Hahnentritt bei Pferden: Ursachen & Symptome

Medizin-Kompendium: Was hilft bei Hahnentritt?
Hahnentritt: Ursachen, Diagnose & Behandlung

Zuletzt aktualisiert am 03.09.2024
Medizin-Kompendium Hahnentritt
Foto: Schönewald

Was ist Hahnentritt beim Pferd?

Beim Hahnentritt unterscheiden Tierärzte zwei Formen: Der idiopathische Hahnentritt geht vermutlich von den Nerven aus (neurogen). Entzündete Neurone der Hintergliedmaßen oder Veränderungen der Schaltneuronen im Rückenmark kommen als Auslöser in Frage.

Auch Störungen der Golgi-Sehnenorgane könnten verantwortlich sein. Das sind Rezeptoren, die Spannungsveränderungen der Sehne registrieren. Sie können als Schutzinstanz das Zusammenziehen des zugehörigen Muskels hemmen (Kontraktion), falls sich ansonsten der Muskeltonus zu stark erhöhen würde. "Die Golgi-Organe können durch Pilzgifte, Drusebakterien und Bakterien, die Phlegmone verursachen, geschädigt werden", sagt Dr. Dirk Fister, Chef der Tierärztlichen Klinik für Pferde in Bilsen bei Hamburg. Degenerative Zustände des Ischiasnervs und seines Hauptastes (Nervus peroneus) sowie Muskelentzündungen könnten ebenso eine Rolle bei der Krankheit spielen.

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Die zweite Form des Hahnentritts ist der toxisch bedingte, auch Australian Stringhalt genannt, weil er vor allem in Australien und Neuseeland vorkommt. In Japan und USA hat es ebenso Fälle gegeben wie mehrere in Deutschland. Als Auslöser werden Weidepflanzen vermutet: In erster Linie Gewöhnliches Ferkelkraut (Hypochoeris radicata), aber auch Löwenzahn (Taraxum officinale) gehört zu den verdächtigen Pflanzen. Im Pferdekörper könnten sie Gifte freisetzen, die dann die langen Rückennerven des Tiers angreifen.

Waren hierzulande bis 2009 nur wenige Einzelfälle des Australian Stringhalts bekannt, gab es seither mehrere Ausbrüche, vor allem 2018 in Sachsen. Forscher um Kathrin König (Klinik für Pferde, Tierärztliche Hochschule Hannover) untersuchten daraufhin, ob es Zusammenhänge zwischen den ökologischen Bedingungen auf den Weiden und der Inzidenz sowie Schwere der Erkrankungen gab. Ihre Schlussfolgerung: Australian Stringhalt sei zwar klar auf das Fressen von Ferkelkraut zurückzuführen. Aus dem reinen Vorkommen der Pflanze auf der Weide konnten die Forscher jedoch keine Rückschlüsse darauf ziehen, wie häufig und schwer Pferde am Australian Stringhalt erkranken würden.

Auch Spat oder Knieprobleme können das typisch hahnentrittige Gangbild auslösen. "Um das abzuklären, machen wir eine Knochen-Szintigrafie", sagt Dr. Fister. Verwechslungsgefahr besteht auch mit dem Shivering-Syndrom.

Wie äußert sich Hahnentritt beim Pferd?

Das Pferd beugt beim idiopathischen Hahnentritt abrupt eines oder beide Hinterbeine; das Hinterbein wird ruckartig Richtung Bauch gezogen und ebenso schlagartig gestreckt. Die Bewegungsstörung tritt nur beim Anlaufen aus dem Stand oder im Schritt auf. In engen Wendungen oder beim Rückwärtsrichten verstärkt sich das Zucken meist. Bei manchen Pferden verschwindet die Störung, wenn sie ein paar Minuten gehen. Dr. Fister geht davon aus, dass die Erkrankung schmerzlos ist.

Der Hahnentritt tritt plötzlich auf. Erkranken können Pferde aller Rassen; vollblutgeprägte Tiere scheinen ein höheres Risiko zu haben als warmblutgeprägte. Beobachtet wurde der Hahnentritt bei Pferden über 5 Jahren. Mit der Zeit verschlimmert er sich oft: "Anfangs zuckt das Pferd vielleicht nur alle 14 Tage, dann einmal in der Woche und anschließend jeden Tag", sagt Dr. Fister. Fälle von Spontanheilung erlebte er nie. Manchmal verringern sich die Symptome, wenn das Pferd eine Zeitlang nicht hart gearbeitet wird. "Die Pferde komplett aus der Arbeit zu nehmen, schadet aber eher, weil dann die Muskulatur – vor allem die lange Sitzbeinmuskulatur – schwächer wird."

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Lisa Rädlein

Beim Australian Stringhalt sind meist beide Hinterbeine hochgradig betroffen; bei einigen Pferden sind die Muskelkrämpfe so stark, dass sie sich kaum fortbewegen können. Beuger und Strecker an der Außenseite des Kniegelenks schrumpfen (Atrophie); das kann auch beim idiopathischen Hahnentritt geschehen.

Beim Stringhalt kann es zudem zu Kehlkopflähmungen und abnormalen Atemgeräuschen kommen (verursacht durch verringerten Gehalt an Myelin in den Nervenbahnen). Weil die Krankheit durch Weidepflanzen verursacht wird, erkranken meist mehrere Tiere einer Herde.