Regendecken sollen Pferde trocken halten. CAVALLO testete sechs Modelle im Labor – mit überraschenden Resultaten. Wie wasserfest sind sie wirklich, wenn es kräftig schüttet?
Regendecken sollen Pferde trocken halten. CAVALLO testete sechs Modelle im Labor – mit überraschenden Resultaten. Wie wasserfest sind sie wirklich, wenn es kräftig schüttet?
Schlechtes Wetter gibt's nicht, nur schlechte Kleidung. Eine viel bemühte Binsenweisheit norddeutscher Küstenbewohner. Doch leider ist sie wahr. Und sie gilt selbst für Pferde-Regendecken.
CAVALLO wollte wissen, wie dicht solche Decken wirklich sind und testete sechs aktuelle Modelle für die Übergangszeit beim PFI Prüf- und Forschungsinstitut in Pirmasens, Rheinland-Pfalz.
Ein aufwändiger Labortest nach der Norm DIN EN 20811 zeigt, wie dicht die Decken tatsächlich sind.
1. Die Wassersäule: „Stellen Sie sich eine Röhre vor, unter der ein Stück Stoff liegt“, sagt Liselotte Vijselaar vom PFI Prüf- und Forschungsinstitut in Pirmasens. „Fülle ich die Röhre mit Wasser, drückt es ab einer bestimmten Höhe durchs Gewebe. Je höher die Wassersäule ist, desto dichter ist der Stoff. Eine Extra-Norm, die besagt, ab welcher Wassersäule Regendecken als wasserdicht gelten, gibt es nicht. Moderne Outdoor-Bekleidung hält einer Wassersäule von 2000 bis 3000 Millimetern stand, normale Zelte zwischen 2000 und 2500 Millimetern und Highend-Zelten bei 6000 bis 8000 Millimetern.“
2. Der Test: Wie Wasserundurchlässigkeit getestet wird, legt die Norm DIN EN 20811 fest. Dazu wurden die Decken zuerst 24 bis 48 Stunden bei konstanter Temperatur in einem abgeschlossenem Raum gelagert. „Das soll eine Verfälschung der Ergebnisse verhindern, da sich Gewebe bei Kälte und Wärme verschieden stark ausdehnen“, erklärt Liselotte Vijselaar. Danach wurden aus jeder Decke an verschiedenen Stellen fünf Proben in der Größe eines DIN-A4-Blatts gestanzt. Ein spezielles Prüfgerät, ein sogenannter Hydrotester, stellte bei jeder Probe fest, bei welchem Druck Wasser an drei Stellen durchs Gewebe trat. Der Druck, bei dem das Wasser an der dritten Stelle durchdringt, gilt laut Norm als jeweiliger Messwert. Aus allen Ergebnissen wurde ein Minimal-, ein Maximal- sowie ein Mittelwert ermittelt.
Außerdem im Labor-Test: die Power Turnout von Bucas und die Rambo Turnout Medium von Horseware. Außer Konkurrenz läuft zudem ein Woilach – der sich als ziemlich durchlässiges Stöffchen erwies.
Die Überraschung: Mit Bucas und Horseware schneiden ausgerechnet die Top-Modelle am schlechtesten ab. Beide gelten als führend in Sachen Tragekomfort, Haltbarkeit, Atmungsaktivität und Wasserundurchlässigkeit. Die Power Turnout von Bucas, die CAVALLO testete, hielt im Mittelwert nur einer Wassersäule von 726 Millimetern stand. Die Decke besteht aus 1000 Denier schwerem, extrem reißfestem ballistischem Nylon, das bei schussfesten Westen eingesetzt wird. Wasserdicht sollte sie auch sein.
„Das Ergebnis deutet darauf hin, dass das Gewebe der getesteten Decke fehlerhaft war“, sagt Ulf Casselbrant, Managing Director bei Bucas. „Wir testen die von uns verwendeten Gewebe selbst regelmäßig auf Wasserundurchlässigkeit nach der Norm ISO 811:1981. Dabei erreichen wir stets Ergebnisse mit einer Wassersäule von mehr als 3000 Millimetern. Zusätzlich werden alle unsere Gewebe mit wasserabweisendem äußeren Finish behandelt. Wir werden natürlich prüfen, warum diese Decke fehlerhaft war, sind aber davon überzeugt, dass es sich um einen absoluten Einzelfall handelt.“
Mit leichtem Fingerdruck tritt die Feuchtigkeit auf der Rückseite aus. Auf der Weide würde sich das Innenfleece mit Regen vollsaugen. Einen Materialfehler hält auch Liselotte Vijselaar vom PFI für möglich: „Regendecken aus durchlässigem Stoff machen keinen Sinn. Sie bestehen aus speziell veredelten Fasern, die hydrophob, also wasserabweisend, wirken. Wenn Wasser so leicht in solch einen Stoff eindringt, stimmt etwas nicht.“
CAVALLO wird den Test daher mit einer zweiten Bucas-Decke wiederholen und berichten.
Deren Außenhaut besteht ebenfalls aus ballistischem Nylon mit 1000 Denier. Wie wasserabweisend das Gewebe ist, zeigt die einfache Pipetten-Probe: Die Tropfen perlen ab. Erst nach längerem Reiben tritt etwas Feuchtigkeit durch.
Trotzdem reicht es für die teuerste Regendecke des Tests nur zum vorletzten Platz. Die mit einer wärmenden Unterdecke kombinierbare Oberdecke hält Feuchtigkeit nur bis zu einer gemittelten Wassersäule von 1780 Millimetern ab. „Ein enttäuschendes Resultat“, kommentiert Horseware. Da die Firma das Ergebnis noch nicht nachgetestet hat, beruft sie sich auf die sonst unbestritten gute Qualität ihrer Decken, was Passform, Haltbarkeit, Atmungsaktivität und Wasserundurchlässigkeit angeht. Horseware ist sich der Qualität seiner Produkte sicher: Die Firma gewährt drei Jahre Garantie auf ihre Regendecken.
So viel halten sonst nur Highend-Zelte aus. Diesen Wert erreichte im Test lediglich noch die Landa Standard von Weatherbeeta, ebenfalls aus 600 Denier Ripstop-Gewebe. Etwas unter diesen Spitzenwerten blieben die Decken Heaven von Felix Bühler und Avalanche von Horze, die eine ähnliche Außenhaut haben.
Das Modell Heaven hielt bis zu einer Wassersäule zwischen 5320 und 6000 Millimetern trocken; die Decke Avalanche brachte es auf einen Durchschnittswert zwischen 4040 und 6000 Millimetern. Dies liegt immer noch deutlich über den 3000 Millimetern, die die Werbung des Herstellers verspricht.
Fazit
Immerhin vier von sechs getesteten Decken sind in etwa so dicht wie ein Zelt für die Himalaya-Tour. Die Regenzeit kann getrost kommen.
Mehrfach gefaltet, dient der aus gewalkter Wolle bestehende Stoff als Satteldecke. Ausgefaltet kann man ihn auch kurz als Abschwitzdecke benutzen.
Nur als Regendecke taugt der Woilach nichts. Im Test weichte er schon bei einer durchschnittlichen Wassersäule von 88 Millimetern durch. Das schützt vielleicht vor Nieselregen, bei einem gesunden Pferd reicht dafür aber auch das Fell.
Pferde sind kältetolerant. Bei Temperaturen zwischen 5 und 15 Grad fühlen sie sich am wohlsten. Grund ist ihre ausgeklügelte Thermoregulation. Bei Kälte wird die Muskulatur stärker durchblutet, die Haut dient als Isolierung. Ist es sehr kalt, stellen Pferde die Haare auf und sorgen damit für ein Luftpolster. Ob Ihr Pferd friert, erkennen Sie an den Ohren: Ist selbst das untere Drittel kalt, friert es. Frostig wird es auch bei nassem Fell und eisiger Zugluft: Um die Temperatur der Muskeln zu erhöhen, zittern sich Pferde warm.
Geschorene Pferde brauchen unbedingt eine Decke. Ihnen fehlt die natürliche Thermoregulation. Die Angst, ein ungeschorenes Pferd könnte unter einer schweren Regendecke frieren, weil es die Haare nicht mehr aufstellen kann, ist unbegründet. Das wärmende Luftpolster bildet sich zwischen Fell und Decke.
Für ungeschorene Pferde reichen ungefütterte Regendecken, geschorene brauchen je nach Temperatur unterschiedlich dick gefütterte Decken. Egal, ob Regen-, Thermo- oder Outdoordecke: Bei für Pferden eher milden Temperaturen zwischen 5 und 10 Grad reicht eine Decke mit 200 Gramm Füllung. Bei Temperaturen unter fünf Grad sollte mehr als 200 Gramm Füllung in der Decke stecken.
Typ: Weidedecke
Beschreibung
Außen: 600 Denier starkes Ripstop-Gewebe aus Polyester; Innen: 300-Gramm-Polyesterfütterung, Polycotton Innenfutter
Preis: 77,90 Euro
Kontakt: www.ekkia.com
Typ: Funktions-Outdoordecke
Beschreibung
Außen: 600 Denier starkes Ripstop-Gewebe mit Teflonbeschichtung; Innen: Wattierung mit Polyester 100 Gramm, Futter aus 100 Prozent Polyester
Preis: 85,90 Euro
Kontakt: www.kraemer.de
Typ: Weidedecke
Beschreibung
Außen: 1000 Denier starkes ballistisches Nylon mit Aluminiumbeschichtung; Innen: antibakterielles Stay-Dry-Fleece aus Polyester; abnehmbares Halsteil und Unterdecke mit 300 Gramm schwerer Thermobonded Fibrefill-Füllung
Preis: rund 360 Euro
Kontakt: www.horseware.com
Typ: Weidedecke
Beschreibung
Außen: 600 Denier starkes Ripstop-Gewebe aus Polyester, thermogeschweißte Nähte; Innen: Polyfill-Polsterung 220 Gramm, Futter aus 210 Denier starkem Polyester
Preis: 119 Euro
Kontakt: www.weatherbeeta.co.uk
Typ: Regendecke
Beschreibung
Außen: 600 Denier starkes Ripstop-Gewebe aus Polyester; Innen: Fleece
Preis: 80 Euro
Kontakt: www.horze.de
Typ: Outdoordecke
Beschreibung
Außen: 1000 Denier starkes ballistisches Nylon mit Aluminiumbeschichtung, silbernes Außenmaterial; Innen: antibakterielles Stay-Dry-Fleece aus Polyester
Preis: rund 220 Euro
Kontakt: www.bucas.com
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