Pferdestall im Test - Aktivstall Heinrichshof
Aktivstall Heinrichshof

Auf dem Heinrichshof, einem Aktivstall für Pferde, haben die Pferde das Sagen: Auf der ausgeklügelten Anlage von Familie Fenger entscheiden die Pferde über Veränderungen.

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Foto: Andrea und Michael Frenger_privat

Jungs sind am liebsten alle zusammen auf dem Bolzplatz, und Mädels stehen in kleinen Cliquen zum Tratschen herum. Diese Klischees sind so alt wie abgedroschen – und sie stimmen dennoch. Zumindest in der Welt der Pferde.

„Stuten ticken einfach anders als Wallache“, sagt Michael Frenger. Der Landwirt aus Pulheim bei Köln betreibt seit zweieinhalb Jahren auf dem elterlichen Heinrichshof einen HIT-Aktivstall für Pferde mit mehreren Gruppen. Ein Jahr nach der Eröffnung war klar: Die Stuten brauchen nicht so viel Platz zum Rennen und Spielen wie die Wallache. Die Konsequenz: Am Heinrichshof können sich jetzt bis zu 40 Wallache in einem 3700 Quadratmeter großen Laufstall austoben. Und für die Damenkränzchen gibt es zwei überschaubare 10er-Gruppen auf jeweils gut 1000 Quadratmeter Fläche.

Unsere Highlights

Für noch mehr Harmonie in den beiden weiblich besetzten Laufställen sorgt eine Aufteilung nach Pferdetyp: Die Warmblüterinnen bilden eine Wohngemeinschaft, die Pony- und Robustpferde-Damen die andere. Das Konzept funktioniert: „Die Stuten sind viel zufriedener und entspannter, seit wir die ehemals 20 Tiere große Gruppe geteilt haben“, sagt Stallbetreiber Frenger.

So kurz nach der Eröffnung schon grundlegende Dinge am Konzept zu ändern, ist für Stallbetreiber Michael Frenger nicht das Eingeständnis von Fehlern, sondern ein Qualitätsmerkmal. „Wir lernen aus unseren Erfahrungen und suchen für auftauchende Probleme sofort nach Lösungen“, sagt der 47-jährige Landwirt. Er nimmt nicht für sich in Anspruch, von Anfang an alles richtig zu machen. Aber er will das Bestmögliche erreichen und ist dafür bereit, frühere Entscheidungen infrage zu stellen, kreative Lösungen zu suchen und bei hartnäckigen Problemen am Ball zu bleiben. „Geht nicht, gibt‘s nicht“, könnte man als Motto über seinen Pensionsbetrieb schreiben.

Etwa in Sachen Heu-Fütterung. Die ist im Laufstall nicht ganz einfach: Wie versorgt man viele Pferde mit wenig Aufwand bei jedem Wetter mit genügend Raufutter? Und wie verhindert man, dass die Pferde zu viel wertvolles Futter einfach im Matsch zertrampeln? Frenger tüftelte einige Monate und fand die optimale Lösung. Seine selbst konstruierten Raufen fassen ganze Quaderballen und sind mit dem Frontlader leicht zu befüllen. Ein großes Dach bietet Wetterschutz, Metallgitter an den Seiten gewähren fressenden Pferden freie Rundumsicht, und eine Fressbremse auf dem Ballen reduziert Fresstempo und Heuverluste.

Auch hier hat Frenger die Konstruktion schon wieder verbessert: „Anfangs waren die Fressbremsen aus stabilen Metallgittern“, erzählt der Stall-Tüftler. Die funktionierten gut und waren sehr haltbar. Aber bei der jährlichen Zahnkontrolle stellte der Tierarzt fest, dass einige Pferde ihre Schneidezähne an den Gittern übermäßig abwetzten. „Also stellen wir nun auf Metallrahmen um, die wir mit Heunetzen bespannen. Nach zwei Monaten ist so ein Netz durchgescheuert und muss ersetzt werden. Das ist zwar etwas aufwändiger und teurer, schont aber die Zähne.“

Schallschutz für Pferde

Selbst an die Nerven der Pferde hat Frenger beim Stallbau gedacht. Die Wellblechdächer der Raufen sind ebenso wie die Dächer aller anderen Gebäude in den Stallbereichen schallisoliert: „So wird es auch bei starkem Regen nicht besonders laut und die Pferde bleiben entspannt“, sagt Michael Frenger.

Für Ruhe sorgt auch, dass die Funktionsbereiche in den Laufställen klar getrennt sind. Die Raufen stehen frei, die Tränke ebenfalls, und in den dick mit weichem Sand eingestreuten Liegehallen findet sich nichts Essbares. Und warum liegt Sand in den Pferdebetten, nicht Späne oder Gummimatten? „Die Pferde liegen hier gerne und viel. Und sie machen wenig Dreck in den Liegebereichen. Ist der Sand dann doch mal verschmutzt, tauschen wir ihn einfach aus.“

Bei der Einstreu konnte Frenger, wie bei vielen anderen Fragen auch, aus langer Erfahrung mit eigenen Vierbeinern schöpfen. Auf dem Heinrichsof gab es schon immer Pferde. Heute besitzt Familie Frenger acht Tiere in einem separaten Laufstall. Sie sind einerseits ein reines Hobby. Andererseits dienen sie immer wieder als Versuchskaninchen für den Pensionsbetrieb. „Erst wenn sich etwas bei unseren Pferden bewährt hat, schaue ich, ob es sich auch im ganzen Betrieb umsetzen lässt“, sagt Frenger.

Dabei kommt ihm zugute, dass er fast alles auf dem Hof selber macht. 90 Prozent des Heus stammen von 30 eigenen Hektar Grünland. Die Ställe hat er mit seinem Team alleine hochgezogen. Und wenn es irgendwo klemmt, legt er möglichst selbst Hand an.

Selbstgebastelt wirkt der klar strukturierte und aufgeräumte Heinrichshof dennoch nicht. Schmuddelecken haben keine Chancen, Frenger setzt konsequent auf Offenheit: Dicke Mauern und dunkle Ecken sucht man in den Laufställen und auch auf der restlichen Anlage fast immer vergebens. Stattdessen bestimmen luftige Panels und Windschutznetze das Bild.

Offen sind auch die Weiden. Innerhalb der Weidesaison können die Pferde rund um die Uhr rein und raus. Nur der Besitzer und die Tor-Technik stehen zwischen Pferd und Gras. Schleusen an den Kraftfutterstationen lesen einen Chip in der Pferdemähne und geben den Weg ins Grüne je nach Voreinstellung frei oder nicht. Weil Frenger angrenzendes Land dazu pachten konnte, stehen den Pferden für die Saison 2014 insgesamt acht Hektar Fläche zur Verfügung.

Dass sich auf dem Weg dorthin selbst bei größtem Schmuddelwetter keiner schlammige Füße holt, darauf ist Frenger besonders stolz. „Bei uns ist alles befestigt. Nicht nur in den Laufställen und Paddocks, auch auf allen anderen Wegen der Anlage liegen Kunststoffraster auf Lavagrund. Gummistiefel braucht hier keiner mehr.“

Solche Investitionen lohnen sich für Frenger. Die drei Hektar, auf denen seine Reitanlage steht, gehören ihm selbst. Was er ins Gelände steckt, bleibt ihm erhalten. „Ich habe den Hof als ckerbaubetrieb vor 25 Jahren von meinen Eltern übernommen. Pferde waren bis 2010 nur unser Hobby.“ Aus dem Wunsch nach einer Reithalle und der Frage, ob man Pferde nicht auch im Pensionsstall ihren Bedürfnissen entsprechend halten könnte, wurde in drei Jahren Planungs- und Bauzeit ein verwirklichter Traum.

Allerdings mit Hindernissen: „Es war gar nicht so leicht, von den Banken Kredite für einen neuen Pensionsstall zu bekommen. Denn davon es gibt in dieser Gegend schon recht viele“, erzählt Frenger. „Letztlich kam uns zugute, dass unser Konzept sich stark von den hier üblichen Reitanlagen mit Boxenhaltung unterschied.“

Das zeigen auch Frengers Kunden. Zu ihm kommen engagierte Freizeit- und Sportreiter, die ihre Pferde als Partner sehen. Schleifenjäger, die Pferde wie Motorräder behandeln, findet man dagegen nicht. Darüber ist Frenger froh: „Das Wohl der Pferde steht klar vor dem reiterlichen Erfolg.“

Dennoch bietet die Anlage alles, was man für effektives und gesundes Pferdetraining braucht. Reithalle, Außenplatz und Longierplatz erlauben den Reitern, sich mit ihren Pferden bei jedem Wetter vielseitig zu beschäftigen. Und obwohl der Heinrichshof stadtnah in dicht besiedeltem Gebiet liegt, kann man direkt vom Hof auch ausgiebig ins Gelände reiten.

Selbst Pferde, die mit einem Leben in der Herde nicht klarkommen, haben hier einen Platz. In 15 offenen Panel-Boxen mit Paddock schlüpfen die unter, die sich mit ihren Kollegen nicht vertragen oder deren Gesundheit keine völlig freie Bewegung erlaubt. In den ehemaligen Guts- und Wirtschaftsgebäuden des Hofs finden auch Menschen ihr Dach über dem Kopf. Die 13 neu renovierten Wohnungen sind zurzeit jedoch alle vermietet.

Auch Pferdebesitzer müssen sich darauf einstellen, dass ihr Vierbeiner nicht sofort auf den Heinrichshof umziehen kann. Boxen und die Stutengruppen sind aktuell voll, nur in der Wallachgruppe gibt es noch freie Plätze. Das passt doch wieder ins Bild: Jungs lassen auf dem Bolzplatz ja auch meistens jeden mitspielen, der will. Die Mädchen bleiben dagegen in ruhigen Ecken oft lieber unter sich und klönen.

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Melanie Tschöpe
Im großen Laufstall können bis zu 40 Wallache leben. Die Gitterwände der Heuraufen gewähren freie Rundumsicht.

Eckdaten

Kontakt: Aktivstall Heinrichshof,
Heinrichshofweg 6,
50769 Köln,
Tel. 0221-706529,
E-Mail: info@heinrichshof.net
Haltung: HIT-Aktivstall und Paddock-Boxen
Anlage: Reithalle 30x60 Meter (teilüberdacht), Außenreitplatz 20x60 Meter (Flutlicht), quadratischer Longierplatz (Picadero) 20x20 Meter
Preis: 420 Euro pro Monat, alles inklusive außer Kraftfutter
Freie Plätze: einige für Wallache; Boxen und Stuten auf Anfrage
Videos pferdefreundlicher Ställe unter: www.cavallo.de/stallrunde

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10 / 2023

Erscheinungsdatum 13.09.2023