Sanfte Hilfen für schwierige Pferde

Dressurreiten mit Uta Gräf - Tempo machen und Tempo drosseln
Sanfte Hilfen für schwierige Pferde

Zuletzt aktualisiert am 19.09.2013

Geht ein Pferd freiwillig fleißig vorwärts, ist das prima. Doch oft wird aus Eifer Flucht, und der Reiter verliert die Kontrolle übers Tempo. Mit Geduld, Gefühl und ein paar schlauen Ideen lernt Ihr Pferd, Ihnen nicht mehr davonzurennen und sich jederzeit weich bremsen zu lassen.

"Ich fange nicht gern mit der Arbeit an, bevor das Pferd gut Schritt geht", sagt Uta Gräf. Ein geregelter und entspannter Viertakt ist die Basis für jede Gymnastik. Alle Pferde, die die Ausbilderin länger im Training hat, gehen so lange Schritt, bis sie entspannen. Die Schrittphase verlegt Uta Gräf oft in den Wald oder auf eine große Weide. Bei sehr heißen Pferden klappt das nicht immer. Die beruhigen sich manchmal auch nach längerer Zeit im Schritt nicht. "Wenn nach 10 bis 15 Minuten keine Ruhe einkehrt, probiere ich etwas anderes", sagt Uta Gräf.

In der Reitbahn sind Wendungen und Seitengänge das Mittel der Wahl. Uta Gräf reitet Volten, Achten, Schenkelweichen oder Schulterherein. Das Wichtigste dabei: Sobald das Pferd ruhiger wird und sich entspannt, reitet sie am längeren Zügel geradeaus. So lernen Pferde schnell, dass ruhiger Schritt angenehmer ist als hektisches Getrippel.

Wenn unter dem Sattel gar kein ruhiger Schritt möglich ist, können Sie Ihr Pferd auch einfach führen. Hauptsache, es schreitet ruhig und gleichmäßig, bevor Sie mit dem eigentlichen Training beginnen.

Zügel aufnehmen und rauskauen lassen

Viele Pferde spannen sich an, wenn der Reiter im Schritt die Zügel aufnimmt. Sie wissen, dass dann die Arbeit losgeht. Weder Übereifer noch Stress sind in der Dressur nützlich. Deshalb muss jedes Pferd lernen, beim Zügelannehmen locker zu bleiben.

Verkürzen Sie immer wieder im Schritt die Zügel, reiten das Pferd einige Schritte im kürzeren Rahmen und lassen Sie es wieder rauskauen, sobald es entspannt. Bleiben Sie dran, bis das Pferd loslässt. Dann versteht es bald, dass es sich nicht anzuspannen braucht. Dieser Ablauf gilt auch, wenn Sie höheres Tempo oder Lektionen planen: Zügel aufnehmen, abwarten bis das Pferd entspannt und erst dann die neue Aufgabe stellen.

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Lisa Rädlein

An Schenkel gewöhnen

Macht ein Pferd bei jedem Schenkelkontakt einen Satz nach vorn, sind Schenkelhilfen unmöglich. "Zur Gewöhnung lassen Sie Ihren Schenkel immer so lange weich am Pferd, bis es locker wird", rät Uta Gräf. Entspannt das Tier, lösen Sie den Schenkel. Besonders klar wird das Prinzip in Übungen wie Schultervor, Zirkel vergrößern oder Übertreten auf dem Zirkel.

Sobald das Pferd bei angelegtem Schenkel ruhiger und weich wird, beenden Sie die Übung und reiten mit weichem innerem Bein geradeaus. Wenn Ihr Pferd nicht wie gewünscht reagiert, drücken Sie nicht stärker, sondern bleiben Sie einfach geduldig dran.

Kommt Hektik auf, geht es zurück in die Übung. Kennt ein Pferd dieses Prinzip, genügt mit der Zeit ein Schenkeldruck, damit das Pferd loslässt. Wichtig: Beenden Sie die Übung wirklich beim ersten Anzeichen für Entspannung. Den Gymnastik-Effekt der Übung können Sie vorübergehend etwas vernachlässigen, um Ihrem Pferd zu helfen, sich mit dem Schenkel wohl zu fühlen.

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Lösen der Pferde im Trab oder Galopp

Sind Pferde zu angespannt oder zu bewegungsfreudig, ist geregelter Schritt am Anfang des Reitens noch nicht möglich. "Unsere eigenen Pferde sind durch viel Auslauf meist entspannt genug", sagt Uta Gräf. "Aber bei Trainingspferden stehe ich manchmal anfangs vor diesem Problem." Sie arbeitet mit solchen Pferden sofort im Trab oder Galopp, bis der erste Dampf raus ist. "Ziel bleibt aber der ruhige Schritt am Anfang."

Wenn gleich flott geritten wird, dürfen die Tiere nicht am langen Zügel durch die Gegend rennen, sondern werden geschlossen über den Rücken geritten. "Im Prinzip ist das normale Lösungsarbeit im Trab und Galopp, bloß ohne vorher Schritt zu reiten", sagt Gräf. Die Pferde nur dahin jagen zu lassen, lehnt sie ab: "Gerade heiße Pferde lösen und entspannen sich dabei nicht, sondern werden oft nur noch schneller und fester."

Galoppieren Sie ein Pferd nur ab, wenn es dabei nicht hektisch wird. Entsteht schon am Anfang einer Reiteinheit Stress, schadet das nur. Heizt sich ein Pferd doch mal auf, sollten Sie eine lange Schrittpause einlegen und erst weiterarbeiten, wenn sich das Tier wirklich beruhigt hat.

Reiten Sie mit heißen Pferden nicht zu kurze Gangartenwechsel. Dabei werden viele eifrige Pferde nur noch nervöser. Dehnen Sie die einzelnen Gangarten lieber etwas länger aus und schalten Sie zwischen Trab und Galopp immer wieder Schrittphasen.

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Stress-Lektionen für Pferde entschärfen

Viele Pferde haben Übungen, bei denen sie sich aufheizen. In der Dressur ist vor allem der fliegende Galoppwechsel eine Stress-Falle. Allerdings ist er auch schwieriger als alle anderen Lektionen davor. "Bei den Lektionen, die vor dem fliegenden Wechsel kommen, dürfte kein Pferd heiß werden", sagt Uta Gräf. Wenn doch Stress aufkommt, ist vielleicht das Pferd noch nicht reif für die Lektion oder der Reiter macht Fehler.

Generell gilt: Strafen Sie Ihr Pferd nie, wenn eine Übung nicht klappt. Dabei lernt es nur, diese Lektion zu fürchten. Brechen Sie eine misslungene Übung einfach ab, bereiten Sie sie neu (und möglichst besser) vor und starten Sie von vorn.

Achten Sie darauf, dass Sie selbst die Lektion nicht zu wichtig nehmen. Wenn Sie verkrampfen oder Hilfen mit mehr Druck geben als normal, irritieren Sie Ihr Pferd. Lernt das Pferd eine neue Lektion, sollte der Reiter sie bereits sicher beherrschen oder sie zusammen mit seinem Reitlehrer erarbeiten. Wagen sich unerfahrene Reiter alleine an für Pferd und Reiter neuen Lektionen, entstehen oft Missverständnisse und Stress. Denn Laien können häufig nicht beurteilen, ob gerade das Pferd falsch reagiert oder sie selbst einen Fehler gemacht haben.

Ist eine Lektion belastet, können Sie sie wieder entkrampfen, indem Sie das Timing variieren. Bauen Sie die Übung doch mal in die Lösearbeit ein. Das geht zum Beispiel bei fliegenden Galoppwechseln oft sehr gut. Oder legen Sie die Lektion ans Trainingsende. Dann können Sie Schluss machen, sobald sich Ihr Pferd ein wenig verbessert.

Häufig entspannt auch ein Ortswechsel die Lage, etwa wenn Sie nicht aus der Ecke heraus zulegen, sondern auf der Zirkellinie. Immer gilt: Gab es ein Problem, sollte man die Übung nach einem gelungenen Versuch oder einer klaren Verbesserung beenden und nicht endlos weiterüben.

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