Marbacher Hengste zur Ausbildung bei Anja Beran

Interview über eine ganz besondere Kooperation
Marbacher Hengste zur Ausbildung bei Anja Beran

ArtikeldatumVeröffentlicht am 08.10.2025
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Ein Araber Schimmel-Hengst mit einem schön geformten Hals auf Kandare gezäumt.
Foto: Mader
Wie kam die Zusammenarbeit zwischen dem Haupt- und Landgestüt Marbach und dem Rosenhof zustande?

Dr. Astrid von Velsen-Zerweck: Anja Beran und ich haben uns kennengelernt, bevor ich Landoberstallmeisterin in Marbach wurde. Wir trafen uns bei Vorstandssitzungen des Vereins Xenophon e. V., der vor bald 20 Jahren gegründet wurde – im nächsten Jahr begeht Xenophon das Jubiläum im Haupt- und Landgestüt Marbach. In diesem Rahmen trafen wir uns regelmäßig und führten gute Gespräche. Als ich dann nach Marbach ging, haben wir uns zunächst aus den Augen verloren – da hatten für mich erstmal andere Themen Priorität.

Anja Beran: Im Circus Krone sahen wir uns wieder. Unser Team ist damals für die Show abgeritten und Astrid hat zugeschaut. Anscheinend hat ihr das, was wir gezeigt haben, gefallen, denn sie hat uns spontan gefragt, ob wir zwei Hengste von ihr aufnehmen würden. Damals standen wir kurz davor, auch Pferde aus dem Haupt- und Landgestüt Schwaiganger aufzunehmen. Letztendlich kamen dann Warmblut-Hengste aus Schwaiganger und zwei Araber-Hengste aus Marbach zu uns. Ich war stolz und glücklich über diese Möglichkeiten. Mich freut es sehr, wenn wir viele verschiedene Rassen auf dem Hof haben. Je unterschiedlicher die Pferde sind, mit denen ich arbeite, desto mehr kann ich meinen Erfahrungsschatz erweitern und reiterlich davon profitieren. Über die Araber habe ich mich besonders gefreut, weil ich als Kind mit einem Pferd dieser Rasse aufgewachsen bin. Da wurden alte Erinnerungen wieder wach. Nach der langen Zeit war das umso schöner, weil die beiden Hengste noch personenbezogener waren als der Wallach, den ich damals hatte.

Eigentlich ist das Landgestüt bestens aufgestellt, um Nachwuchspferde ans Reiten heranzuführen. Warum lassen Sie Pferde woanders ausbilden, Frau Dr. von Velsen-Zerweck?

Dr. Astrid von Velsen-Zerweck: Natürlich haben wir bei uns alle Möglichkeiten – wir sind ein großer Betrieb mit vielen Mitarbeitern. Aber es gibt durchaus auch mal Engpässe und es passt auch nicht jedes Pferd zu jedem Reiter. Für die Warmblut-Remonten des Gestüts gibt es eine feste Routine: Sie werden dreijährig gruppenweise aufgestallt und angeritten. Die für die Zucht ausgewählten Remonten werden über den Sommer für Leistungsprüfungen vorbereitet und die Verkaufspferde für die Auktion.

Anja Beran mit einem Schimmel-Hengst in der Halle während der Dressur-Arbeit in der Traversale.
Mader

Die Araber sind spätreif und werden deshalb ein Jahr später angeritten als die Warmblüter. Für sie brauchen wir die passenden Reiter, die nicht zu groß sind. Zudem wollte ich gemeinsam mit Anja Beran zeigen, dass sich auch diese Pferde für die Ausbildung nach den Grundsätzen der klassischen Reitkultur eignen. Bei Anja Beran sind die Pferde in allerbesten Händen. Sie erfahren eine solide Grundausbildung und werden ihren Möglichkeiten entsprechend gefördert, je nach Talent und Charakter bis zu Lektionen der Hohen Schule.

Sind mit der Kooperation auch Bedingungen verknüpft – etwa, dass die Hengste regelmäßig auf Veranstaltungen präsentiert werden und zwischendurch in den Deckeinsatz gehen?

Dr. Astrid von Velsen-Zerweck: Anfangs haben wir die Hengste in der Decksaison zu uns geholt. Später nicht mehr, um die weitere Ausbildung nicht durch den Orts- und Reiterwechsel zu stören.

Anja Beran: Dennoch hatten wir mit den Hengsten keine Probleme, als sie von ihrem Deckeinsatz zurückgekommen sind. Sie konnten am nächsten Tag schon wieder in der Halle geritten werden, sogar als Stuten dabei waren. Das hat mich positiv überrascht.

Dr. Astrid von Velsen-Zerweck: Wir haben Anja Beran und ihr Team noch vor die Aufgabe gestellt, die beiden Hengste auf die Leistungsprüfung vorzubereiten. Das haben sie ganz toll gemeistert.

Anja Beran: Diese Erfahrung war für mich sehr spannend. Bei der Hengstleistungsprüfung für Araber werden auch Rittigkeit, Springvermögen und Ausdauer beurteilt. Dazu gehören etwa das Frei- und Parcours-Springen, eine Geländeprüfung und ein Distanzritt über 39 Kilometer. Wir haben die Hengste darauf nicht gezielt vorbereitet. Auch konditionell nicht. Ich arbeite die Pferde ohnehin sechs bis sieben Tage die Woche – Urlaub und Feiertage gibt es bei mir nicht. Dadurch haben die Pferde – selbstverständlich ihrem Alter und Ausbildungsstand entsprechend – eine gute Grundkondition. Wir haben es also einfach darauf ankommen lassen, im Vertrauen, dass die Pferde durch unsere Arbeit gut gerüstet sind. Das Einzige, was wir vorher geübt haben, waren feste Hindernisse und die Sprünge ins Wasser. Am großen Tag sind beide Hengste dann mit ihrer Reiterin Kathrin Roida super durchgekommen und haben ganz tolle Fremdreiter-Noten erhalten.

Eine Reiterin mit einem Marbacher Schimmel-Hengst über dem Sprung im Gelände-Parcours.
Mader
Also haben Sie beide Araber nicht ausschließlich persönlich geritten, sondern auch andere Reiter einbezogen?

Anja Beran: Angeritten habe ich die beiden Hengste mit meiner damaligen Praktikantin Sylvia Wimmer. Danach habe ich zunächst selbst die Ausbildung übernommen. Später ritt Vera Munderloh den größeren der beiden Hengste, WM Malakil. Ich blieb dann bei WM Safi. Wir beide haben uns richtig reingekniet und die Herausforderungen im Nachhinein gut gemeistert. Ein Serienwechsel mit einem Araber ist zum Beispiel gar nicht so einfach. Dann fühlt er sich an wie ein Tausendfüßler. Zum einen, weil dieser Typ Pferd dabei gerne eilig wird und zum anderen, weil der Galoppsprung so kurz ist, dass man als Reiter unglaublich fix sein muss. Auch wenn die Araber sich körperlich anfangs mal schwer getan haben, haben beide die Lektionen schnell begriffen. Dass Safi mit seiner heutigen Besitzerin Stefanie Seebauer, einer ehemaligen Schülerin von mir, in der Working Equitation erfolgreich ist, zeigt, dass die klassische Dressurausbildung eine solide Grundlage für andere Sparten der Reiterei ist. Malakil gehört nun ebenfalls einer Kundin, die auf dem Rosenhof Unterricht nimmt.

Eine Reiterin mit einem Marbacher Hengst beim Training der Working Equitation.
Mader
Stehen die Hengste seit dem Verkauf noch für den Deckeinsatz zur Verfügung?

Dr. Astrid von Velsen-Zerweck: Wenn die Hengste für die Zucht wertvoll sind, lassen wir uns diese Möglichkeit offen. Bei WM Safi, der eine seltene Blutlinie vertritt, liegen die Zuchtrechte weiterhin beim Haupt- und Landgestüt Marbach. Momentan nehmen wir gerne Rücksicht auf seine sportliche Karriere, aber irgendwann werden wir ihn wieder in den Deckeinsatz nehmen. Wir haben sehr gute Stuten aus den Gründerlinien des ehemals königlich-württembergischen Gestüts Weil, die gut zu ihm passen würden. Die Alternative wäre, Tiefgefriersamen herzustellen. Das werden wir zu gegebener Zeit mit der Besitzerin besprechen, mit der wir in regelmäßigem Austausch sind und sie mit Safi auf Veranstaltungen treffen.

Gibt es denn wieder junge Hengste aus Marbach auf dem Rosenhof?

Dr. Astrid von Velsen-Zerweck: Ja – und damit habe ich Anja Beran vor eine noch größere Aufgabe gestellt und ihr zwei Araber aus einer ägyptischen Zucht zum Anreiten und zur Leistungsprüfung geschickt. Ich wollte in Ägypten einen guten Hengst zur Blutauffrischung für die Weil-Marbacher Herde erwerben, den ich auch gefunden habe. Nasheed al Amal ist ein wunderbarer Vertreter seiner Rasse, der seinen festen Platz als Marbacher Hauptbeschäler gefunden hat, weil er sehr gut zu unseren Stuten passt und mit dessen Nachkommen wir sehr zufrieden sind. Der ägyptische Züchter war damals dabei, sein Gestüt aufzulösen, und wollte seine Pferde in guten Händen wissen. Er überstellte uns nicht nur Nasheed al Amal, sondern schenkte uns noch andere Pferde. Zwei davon sind jetzt auf dem Rosenhof.

Anja Beran und ein Marbacher Hengst beim Kompliment in der Halle.
Mader

Der züchterische Hintergrund lag bei ihnen eher auf der seltenen Abstammung und nicht auf für uns mindestens ebenso wichtigen Merkmalen wie Rittigkeit. Da sich auf dem Rosenhof herausgestellt hat, dass die beiden aus diversen Gründen schwierig bleiben, haben wir uns gegen einen züchterischen Einsatz entschieden und sie inzwischen kastrieren lassen. Die Wallache dürfen jetzt auf dem Rosenhof bleiben und werden weiter gefördert, bis sich auch für sie passende Käufer finden. Und danach sehen wir weiter. Wenn Anja Beran wieder Kapazitäten hat, freuen wir uns, die Zusammenarbeit fortsetzen zu können.

Dr. Astrid von Velsen-Zerweck im Porträt.
Dr. Astrid von Velsen-Zerweck
Die Expertin
Anja Beran im Porträt
Anja Beran
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