sondern auch Fahrpferd. Auf dem Reitbetrieb gibt es laut Birgit Licht 17 Pferde, die sie für Kremserfahrten, Reiterferien, Ausritte und wöchentlichen Unterricht nutzt. „Ich habe eine Ausbildung zur Pferdewirtin Zucht und Haltung gemacht; das war aber noch vor der Wende und hieß damals anders“, erzählt die Ausbilderin. Seit einigen Jahren hat sie ihren eigenen Betrieb: Die Offenställe, Boxen und der Reitplatz liegen direkt hinter ihrem Wohnhaus, idyllisch umsäumt von Wiesen und Bäumen.
Cliff lässt sich brav satteln und trensen. Wir führen die Pferde zur Aufsteighilfe. Der Braune steht ruhig, während ich mich in den Sattel schwinge. Wir reiten ein kurzes Stück durchs Dorf und gelangen dann zum Waldrand. Die Strecke ist abwechslungsreich: Es geht über Graswege, Cliff klettert trittsicher über Baumstämme und dicke Äste, die auf den Wegen liegen.

Viel Galopp im Gelände
Die Reitlehrerin reitet neben mir. Im Trab ist sie weiter vorne. Zum Durchparieren hebt sie die Hand. So weiß ich Bescheid, wenn wir die Gangart wechseln. Cliff hat rhythmische Gänge und reagiert gut auf meine Hilfen. Wir traben durch den Wald. Kurz vor einem steilen Hügel ruft Birgit Licht „hier galoppieren wir hoch“. Das kommt sehr plötzlich: Aber Cliff klettert auch im hohen Tempo routiniert die steile Stelle hoch. Ich spüre, wie sich die Muskeln seiner Hinterhand anspannen.
Selbst auf dem Rückweg können wir galoppieren. Cliff bleibt im ruhigen Tempo. „Das mache ich nicht mit jedem Reitschüler, aber ihr harmoniert ja gut“, meint die Reitlehrerin. Der Weg führt auf eine Straße zu; das könnte gefährlich sein, wenn die Pferde sich nicht parieren lassen. Aber Cliff reagiert gut auf die Hilfen.
Am Ende des Ausritts kommt dann noch eine richtige Mutprobe: Eine riesige Landmaschine nähert sich knatternd von hinten den Pferden. Wir sind bereits im Dorf. „Wir reiten an den Rand und drehen die Pferde Richtung Fahrzeug“, sagt die Reitlehrerin. Die Pferde schauen die Landmaschine zwar mit großen Augen an, bleiben aber ruhig stehen. „Cliff ist als Fahrpferd sehr verkehrssicher“, sagt Birgit Licht. Test bestanden!
Sichere Reitlehrerin
Die Reitlehrerin bekommt für ihre gute Leistung drei Hufeisen. Sie ist eine sichere Rittführerin und achtet auf genügend Schrittpausen. Ein Hufeisen ziehe ich ab, da sie meine Reiterfahrung vor dem Ritt nicht auf dem Platz überprüft und den Gurt nicht kontrolliert hat. Ein rutschender Sattel ist immer ein Sicherheitsrisiko.
Schulpferd Cliff verdient sich ebenfalls drei Hufeisen. Gegen Ende des Ausritts zieht er den Kopf ab und zu runter. Laut Reitlehrein kann es auch mal sein, dass er buckelt. Davon merke ich am Testtag nichts. Ich bin begeistert von seiner Coolness und seiner freundlichen Art.
Das Warmblut kommt nach dem Ritt zurück in seine Offenstallgruppe. Es gibt einen großen Auslauf und eine Hütte als Witterungsschutz. Auf dem Betrieb sind sechs Boxen, vor allem für die älteren Pferde, „die etwas mehr Ruhe brauchen“, meint Licht. Die Boxen sind frisch eingestreut.
Unkomplizierte Anmeldung
Am Testtag sind alle Pferde draußen. Cliffs Hufe sind ausgebrochen. „Er bekommt bald wieder Hufeisen“, erklärt die Hofchefin. Eigenes Putzzeug für jedes Schulpferd wäre wünschenswert, damit sich zum Beispiel keine Hautkrankheiten ausbreiten können. Ansonsten sind Pflege und Haltung vorbildlich: dreieinhalb Hufeisen.
Für den Ausritt habe ich mich per SMS vom Smartphone angemeldet. Birgit Licht hat prompt geantwortet und die nötigen Infos geschickt.
Zum Reiten gibt es einen Platz, eine Halle fehlt. Das Sattelzeug ist ordentlich in der Sattelkammer verstaut, der Hof gepflegt: drei Hufeisen für den Betrieb – auf dem man auch im Heuhotel übernachten kann. Vielleicht beim nächsten Besuch.
Bewertung:
Schulpferd: 3 Hufeisen
Reitlehrer: 3 Hufeisen
Reitbetrieb: 3 Hufeisen
Pflege & Haltung: 3,5 Hufeisen
Kontakt:
Pferdefreunde Klein-Schauen
Alte Dorfstraße 31
15859 Klein-Schauen
Telefon: 033678 / 40 914
www.pferdefreunde-klein-schauen.de
Test-Reitschule 3: Friesen-Reiterhof Spreeidyll
Mir ist Schwarz vor Augen. Ein riesiges Kraftpaket türmt sich am Putzplatz vor mir auf: Victor! Das fünfjährige Schulpferd ist ein Friese wie er im Buche steht: groß, kräftig und mit Wallemähne. „Er ist hier auf dem Hof geboren“, sagt Andrea Pfeiffer, Betriebsleiterin des Friesen-Reiterhof in Spreenhagen.
Kaum zu glauben, dass der Koloss mal so klein war wie die Fohlen auf der Weide nebenan. Wobei, selbst die sehen nicht aus wie staksiger Nachwuchs, sondern wie Pferde im Miniformat. Das liegt auch am Fesselbehang. Der ist bei Friesen serienmäßig. Und wie steht's mit der Rittigkeit?

15 Schulpferde zur Verfügung
14 Friesen und ein Schimmel für den Kontrast: Andrea Pfeiffer ist Fan der niederländischen Rasse. 14 Rappen gehören zum Hof „und ein Kontrastschimmel“, sagt die Reitlehrerin lachend. Sie ist FN-Trainerin B, Centered Riding Instructor Level II und Reitwartin. Laut Homepage richtet sich das Reitangebot mit den schwarzen Kolossen an erwachsene Anfänger, Wiedereinsteiger und Fortgeschrittene. Ich habe per Text-Nachricht einen Ausritt gebucht. Eine Stunde Geländereiten in der Gruppe kostet 15 Euro.
Doch bevor es losgeht, muss ich den Sattel auf Victor wuchten. Der Rappe steht dabei ruhig, auch beim Trensen verhält er sich vorbildlich. So kann ich in aller Ruhe seinen vollen Schopf über dem Stirnriemen ordnen.
Große Gruppe unterwegs
Insgesamt sind wir sieben Reiter. Andrea Pfeiffer hilft beim Aufsitzen. Dafür gibt es eine Aufstieghilfe, von der aus ich mich schonend in den Sattel gleiten lassen kann.
Ob ich ausreichend nachgegurtet habe, überprüft die Reitlehrerin nicht. Sie führt die Gruppe an. Es gibt keine feste Reihenfolge. Da die Pferde verträglich sind, ist das unproblematisch. Kein Tier droht einem anderen. Andrea Pfeiffer stoppt uns an der Straße direkt am Hof – es bleibt die einzige auf der Strecke. Danach reiten wir nur noch über Wiesen und durch Wälder.
Die Trainerin führt die Gruppe an. Ihre Ansagen sind teilweise schwer verständlich, denn die schwarze Kolonne ist lang. Per Handzeichen wäre es einfacher, die Wechsel der Gangarten anzuzeigen. Aber Victor kennt das Programm: Sobald die anderen Pferde antraben, trabt auch das Schulpferd. Der Wallach hat weiche Gänge. Trittsicher klettert er über Baumstämme, die im Wald über dem Pfad liegen.
Schwerhörig bei Reiterhilfen
Zum Äpfeln bleibt der Rappe stehen. Ich versuche, ihn danach anzutraben, damit wir den Anschluss halten – vergeblich. Victor bewegt sich erst schneller, als auch die anderen wieder traben.
Das Schulpferd bewerte ich mit zweieinhalb Hufeisen. Victor ist verlässlich im Gelände und brav beim Putzen und Satteln. Bei der Reaktion auf die Reiterhilfen ist noch Luft nach oben – aber der Friese steht ja auch noch am Beginn seiner Ausbildung.
Wie er im Galopp ist, kann ich nicht bewerten. Der stand am Testtag nicht auf dem Programm. Dafür waren laut Reitlehrerin nicht alle in der Gruppe erfahren genug. Es gäbe aber die Möglichkeit am Wochenende nochmals zu reiten mit einer Gruppe, „die etwas dynamischer unterwegs ist“.
Gute Reitlehrerin
Reitlehrerin Andrea Pfeiffer bekommt zweieinhalb Hufeisen. Sie wählt eine schöne Strecke und baut den Ritt mit ausreichender Aufwärmphase im Schritt und Passagen im Trab gut auf. Sie lässt uns kleine natürliche Hindernisse wie Baumstämme im Schritt meistern – das macht Spaß. Sie gibt jedoch keinerlei Korrekturen.
Die Reitlehrerin fragt nach meiner Reiterfahrung, überprüft diese vor dem Ritt aber nicht; ein Sicherheitsrisiko. Verständlichere Kommandos wären wünschenswert.
Gute Pflege und Haltung
Eine Reitschülerin übernimmt Victor. Der Rappe läuft noch eine Stunde in der Reithalle. Sie hat ein Maß von 24 x 15 Meter und bietet Reitern die Möglichkeit, bei Wind und Regen geschützt zu trainieren. Außerdem gibt es einen Reitplatz (20 x 40 Meter). Das Sattelzeug ist ordentlich in der Sattelkammer verstaut. Sattel und Trense sind in einem guten Zustand. Drei Hufeisen für den Betrieb.
Pflege und Haltung bewerte ich mit drei Hufeisen. Alle Tiere sehen gepflegt aus. Sie bekommen viel Luft und Licht. Zum Hof gehören laut Homepage 20 Hektar gepachtetes Weideland. Schulpferd Victor steht in einer Wallachgruppe Tag und Nacht draußen. Es gibt ein Weidezelt als Witterungsschutz. Punktabzug gibt es für die durchhängende Stromlitze, ein Sicherheitsrisiko.
Ich schaue noch kurz bei der Fohlenweide vorbei und verabschiede mich. Am Abend piept mein Handy. Andrea Pfeiffer hat ein paar Bilder vom Ausritt geschickt. Eine schöne Überraschung!
Bewertung:
Schulpferd: 2,5 Hufeisen
Reitlehrer: 2,5 Hufeisen
Reitbetrieb: 3 Hufeisen
Pflege & Haltung: 3 Hufeisen
Kontakt:
Friesen-Reiterhof Spreeidyll
Hauptstraße 26
15528 Spreenhagen
Telefon: 0173 / 66 19 899
www.spreeidyll.de