Womit verbinden Sie Hirse? Vermutlich spontan mit den typischen Kolben, die Vogelfreunde Wellen- oder Nymphensittichen in den Käfig hängen. Pferdefutter würden wir damit nicht unbedingt assoziieren; dabei setzen schon einige Hersteller auf die kleinen Körnchen. Und das aus gutem Grund: Denn Hirse gehört als Süßgras zwar zum „echten“ Getreide, aber sie hat im Gegensatz zu anderen Getreideverwandten einen Vorteil – sie ist glutenfrei. „Deshalb eignet sie sich gut für Pferde, die empfindlich auf Getreide reagieren“, hat Isabell Frey-Fischer festgestellt.
Die Geschäftsführerin von Eohippos Pferdefutter setzt in ihren Produkten schon seit vielen Jahren auf das kleine Korn. Auslöser waren Allergikerpferde, die Tierheilpraktikerin Frey-Fischer in ihrem Reha-Zentrum behandelte. „Diesen Tieren wollten wir ein Futter ohne allergische Komponenten wie Getreide anbieten – und kamen so auf Hirse.“ Das vertrugen die Tiere ausgesprochen gut, so die Erfahrung von Isabell Frey-Fischer.
Glutenfreiheit ist nicht das einzige, womit Hirse punktet
Das Korn ist daneben „das mineralstoffreichste Getreide überhaupt“, sagt Sophia Riegger von Futtermittelhersteller Marstall. Unter anderem steckt Silicium darin; „das gibt Hufhorn und Haaren Struktur und ist wichtig für die Elastizität des Bindegewebes.“ Eisen enthält Hirse sogar zwei bis drei Mal so viel wie andere Getreidesorten. Dies und der Gehalt an weiteren Mineralstoffen, Eiweiß und Fett hat dazu geführt, dass die Mini-Körner Einzug ins Marstall-Müsli hielten. „Daneben waren wir für unser Supreme-Müsli auch auf der Suche nach besonders wertvollen, aber nicht so gängigen Zutaten“, erzählt Riegger.
Dabei galt Hirse lange Zeit als ungeeignet fürs Pferdefutter
„Forscher um 1900 beschrieben Hirse als schwer verdaulich, die Pferde verweigerten sogar die Futteraufnahme“, weiß Dr. Anne Mößeler. Allerdings, betont die Tierärztin und Futterexpertin, seien damals zum einen Sorten mit hohem Gehalt an Bitterstoffen, zum anderen „rohe“ Körner gefüttert worden. Dass diese nicht gut verdaulich sind, belegte eine Arbeitsgruppe um Professor Dr. Ingrid Vervuert von der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig: 2001 stellten die Forscher fest, dass die Glucosereaktion im Blut als Maß der Stärkeverdaulichkeit beim unbearbeiteten Korn deutlich niedriger ist als bei flockierten.
„Daher sollte ähnlich wie bei Mais oder Gerste vermutlich das Hirsekorn thermisch aufgeschlossen werden“, so Professor Vervuert. Im Pferdefutter hat die Hirse deshalb in gepoppter oder geflockter Form Eingang gefunden. Weitere Untersuchungen seien jedoch nötig, so Professor Vervuert, vor allem im Hinblick darauf, dass Hirse ein Getreide für die Zukunft sei: „Hirse ist deutlich hitzeresistenter als andere Getreide, die bislang angebaut werden, und daneben ein guter Energieträger.“
Gerade letzteres sollten Pferde-Besitzer nicht aus den Augen verlieren
Das Korn ist kohlenhydrat- und stärkehaltig; daher steckt es etwa in Müslis für Sportpferde. Für Tiere mit Stoffwechselstörungen wie EMS ist es nicht geeignet.
Wer auf Hirse im Futter setzt
- Marstall mit dem Müsli „Sensation Pro“ (39,95 Euro für 15 Kilo)
- Eohippos mit den Müslis Green Light 2.0 (27,09 Euro für 15 Kilo)
- Ultra Sensitive 2.0, Green Power 2.0 (je 28,90 Euro für 15 Kilo)
- St. Hippolyt mit dem Müsli „Brandon XP“ (25,50 Euro für 20 Kilo)
- Eponamit dem Zusatzfutter Braunhirse (20,60 Euro für 1,5 Kilo)
8000 Jahre schon, schätzen Forscher, wird die Hirse als Nahrungsmittel genutzt. Damit gilt Hirse als das älteste Getreide der Welt. Bis ins Mittelalter war Hirse das am meisten angebaute Getreide in Europa; dann wurde sie von anderen Grundnahrungsmitteln wie Weizen, Kartoffel und Mais verdrängt. Unsere Vorfahren schätzten die Sättigung der Hirse: Denn deren Name leitet sich vom altgermanischen „Hirsi“ ab – und das bedeutet Sättigung oder Nahrhaftigkeit.
Ein süsses Gras
Hirse gehört zur Familie der Süßgräser; weltweit gibt es mehr als 500 Arten. Sie lassen sich in zwei Hauptgruppen unterteilen: Sorghumhirsen und Millethirsen (Echte Hirsen). Zu Letzteren zählen etwa Rispenhirse (Panicum miliaceum L.) oder Kolbenhirse (Seteria italica), die Vogelbesitzer als Futter für Sittiche & Co. kennen. Die Pflanze gilt als dürreresistent, weshalb sie vor allem in Afrika, Nordamerika und Asien angebaut wird. Im Zuge des Klimawandels wird aber auch in Deutschland Hirse kultiviert, etwa in der Region Niederlausitz in Brandenburg.