So haben Kinder der 90er Reiten gelernt - plus Umfrage!

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So haben Kinder der 90er reiten gelernt

Zuletzt aktualisiert am 26.12.2023
Mädchen mit Samtreitkappe
Foto: Lisa Kling / GettyImages

Wer Pferde liebt, tut manchmal schon ein klein wenig verrückte Dinge. Während normalsterbliche Jugendliche in den 90ern auf ihren Tamagotchis herumdaddelten, die Leitung der Eltern mit stundenlangen Telefonaten belegten oder flapsig Kaugummiblasen machten, begaben sich junge Reiter freiwillig in eine Art Blase des Militärdrills. "Wer sich nicht unterordnen wollte, konnte gehen", erinnert sich CAVALLO-Redakteurin Ute Stabingies. Schier endloses Traben mit überschlagenen Bügeln und das gefürchtete Aufschließen an die Abteilung im Galopp spüren die CAVALLO-Redakteurinnen als Reitkinder der 90er noch heute lebhaft in Beinen, Hintern und Herz.

Samtreitkappen, Cord und Karo lagen im Trend

Außen samtig, innen hart: Die alten Reitkappen waren alles andere als bequem. Die starren Deckel drückte man sich erst kurz vorm Aufsitzen mit sanfter Gewalt aufs Haupt. Das Gummiband unterm Kinn schnitten Reiter, die etwas auf sich hielten, einfach ab. Dadurch landeten Helme oft schon am Boden, bevor der Reiter aufschlug. Sicher war das nicht. Ende der 80er-Jahre kam die erste verbindliche Norm: Helme hatten nun eine 3-Punkt-Befestigung, dickere Schalen und oft einen Kinnschutz aus Plastik, unter dem man ordentlich schwitzte. Dafür blieb der Kopf durch erste Luftlöcher etwas kühler. Frischer Nebeneffekt: im Helm müffelte es nicht mehr so schnell.

Anfang der 90er-Jahre kamen bei Reithosen Erd- und Naturtöne wie Mais oder Bordeaux in Mode – und dann die Zeit der Karo-Hosen, die bis Anfang der 2000er-Jahre dauerte. Lange sehr beliebt: Cord-Stoff, der im Winter gut wärmte. Bis in die 90er hinein gab es noch Bundfalten. Dann wurden die Stoffe elastisch und die Schnitte enger. Der Bund rutschte bei Damen bis fast zu den Rippen, um später auf die Hüfte zu wandern. Und wer in den 90ties ganz modebewusst war, machte einfach blau: Von Kopf bis Fuß in Jeans gekleidet, bewies man Style.

Lust auf Retro-Feeling im Sattel bekommen? Einige gute alte Reithosen-Schätze gibt es auch heute noch:

"Ustinov, Hacken tief"

Auch wenn Hosen und Reitkappen schon weich waren: Die Reitlehrer waren oft noch aus einem anderen Holz geschnitzt – und die Schulpferde hatten oft Flausen im Kopf – bei den damaligen Haltungsbedingungen auch kein Wunder. "Es gab immer bestimmte Schulpferde, die keiner reiten wollte", erinnert sich Nadine Szymanski. Und Barbara Böke hat noch die folgenschweren "Stehtage" im Kopf. "Das war immer montags. Am Dienstag ging’s also in den Reitstunden ab." Auch dazu gehörten gebetsmühlenartig wiederholte Korrekturen, ein paar haben sich Redakturin Natalie Steinmann wohl für immer eingebrannt: "locker in der Mittelpositur", "viiieeel zu lange Fahrleinen" oder "entweder du führst dein Pferd (= im Sattel), oder du führst (= zu Fuß)".

CAVALLO widmete 1998 einer Studie zu Reitlehrern einen großen Artikel. Dort hieß es: "Noch immer werden viele Schüler nur mit dem Namen ihres Pferds angesprochen. Das ist Unterricht wie zu Kaisers Zeiten." Und: "Auch im Unterricht der 90er-Jahre erstirbt jeder Dialog, sobald der Reitlehrer das Kommando zum Aufnehmen der Zügel gibt."

Eine harte Schule war das damals. CAVALLO testete ab der zweiten Ausgabe im Jahr 1996 schon Reitschulen und bekam dabei so einiges um die Ohren. Ein kleines Best-of aus den alten Ausgaben:

Die besten Reitlehrer-Sprüche aus den Reitschultests der 90er

  • "Fahrt ihr Tretroller, oder was?"
  • "Na, schon runtergefallen? Das gehört dazu."
  • "Hacken runter, Hände ruhig, Ecken ausreiten!"
  • "Keine Angst, dein Pferd muss nur seine Schmetterlinge im Bauch loswerden. Das hört gleich auf."
  • "Du sollst nicht reden, sondern reiten!"
  • "Ich hab euch schon tausendmal gesagt, dass ihr in der Abteilung eine Pferdelänge Abstand halten sollt."
  • "Jetzt galoppier auch mal. Aber pass auf, dass er das Buckeln nicht wieder anfängt."

Über den rauen Ton im Unterricht hinweg tröstete manche Reitanfänger der samtweiche Bezug der ersten eigenen Reitkappe. Und natürlich das Lieblingsschulpferd. Eines ist klar: Missen möchten die wenigsten die Jugendzeit im Stall.

Und Ihr? Wie war euer früherer Reitunterricht? Hier könnt Ihr's uns sagen: