Autoführerschein oder Segelschein – auf viele theoretische Prüfungen kann man sich per App oder digitaler Lernplattform vorbereiten. Jetzt bietet Cleverhorse (www.cleverhorse.de) auch eine Online-Plattform für Reitabzeichen an: Digital verfügbar sind der Theorie-Teil für den Pferdeführerschein Umgang (59 Euro) und das Reitabzeichen (25 Euro).
Die Idee von Cleverhorse
Was sind die Vorteile für die Nutzer? "Die Idee hatten wir schon länger, aber es war tatsächlich der Lockdown im Frühjahr, der das Projekt befeuert hat", erklärt Cleverhorse-Mitbegründer Dirk Munker. Das Konzept haben Dirk und Christine Munker zusammen mit der Pferdewirtschaftsmeisterin und Pferdesachverständigen Martina Kratzer entwickelt.
"Und wir sind, soweit ich weiß, die ersten, die eine solche Lernplattform auf den Markt gebracht haben." Christine Munker besitzt einen Kaltblutwallach, ihre Tochter einen Fjordi und Ehemann Dirk ist IT-Sicherheitsexperte mit der Lizenz zum Kutschefahren. "Wir haben selbst die Erfahrung gemacht, wie schwierig und zeitintensiv es ist, passende Fortbildungskurse in der Nähe zu finden und dafür einige Tage freizuschaufeln", sagt Christine Munker.
Die Zeitersparnis ist auch Andrea Bayer wichtig, die das neue Angebot ausprobiert hat: "Mein Alltag ist oft hektisch und ich schaffe es zeitlich nicht, für einen Kurs irgendwohin zu fahren. So kann ich mir das Pensum selbst einteilen. Das ist zeitgemäß." Ein weiterer Pluspunkt: Der Lehrgang vor Ort verkürzt sich um den Theorieteil, dadurch spart man nicht nur Zeit, auch Übernachtungskosten lassen sich so etwas eindampfen.
Der Praxisteil mit Pferd ist noch im Aufbau: "Bei der Suche nach geeigneten Praxisbetrieben hat uns leider Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht", berichtet Christine Munker. "Ab Ostern hoffen wir durchstarten zu können. Wir können uns gut vorstellen, dass unser Konzept für viele Betriebe ein attraktives Angebot ist, auch um die Ausfälle der letzten Monate zu kompensieren."
Welche weiteren Kurse sind geplant? Neben dem Pferdeführerschein Umgang ist das Reitabzeichen 10 online. Weitere FN-Standards wie die Reitabzeichen 6, 7, 8 und 9 sind in Vorbereitung. "Wir orientieren uns jetzt erst einmal an diesen Klassikern, die auch in den Reitschulen abgelegt werden, sind aber auch offen für neue Projekte", erklärt Dirk Munker.
Wie die Kooperation mit der Vereinigung der Freizeitreiter und -Fahrer (VFD) in Bayern. Cleverhorse wird demnächst für die VFD ein Online-Modul für den Lehrgang Pferdekunde 1 entwickeln.
Pferdeführerschein im Test
Wie schnell findet man sich auf der Plattform zurecht? Nachdem wir uns mit dem Passwort für den Pferdeführerschein Umgang angemeldet haben, geht es zügig zu den Kursinhalten. Die Gebühr von 59 Euro kann übrigens auch in Raten von 8,50 Euro bezahlt werden. Auf jeden Fall ein nettes Angebot für die zumeist jugendlichen Nutzer, die ihr Taschengeld in Weiterbildung investieren möchten.
Für 59 Euro kann man die Plattform ein Jahr lang nutzen, so kann man sich das Pensum gut einteilen und es entsteht kein Zeitdruck. Die Lerninhalte sind in drei Blöcke unterteilt, insgesamt dauert der Kurs rund fünf Stunden. Block eins, "Erster Kontakt und Pferdepflege", vermittelt die Basics wie Auftrensen und Führen.
Block zwei behandelt Pferdeverhalten und artgerechten Umgang, zum Beispiel Gesundheit, Haltungsformen oder Fütterung. Block drei liefert Hinweise zum praktischen Prüfungsteil und einen Wissenstest. "Die einzelnen Module werden mit Bildern, Grafiken und Videos ergänzt. Davon würde ich mir noch etwas mehr wünschen", urteilt Test-Kandidatin Judith Dobner.
Praktisch: Zu einigen typischen Prüfungsfragen, etwa welche Giftpflanzen es gibt, liefert das Programm ein übersichtliches PDF.
Wie läuft die Prüfung ab? Wer den Theorie-Teil und abschließenden Wissenstest bestanden hat, bekommt eine Teilnahmebestätigung, mit der man sich für den Praxiskurs anmelden kann. Die theoretische und die praktische Prüfung werden dann zusammen nach Kursende bei den Praxispartnern, also bei den jeweiligen Reitschulen, abgelegt.
Was sagen die User?
Sprache und Verständlichkeit: Der Pferdeführerschein Umgang ist ein Einsteigerkurs und richtet sich hauptsächlich an jüngere Teilnehmer. Die Plattform soll aber auch als "Wissensdatenbank" für ältere Reiter nutzbar sein.
Die Altersspanne der Nutzer ist von daher ziemlich groß. "Ich fand die Inhalte durchweg verständlich und auch für jemanden sinnvoll, der sein Basiswissen vertiefen möchte", sagt Testerin Andrea Bayer, die sich mit der Plattform einfach nur weiterbilden möchte. "Ich würde mir wünschen, dass die Aufbereitung etwas flüssiger wäre", meint Judith Dobner. "Man muss zwischen den einzelnen Modulen etwas aufwändig hin- und herklicken. Ich höre viele Podcasts und schaue mir Webinare an und hätte es mir so ähnlich gewünscht."
Wünschenswert sind zudem weitere Praxisvideos, um einige Themen noch besser zu verdeutlichen. "Zum Beispiel beim Führen", so Judith Dobner. "Mit einem Video kann besser gezeigt werden, worauf man achten muss, wenn man zum Beispiel mit dem Pferd an einem Trecker vorbei möchte. Das wäre auch als Vorbereitung für den Praxisteil ganz hilfreich."
Der Reitlehrer bleibt eine wichtige Schnittstelle. Digital für eine Prüfung zu lernen, erfordert ein gutes Selbstmanagement: Wieviel Zeit brauche ich, wie ist mein Vorwissen? "Ich kann mir vorstellen, dass Kinder hier eine Hilfestellung benötigen", meint Testerin Milena Vorsteher.
Generell könne eine solche Plattform gut funktionieren, aber es sei erforderlich, dass ein Reitlehrer vor Ort die Inhalte unbedingt kenne. "Ich engagiere mich ja auch in der Jugendarbeit und fände es sinnvoll, wenn es zu Beginn des Praxisunterrichts eine Fragerunde gibt, bei der unklare Themen angesprochen werden können."
Sie kann sich gut vorstellen, sich mit einer digitalen Plattform auch auf weitere Trainerscheine vorzubereiten. "Der Lehrgang für meinen Trainerschein C dauerte drei Wochen. Diese Zeit habe ich als Mutter jetzt leider nicht mehr."
Individuell nutzbar und verständlich umgesetzt: Insgesamt hat das Konzept des digitalen Führerscheins überzeugt, bei der Umsetzung wäre allerdings noch etwas "Feintuning" nötig. Cleverhorse hat bereits angekündigt, die Plattform mit weiteren Videos zu ergänzen. Zudem sind eine zusätzliche App in Planung und ein wöchentliches Webinar.
Das sagen die User:
"Eine tolle Idee. Ich kann nach meinem eigenen Fahrplan lernen. Mehr Videos wären prima." Ich habe als KInd schon angefangen zu reiten, jetzt freuen wir uns über unser Familienpferd Abby. Ich nutze gerne Webinare und würde mir eine etwas flüssigere Präsentation wünschen. Falls ich das Fahrabzeichen noch mache, kann ich mir gut vorstellen, mit einer solchen Plattform zu lernen. Judith Dobner, 35
"Die Lernplattform ist zeitgemäß. Ich kann lernen, wenn ich den Kopf dafür frei habe." Ich habe erst spät mit dem Reiten begonnen und reite in meiner Freizeit Western. Ich habe zwei Kinder und im Alltag oft nur wenig Zeit, mich weiterzubilden. Hier kann ich mir die nötigen Grundkenntnisse holen, wobei mich vor allem die Gesundheitsthemen interessieren, um selbst Probleme einordnen zu können. Andrea Bayer, 43
"Eine Plattform kann leider keine Fragen beantworten. Das müssen die Reitlehrer leisten." Ich bin Trainerin C Reiten und Voltigieren und engagiere mich in der Jugendarbeit. Generell bietet die Plattform eine gute Möglichkeit, sich auf die Prüfung vorzubereiten. Gerade bei Kindern sollte sich der Praxis-Lehrer nach offenen Fragen erkundigen. Mehr Videos würden sicherlich manche Inhalte noch deutlicher machen. Milena Vorsteher, 37