Auf einem Reitplatz in der Nähe von Pforzheim geht es heute bunt zu. Der Grund: Ronja Rübelmann, 27, Ausbilderin und Herstellerin von Trainingselementen, ist zu Gast und wird mich und meine beiden Pferde durch bunte Gassen aus Poolnudeln, Bällevorhänge, Flatterbälle und Flatterbänder coachen. Wir wollen Gelassenheitstraining mit Dressuraufgaben und Bodenarbeit kombinieren und herausfinden, wie das meine beiden Pferde so finden.

Introvertrierte Seniorin und etwas träger Musterschüler
Mit an Bord ist die 28-jährige Reitponystute Pandora. Sie ist eher wenig verspielt, sehr introvertiert und im Gelände ein Verlasspferd.
Ebenfalls mit dabei ist mein Pflegepferd Falco, ein 17-jähriger Spanier-Wallach, der viele Lektionen wie Seitengänge oder Fliegende Wechsel beherrscht und rittig ist. Ihm fehlt aber oft der Vorwärtsdrang und er ist nicht ganz so leicht zu motivieren. Können wir den trägen Schimmel im Bällebad aus der Reserve locken?
Hindernisse selbst gebaut
Bevor es ans Training geht, bauen wir die Hindernisse auf, die Ronja Rübelmann selbst entwickelt hat und in ihrem Online-Shop (www.lucky-horse-shop.de) verkauft. "Meine eigene Stute brachte mich darauf", erzählt sie. "Sie war sehr schreckhaft und ich begann mit Planen und Schirmen zu arbeiten. Doch schnell war uns das zu langweilig und ich war auf der Suche nach neuen Hindernissen. Da ich keine auf dem Markt fand, baute ich eigene. So entstanden die Poolnudel-Vertrauensgasse, der Flattervorhang und das Bälletor."
Alle Trainingselemente lassen sich im Nu in normale Hindernisständer einhängen und miteinander kombinieren. "Immer mehr Reitkollegen fragten, ob ich das auch für sie basteln könne. So entstand meine Geschäftsidee", erinnert sich die junge Frau, die zuvor Betriebswirtschaftslehre studierte und zwei Jahre in der Autoindustrie in diesem Job gearbeitet hat. Noch vor dem Studium hatte Ronja Rübelmann einige Zeit auf einer Farm in Kanada gelebt, wo sie Natural Horsemanship lernte.

Nach Dressur, Springen, Rallyes und Wanderritten jetzt auf dem Spielplatz
Ronja Rübelmanns Trainingselemente kommen in vielen Bereichen zum Einsatz: Beim Gelassenheitstraining, Horse Agility oder Trail. Ob die bunten Hindernisse auch für eine Pferdeseniorin interessant sind, darf nun Pandora testen. Ich habe meine Stute selbst ausgebildet und sie musste schon für viele Disziplinen herhalten.
Anfangs ritt ich vor allem Dressur, ein bisschen Springen oder ritt aus. Später war ich mit ihr auf Wanderritten, Reiterrallyes oder Kursen. Seit sie älter ist, machen wir viel Bodenarbeit, klassische Handarbeit, Langer Zügel oder Freiheitsdressur. Ob wir mit den bunten Hindernissen ihren Spieltrieb wecken können?

Die Vertrauensgasse simuliert Engpässe
"Beim Training mit Hindernissen arbeiten die Pferde viel mit dem Kopf, bekommen neue Reize und Herausforderungen", erklärt Ronja Rübelmann. "Gerade für ältere Pferde ist das toll, wenn man sie fit halten, aber körperlich nicht mehr so belasten möchte." So wie Pandora, die nun vor der Poolnudel-Vertrauensgasse steht und sofort die bunten Schaumstoffstangen untersucht, an denen Glöckchen hängen.
"Für Pferde sind ja Engpässe generell ein Problem, weil sie als Fluchttier Angst haben, nicht wegzukönnen. Ein klassischer Engpass ist der Pferdehänger", erklärt die Trainerin. Pandora darf so lange untersuchen, wie sie möchte. Ich bin überrascht, wie ausdauernd sie sich damit beschäftigt. Dann darf ich sie durch die Gasse schicken.
Die ist sehr eng gestellt: Mit Kopf und Vorhand ist das kein Problem für sie. Als die Poolnudeln jedoch ihren Bauch und die Hinterhand streifen, eilt Pandora durchs Hindernis, dreht dann aber um und untersucht sofort wieder. "Sehr schön! Obwohl Pandora erst etwas Angst hatte, beschäftigt sie sich gleich wieder mit den Poolnudeln", sagt die Trainerin Ronja Rübelmann. "Genau so soll es sein. Die Pferde lernen bei dieser Übung, trotz Angst zuzuhören."

Ruhig stehenbleiben statt durchhetzen
Unsere Aufgabe ist es nun, im Hindernis stehenzubleiben. Was leicht klingt, wird zur Geduldsprobe. "Hol’ sie immer einen Schritt vor, dann anhalten", sagt Rübelmann, die ein sehr gutes Gespür dafür hat, was Pandora gerade braucht. Pandora kommt zwar vor, weicht dann aber gleich wieder nach hinten aus oder geht einfach durch, ignoriert mich und hört nicht mehr zu.
Wir arbeiten uns in Scheibchen-Taktik Schritt für Schritt voran. Immer wieder darf Pandora zwischendurch als Belohnung eine Runde ums Hindernis gehen oder bekommt eine Pause außerhalb der Gasse.
2. Station: Das Bälletor
Nachdem wir die Vertrauensgasse bewältigt haben, geht es zum Bälletor. Hier hängen mehrere Bälle an einem Seil. Sie sind so stabil, dass die Pferde reinbeißen können. Pandora untersucht sie kurz und stapft gelassen durch. Für sie war der seitliche Engpass in der Gasse eine größere Herausforderung und so können wir im Bälletor gleich Übungen wie Rückwärts oder Anhalten einbauen.
Weil es so gut klappt, stellen wir zum Schluss noch unsere Freiarbeit unter Beweis und machen das Knotenhalfter ab. Ich bin gespannt, wie gut es funktioniert, denn ab und zu verliere ich Pandora noch beim Liberty. Doch durch die gute Vorarbeit an den anderen Hindernissen ist sie voll auf mich fokussiert und folgt am unsichtbaren Band.
Sie hört so gut zu, dass ich sie unter den Bällen anhalten kann und sogar im Trab folgt sie mir auf Schritt und Tritt. "Ich glaube, damit können wir sie für heute entlassen", schlägt Ronja Rübelmann vor. Dann ist der Schimmel unterm Sattel an der Reihe.

Falco hüpft im Gelände auch mal zur Seite
Bei ihm kann ich im Vorfeld schlecht einschätzen, wie er reagieren wird. Da ich ihn erst seit etwa zwei Jahren reite, kennen wir uns noch nicht so gut. Beim Ausreiten ist er zum Teil recht schreckhaft – gerade was große Fahrzeuge wie LKW oder Traktoren angeht. Da kann er schon mal zur Seite springen. Auf dem Reitplatz ist er je nach Tagesform eher faul und braucht etwas Zeit, bis er in Fahrt kommt. Er erinnert mich oft an einen alten Diesel, der erst einmal warmlaufen muss. Ob wir ihm mit den bunten Hindernissen wohl schnellere Beine machen können?
Doch bevor ich in den Sattel steige, darf sich Falco die Hindernisse anschauen. Auch er ist sehr interessiert und schnuppert an der Vertrauensgasse. Ich darf aufsteigen. Falco ist vom Sattel aus ruhiger als Pandora, lässt sich auch in der Gasse anhalten und wieder rückwärts rausreiten. Also gibt es für ihn neue Aufgaben: Im Seitwärts um die Gasse herum und dann rein und halten. Danach darf ich ein paar Runden traben. Falco wirkt motivierter als sonst und geht fleißig los. Er scheint Spaß an unserer Arbeit zu haben.

Der Flatterball zieht Falco magisch an
Wir erhöhen den Reiz und arbeiten mit dem Flatterball. Er hängt an einem langen Seil, raschelt durch die Flatterbänder und klingelt durch die Glöckchen, die daran hängen. "Wenn wir das erste Mal damit arbeiten, lassen wir das Pferd den Ball verfolgen", erklärt Ronja Rübelmann und läuft vor Falco voraus. "Wenn der Ball ‚wegläuft‘, stärkt es das Selbstvertrauendes Pferds und der Reiz ist weniger gruselig", erklärt die Trainerin. Ich muss überhaupt nicht treiben, der Ball zieht Falco magisch an, er spitzt die Ohren und senkt den Kopf.
Dann darf ich den Ball selbst in die Hand nehmen und ihn hinter uns herziehen. Falco weicht aus, wenn der Ball zu sehr seitlich kommt. Ist der Ball direkt hinter ihm, stört es ihn nicht. Da es gut klappt, bekomme ich eine neue Aufgabe: Ich soll Falcos Vorhand drehen lassen, die Hand hochnehmen und mein Pferd unter dem Seil wenden lassen. "Wie beim Garrochareiten", erklärt Ronja Rübelmann. Da Falco sich sehr gut einhändig wenden lässt, macht das enormen Spaß!

Achten reiten mit dem Bälletor
Zum Schluss geht es für den Schimmel noch ans Bälletor. Ich soll es als Mittelpunkt nutzen, um Achten zu reiten. "Im Bälletor verlangst du immer etwas anderes", schlägt Rübelmann vor. "Mal reitest du durch, mal hältst du an, mal machst du einen Übergang." So lassen sich die Hindernisse gut in eine Dressurstunde integrieren. Falco ist sehr motiviert und hört mir zu. Ich habe das Gefühl, dass er geradezu auf neue Aufgaben wartet.
Ich kann mir die Trainingselemente sehr gut bei der Arbeit mit Jung- oder Problempferden vorstellen. Das Training fördert das Vertrauen und die Bindung zum Pferd. Voraussetzung für das Training ist, dass sich die Pferde gut führen lassen und den Reiter nicht anrempeln. Da das Timing von Druck und Nachgeben dabei enorm wichtig ist, ist es für unerfahrenere Reiter besser, mit einem Trainer zu arbeiten.
Fazit: Mehr Kopfarbeit = mehr Schwung
Diese Trainingselemente sind gut durchdacht und man merkt, dass sie praxiserprobt sind: Der Aufbau ist sehr leicht und unkompliziert. Für meine Pferde haben sie Schwung ins Training gebracht und neue Reize gesetzt. Falls meine ältere Lady mal nicht mehr reitbar sein sollte, kann ich sie damit kopfmäßig sehr gut auslasten.
Für den eher trägen Schimmelwaren die bunten Hindernisse eine tolle Motivation, die ich jetzt häufiger einbauen werde. Er findet pures Lektionenreiten einfach zu langweilig und hatte Spaß, als es auf dem Reitplatz so richtig bunt zuging.