Der Galopp ist ohne Zweifel die schönste Gangart. Dynamisch stoßen sich die Hufe vom Boden ab, das Pferd nimmt den Reiter rhythmisch mit, beide schweben scheinbar mühelos dahin. Wer das einmal gefühlt hat, den lässt dieser Traum vom Fliegen so schnell nicht mehr los. Ein toller Galopp hat echtes Suchtpotenzial.
Gesucht: gute Koordination, Kraft und Balance
Doch der Weg dahin ist oft steinig. Denn der Galopp ist auf Grund seiner Fußfolge eine knifflige Gangart für Vierbeiner. Dafür benötigt das Pferd eine gute Koordination, kräftige Muskeln und Balance. Ein harmonischer, versammelter Dreitakt fordert dabei den gesamten Pferdekörper: Der lange Rückenmuskel dehnt sich und schwingt.
Galopp ist Körper- und Kopfsache
Im Sattel fühlt sich der Dreitakt so an, als ob eine Welle durchs Pferd geht. Das Becken kippt ab, die Kruppe senkt sich und die Hinterhand nimmt vermehrt Last auf. Nur so schwingt das Hinterbein weit nach vorn Richtung Schwerpunkt. Und obendrein ist Galoppieren Kopfsache: Die schnelle Gangart erfordert ein gelassenes Gemüt von Pferd und Reiter.
Sechs Galopp-Probleme sind typisch, wenn es bei Kopf oder Körper hakt:
- Manche Pferde springen nicht richtig durch,
- sie springen falsch oder
- sie springen gar nicht an.
- Andere galoppieren auf der Vorhand,
- werden hektisch und rennen davon, oder
- die Tiere können den Galopp nicht halten und springen ständig um.
Deshalb bleiben viele Reiter auf dem harten Boden der Tatsachen, statt im Traumgalopp zu schweben.
Für jedes dieser Probleme gibt es jedoch maßgeschneiderte Lösungen – vorausgesetzt, die folgenden Faktoren stimmen:
- Das Pferd sollte fit und durchlässig sein, um seinen Körper im Gleichgewicht halten zu können.
- Ein guter Galopp gelingt nur, wenn der Reiter mit präzisen, eindeutigen Hilfen arbeitet. Das erfordert einen elastischen Sitz, der das Pferd nicht in seiner Bewegung behindert.
- Schließen Sie aus, dass Ihr Pferd gesundheitlich beeinträchtigt ist. Oft sind Probleme mit Zähnen, Hufen oder dem Bewegungsapparat die Ursache, warum Pferde nicht richtig in Schwung kommen.
- Unpassendes Equipment wie ein kneifender Sattel führt zu Schmerzen, Fehlhaltungen und damit zu Galopp-Problemen.
Das Pferd springt nicht richtig durch – Kraft und Vorwärtsdrang fördern
Manche Pferde lassen im Galopp die Beine hängen, wirken träge. Eine Ursache: Sie werden zu früh zu langsam galoppiert, was sie noch gar nicht ausbalancieren können.
"Das ist beispielsweise bei vielen Westernpferden der Fall", beobachtet Anna Gürlich, Westerntrainerin aus Rednitzhembach/Bayern (www.anna-guerlich.de). Damit das Pferd in Schwung kommt, fordert sie vorm Angaloppieren bereits im Trab viele Übergänge und Tempowechsel. Diese kombiniert sie mit häufigen Richtungswechseln am leicht angenommenen Zügel und treibenden Schenkel. "So reite ich das Pferd mit aktiver Hinterhand über den Rücken."
Auf den Punkt gerittene Tempowechsel helfen ebenso, wenn das Pferd im Viertakt traloppiert statt galoppiert. "Ich bevorzuge dann Dreierketten im Galopp", sagt Klassik-Ausbilder Richard Hinrichs aus Fuhrberg/Niedersachsen (www.bfkbr.de). "Ich wechsele zwischen drei stark versammelten und drei Sprüngen im freien Vorwärts hin und her." Der Clou: Das Pferd merkt sich die Bewegungsabläufe, verliert aber nicht zu viel Energie.
Das Pferd springt nicht richtig durch – Galopp im Gelände
Draußen galoppieren Pferde gerne und freier.
Vor allem wenn es leicht bergauf geht, werfen die meisten Vierbeiner ganz von selbst den Motor an und springen besser durch.
Regelmäßige Ausritte eignen sich deshalb prima, um träge Galopper spielend leicht zu motivieren.
Das Pferd springt nicht an – Reiterhilfen überprüfen
Rast der Vierbeiner im Stechtrab weiter oder vollführt Bocksprünge, statt punktgenau in den Galopp überzugehen, stecken oft unsaubere oder übertriebene Reiterhilfen dahinter.
"Viele Reiter setzen den äußeren Schenkel zu stark oder zu abrupt ein, oder sie haben im Vorfeld schlicht versäumt, ihrem Pferd die Bedeutung der Sitz- und Schenkelhilfen zu erklären", sagt Tuuli Tietze, Dressurausbilderin aus Langelsheim/Niedersachsen (www.smartreiten.de).
Aus dem leichten Drehsitz heraus bringt das impulsartig vorschwingende Becken im Zusammenspiel mit dem inneren Schenkel das Pferd in den Galopp. Legen Sie den äußeren Schenkel nur leicht nach hinten, eine Handbreit sollte genügen.
Das Pferd springt nicht an – Volte zur Vorbereitung
Reiten Sie vor dem Angaloppieren eine saubere Volte, sitzen Sie automatisch richtig, um Ihr Pferd auf den ersten Sprung vorzubereiten.
Klemmende Schenkel und ein steifer Sitz blockieren die Bewegung des Pferds. Versuchen Sie deshalb, aufrecht, elastisch und mit locker mitschwingendem Becken im Sattel zu sitzen.
Das Pferd springt nicht an – Galopphilfe besser konditionieren
Ein deutliches Stimmsignal unterstützt die Reiterhilfen, etwa ein Kussgeräusch oder ein eindeutiges Kommando, zum Beispiel "Achtung Gaaaa-lopp".
Das üben Sie am besten zur Vorbereitung an der Longe oder im Roundpen ein.
Das Pferd springt nicht an – Koordination und Kraft verbessern
Kommt aus der Hinterhand nicht ausreichend Energie, weil das Pferd nicht genug Kraft hat, gelingt kein sauberes Angaloppieren. Schalten Sie einen Gang zurück in einen ruhigen Trab; halbe Paraden und Tempounterschiede bewirken, dass sich das Pferd mehr auf die Hinterhand setzt.
Im Anschluss empfiehlt Tuuli Tietze die "Spirale in Außenstellung". Diese Übung mobilisiert, stärkt und aktiviert die Hinterhand, bereitet Ihr Pferd besser auf den Übergang vor: Reiten Sie einen Zirkel im Trab; bringen Sie Ihr Pferd in Außenstellung und verkleinern Sie den Zirkel, dann stellen Sie das Pferd um und vergrößern den Zirkel vom inneren Schenkel weg. Wenn Sie wieder auf der äußeren Zirkellinie angekommen sind, Galopphilfe geben.
Das Pferd springt nicht an – Reaktion verbessern
Eine weitere wichtige Voraussetzung für kraftvolles Angaloppieren ist, dass Ihr Pferd präzise auf treibende Hilfen reagiert.
Richard Hinrichs rät: "Üben Sie häufiges Antraben aus dem Halten oder Rückwärtsrichten. Das trainiert Koordination und Kraft, so dass das Pferd schneller reagieren kann."
Fortgeschrittene können mit Übergängen zwischen Schulterherein, Schenkelweichen und Travers die Durchlässigkeit fördern. Das schult die Feinmotorik:
"Das Pferd muss häufig erst ein Gefühl für den eigenen Körper bekommen, damit es sauber angaloppieren kann", so Hinrichs. Durch das Übertreten wird bei zu eiligen Pferde außerdem der Raumgewinn verkürzt, ohne dass der Reiter mit den Zügeln gegenhalten muss.
Das Pferd springt nicht an – Druck rausnehmen
Widersetzt sich das Pferd beim Angaloppieren, kann es durchaus sein, dass es Stress hat. Etwa weil es mental oder körperlich mit der Situation überfordert ist.
Gönnen Sie ihm dann häufiger Pausen, damit es sich erholen kann. Zu viele Lektionen in schneller oder verwirrender Abfolge beispielsweise überfordern gerade junge Vierbeiner.
"Oft werden die Pferde beim Angaloppieren zu stark zusammengestellt", erklärt Tuuli Tietze. "Die Reiter treiben zu viel, halten die Tiere vorne fest. Das Pferd fühlt sich eingezwängt, kann nicht frei aus der Schulter heraus nach vorn-oben anspringen."
Richard Hinrichs rät ebenfalls dazu, die Pferdenase deutlicher vor der Senkrechten zu halten. Vor allem bei Pferden mit kurzen Hälsen und engen Ganaschen steht der Körper sonst zu sehr unter Spannung. Sauberes Angaloppieren gelingt besser mit einem freien Hals.
Das Pferd springt falsch an – Position beim Angaloppieren verbessern
Idealerweise sollte das Pferd aus einem leichten Schultervor angaloppieren: leicht nach innen gestellt, das innere Hinterbein tritt zur Körpermitte unter den Schwerpunkt.
Tipp: Reiten Sie in einem leichten Drehsitz. Ihre Hüften rotieren leicht, die Schultern deutlicher nach innen, während die Schenkel das Pferd sanft einrahmen. Das Becken schwingt geradeaus, unterstützt das Vorwärts.
Reiten Sie nun einen Zirkel im Trab und lassen Sie das Pferd in Außenstellung vom äußeren Schenkel wegweichen. Stellen Sie das Pferd um, leiten Sie eine Volte nach innen ein.
Auf diese Weise reiten Sie das Pferd korrekt an den äußeren Zügel und können ein korrektes Schultervor einleiten.
Das Pferd springt falsch an – Leichtigkeit für Jungpferde
Tuuli Tietze rät: "Machen Sie es Ihrem Youngster anfangs bequem, indem Sie aus einem angedeuteten Travers angaloppieren."
Dabei verschiebt das Pferd die Hinterhand nach innen, das innere Hinterbein kann am Schwerpunkt vorbeispringen, nimmt noch nicht zu viel Last auf. Die Innenbiegung verhilft zum richtigen Galopp.
"Häufig missverstehen ungeübte Pferde den inneren Schenkel als seitlich treibende Hilfe, kippen hinten nach außen, springen falsch ein", so Richard Hinrichs. Erst wenn das Pferd die Bedeutung des inneren Schenkels verstanden hat, sollten Sie das Pferd beim Angaloppieren geraderichten.
Pferd galoppiert auf der Vorhand – Selbsthaltung verbessern
Taucht das Pferd mit der Vorhand ab, steckt oft das ominöse "fünfte Bein" dahinter. Damit ist eine zu starre Zügelverbindung gemeint, auf der sich das Pferd wie auf einem zusätzlichen Bein abstützt.
Das Gegenmittel ist einfach: Reduzieren Sie die Zügelhilfen so weit wie möglich und achten Sie auf promptes Annehmen und Nachgeben. So verhindern Sie, dass das Pferd sich auf Ihrer Hand abstützt und die Schulter nicht aus eigener Kraft oben hält.
Tuuli Tietze empfiehlt außerdem viele Tempowechsel von einem "Schlurftrab" in einen "Energietrab" und umgekehrt: Lassen Sie den Trab gedanklich in den Schritt zerfließen.
Kurz bevor das Pferd zum Schritt übergeht, fordern Sie es auf, wieder energisch vorwärts zu traben. Das kräftigt die Hinterhand und verbessert die Selbsthaltung.
Pferd galoppiert auf der Vorhand – Schulter anheben
"Jedes Mal, wenn das Pferd im Galopp schwer auf der Vorhand wird, biege ich sofort im 90 Grad-Winkel nach innen ab, gerne auch ein paar Mal hintereinander, bis ich merke, dass das Pferd vorne leichter wird", sagt Westerntrainerin Anna Gürlich.
Vor und nach dem Abbiegen können Sie außerdem Übergänge in den Schritt oder zum Anhalten einbauen.
Das Pferd rennt davon – Pferd vor die treibenden Hilfen bringen
"Das Pferd muss verstehen, dass der Schenkel nicht nur eine treibende, sondern auch eine versammelnde Funktion hat", erklärt Anna Gürlich.
Versuchen Sie dazu, das Pferd leicht in den Zügel hineinzutreiben. Wird es schneller, anstatt sich rund zu machen, biegen Sie sofort auf eine Volte ab und treiben vermehrt mit dem Schenkel, bis das Pferd ruhiger wird. Dann den Schenkeldruck reduzieren und von vorne beginnen.
"Manchmal ist es sinnvoll, dies zunächst im Trab zu üben, wenn das Pferd im Galopp zu sehr vom Schenkel gestresst ist und wegrennt, weil es mangelnde Balance mit hohem Tempo auszugleichen versucht."
Tuuli Tietze rät: "Reiten Sie viele Übergänge vom Galopp in den Schritt oder zum Halten, und entwickeln Sie das Angaloppieren jeweils zur geschlossenen Zirkelseite hin." Das bremst das Pferd auf natürliche Weise aus. Auch das Durch-den-Zirkel-wechseln hilft dabei: Parieren Sie zum Trab durch, wechseln Sie die Hand und galoppieren von neuem an, einige Sprünge bewusst zulegen, aufnehmen, durchparieren, wieder durch den Zirkel wechseln und so weiter.
Galoppiert Ihr Pferd zu flott, lassen Sie es im Galopp dem äußeren Schenkel weichen. Denn beim Übertreten verringern sich Sprungfrequenz und Raumgewinn, damit wird der Vorwärtsschwung des Pferds regulierbar.
Das Pferd springt häufig um – Balance verbessern
Können Pferde den geforderten Handoder Außengalopp nicht über eine längere Strecke halten, sind sie meistens nicht in der Lage, ihren Körper exakt auszubalancieren.
Das schulen Sie, in dem Sie die Galoppsequenzen anfangs nur sehr kurz gestalten und Wert darauf legen, dass die Galoppsprünge sauber ausgeführt werden. Gelingt das, belohnen Sie Ihr Pferd sofort mit einer kurzen Pause.
Auch Schenkelweichen vorab hilft dem Pferd, seine Gliedmaßen besser unter Kontrolle zu bekommen: Vergrößern Sie das Viereck vom dritten auf den ersten Hufschlag im Schenkelweichen.
Dort angekommen entwickeln Sie aus einem leichten Schultervor den Handgalopp. Nach ein paar Sprüngen durchparieren zum Trab, das Viereck bis zum dritten Hufschlag verkleinern und aus dem Konterschulterherein einige Sprünge Außengalopp entwickeln.
Übergang zum Trab und die Übung von vorn beginnen.
Das Pferd springt häufig um – Schonhaltung für Youngster
Hat ein junges Pferd Probleme, mit der Hinterhand im Handgalopp zu bleiben, können Sie ihm auf diese Weise helfen: Stellen Sie die Kruppe leicht nach innen, so kann das innere Hinterbein ohne große Anstrengung am Schwerpunkt vorbeispringen.
Wenn es mit der Zeit gelernt hat, sich auszubalancieren, wird das Jungpferd den Galopp halten, ohne umzuspringen.