Hufpflege: Eckstreben kürzen oder nicht?

Eine Frage - drei Experten
Hufpflege: Eckstreben kürzen oder nicht?

Zuletzt aktualisiert am 18.06.2025
Ein Mann hält einen frisch ausgeschnittenen Huf hoch.
Foto: CasarsaGuru/ gettyimages

Das sagt der Sachverständige zum Kürzen der Huf-Eckstreben

Eckstreben sind ein Teil der Hornwand und stabilisieren den ganzen Huf. Idealerweise sind sie auf der Sohle fühlbar wie ein kleines Hausdach und verlaufen gerade nach vorne. Finde ich Eckstreben in diesem Zustand vor, lasse ich die Finger davon. Sind sie verbogen, reden wir von einer "zwickzangartigen” Verbiegung, also Trachtenzwang. Dieser liegt entweder bei einem zu engen oder zu weiten Huf vor. In beiden Fällen übernehmen die Eckstreben eine Stützfunktion, für die andere Teile des Hufs zu schwach sind. Bearbeite ich dann die Eckstrebe stärker, destabilisiere ich die Form des Hufs. Um das richtige Maß zu finden, wie stark ich die Streben bearbeite, brauche ich Erfahrung. Da gibt es keine Dogmen. Bei einem guten Huf begradige ich die Eckstreben und lasse sie erhaben über der Sohle. Ist der Huf zu eng (bedeutet nicht zwingend Trachtenzwang), dann ist das stärkere Kürzen der Eckstreben eine von vielen Maßnahmen, um Besserung zu schaffen. Ist der Huf zu weit (am ehesten beim Trachtenzwang des weiten Hufes), dann sind stärkere Eckstreben eine Maßnahme zur Stabilisierung des Hufs. Allein über das Bearbeiten der Eckstreben kann ich keine Besserung erreichen. Sicher ist: Falsch bearbeitete Eckstreben provozieren nicht gewünschte Veränderungen am Huf. Drücken können Eckstreben übrigens nur dann, wenn sie sich auf die Sohle umlegen. Dann werden Gefäße beeinträchtigt und es kann sich nekrotisches Gewebe bilden.

Burkhard Rau im Porträt
Burkhard Rau
Der Experte

Das sagen die Huf-Beraterinnen zur Eckstreben-Bearbeitung

Wir sagen: Es kommt darauf an. Die Eckstreben halten zusammen mit dem Strahl, den inneren Strukturen und den Trachten den hinteren Hufbereich tragfähig und stabil. Finden wir hochgewachsene Eckstreben vor, fragen wir uns, was die Ursache dafür sein könnte. Denn erfahrungsgemäß steckt ein Sinn dahinter, wenn ein Teil des Hufs sich stärker aufbaut. Die Eckstreben haben neben der stabilisierenden Funktion einen Vorteil: Sie können sehr schnell Hornzellen produzieren und verstärken die Sohle. Erfahrungsgemäß sind die Eckstreben deshalb besonders ausgeprägt, wenn sich Bodenverhältnisse verändern oder andere Teile des Hufs ihre tragende Funktion nicht erfüllen können – zum Beispiel, wenn der Strahl zu schwach oder die Sohle zu dünn ist. Sie kompensieren, solange es notwendig ist. Nehmen wir den Pferden dann die Streben weg, beobachten wir, dass sich ihr Laufkomfort verschlechtert. Lassen wir die Eckstreben stehen, entwickeln sie sich von selbst wieder zurück, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Eckstreben dürfen mittragen. Sie sind, wie andere Strukturen im Huf, darauf ausgelegt, Druck auszuhalten. Wichtig ist der Wechsel von Druck und Entlastung bei Bewegung. Legen sich die Eckstreben um, nehmen wir in der Regel nur den Überhang weg, kürzen sie aber nicht ein.

Christina Kuenen und Barbara Kelly sitzen nebeneinander auf dem Winterauslauf.
Christina Kuenen und Barbara Kelly
Die Expertinnen

Das sagt die Hufpflegerin zum Thema Eckstreben kürzen

Eckstreben kann man nicht wegschneiden, sondern lediglich kürzen oder zurückschneiden. Sie wachsen immer nach. Eckstreben sind Wandhorn, das über die Trachten um die Ecke wächst. Sie halten den Huf im hinteren Bereich stabil und verhindern, dass er nicht zu eng oder zu weit wird. Wandhorn, das zu hoch wächst, wird gekürzt – also auch die Eckstreben. Kürze ich diese nicht, können sie das Ballengewebe nach innen pressen. Je weiter sie im schrägen Winkel nach innen wachsen, desto mehr quetschen sie den Huf zusammen und hebeln das Hufbein in eine Steilstellung. So kann nicht nur ein Zwanghuf entstehen. Es können auch hufrolleähnliche Symptome aufkommen. Zu hohe Eckstrebenwände kürze ich also so weit wie möglich zurück. Nach der zweiten oder dritten Hufbearbeitung wachsen die Streben erfahrungsgemäß bereits nicht mehr so lang nach. Das ist ein Zeichen dafür, dass der Huf wieder in Balance kommt.

Manuela Volk mit ihrem Hund
Manuela Volk
Die Expertin