Haflinger Nemo verwandelt sich gerade. Plötzlich wirkt er stolz, kraftvoll, präsent. Und seine Reiterin strahlt: "Das fühlt sich gerade so toll an, ich bin ganz begeistert." Was dahintersteckt? Balance! Sowie Melonen und Zitronen, aber dazu später mehr.
Nemos Reiterin Carina Walther will sich heute gemeinsam mit drei Stallkolleginnen von CAVALLO-Expertin Dr. Lysan Massmann, Dressurausbilderin und Centered-Riding-Trainerin Level III, ins Gleichgewicht mit ihrem Pferd bringen lassen. Auf dem Reitplatz schildert sie, wo sie Probleme sieht: In den Übergängen kommt Nemo mit der Hinterhand oft nicht richtig mit und tritt schlecht unter, manchmal legt er sich auf den Zügel. "Es kann sein, dass er dann auf die Vorhand gerät", vermutet Dr. Lysan Massmann.
Horizontale Balance
Damit wäre Nemo aus seiner horizontalen Balance: Sie betrifft die Verteilung des Körpergewichts auf Vor- und Hinterhand des Pferds. "Um horizontale Balance herzustellen, muss ich versuchen, die Rückenwirbelsäule des Pferds in eine Horizontale zum Boden zu bekommen", sagt Dressurausbilder Christoph Ackermann. Im Stand ohne Reiter verläuft die Rückenwirbelsäule vom Becken in Richtung Vorhand abwärts zur Mitte der Schulter – weil die Hintergliedmaßen länger sind als die vorderen.
"Ein guter Balancesitz hilft dem Pferd zunächst, seine Wirbelsäule in die Waagrechte zu bringen, in die sogenannte natürliche Balance", so Ackermann. Das ist der Beginn der Lastübernahme durch die Hinterhand. Mit fortschreitender Ausbildung ist eine gesteigerte Balance möglich, in der die Rückenwirbelsäule leicht Richtung Vorhand ansteigt. Das passiert, wenn das Pferd die Hanken stärker beugt und mit dem Widerrist nach oben kommt.

So viel zur Theorie, doch wie funktioniert das nun in der Praxis? Carina soll erstmal eine ruhige Kugel schieben – und sich ihr Körperzentrum als eine große Melone vorstellen, die beim Schrittreiten rückwärts rollt. Das bewirkt eine von außen kaum sichtbare Veränderung ihrer Beckenbewegung und Körperspannung. Nemo reagiert darauf und schreitet flüssiger und mit größeren Schritten voran. Als nächstes soll Carina zwar nicht in die saure Zitrone beißen, aber sich eine vorstellen: als ihr Körperzentrum. Tatsächlich reagiert Nemo auch auf dieses Bild, verkürzt seine Schritte und baut mehr Körperspannung auf.

Aufs nächste Level katapultiert die beiden dann ein weiteres inneres Bild: Eine Kanonenkugel, die von den als Katapultbänder gespannten Oberschenkeln nach vorne geschossen wird – und Nemo so in einen flüssigen Übergang zum Trab bringt. Die Abfolge lautet: "Melonenschritt, Zitronenschritt, Katapult, Trab". Nemo reagiert eindrucksvoll: Ohne jegliche Zügeleinwirkung wölbt er die Oberlinie auf, geht durchs Genick und tritt schwungvoll mit der Hinterhand unter.

Im Arbeitstempo nimmt die Hinterhand Last auf
Ob ihr etwas aufgefallen sei, fragt Lysan Massmann Reiterin Carina nach der Einheit. Die antwortet prompt: "Er war vorne höher als sonst." Daran hatte das Katapult einen großen Anteil: Es half Nemo nicht nur, sich mehr zu schließen, sondern auch, mehr vorwärts zu gehen. "Das ist es auch, was Steinbrecht mit ,reite dein Pferd vorwärts‘ meinte", erklärt Lysan Massmann. "Durch das Untertreten im Arbeitstempo muss das Pferd die Hanken bereits wechselseitig leicht beugen und nimmt so Last auf."

Zu eilig darf das Tempo für eine gute Balance aber auch nicht sein, wie sich bei der nächsten Kandidatin zeigt. Janina Bross hat an Warmblutstute Wicky eine Reitbeteiligung und reitet sie etwa zweimal wöchentlich. Im Trab findet Lysan Massmann die Stute noch zu eilig: "Ein Pferd, das eilt, kann nicht in Balance kommen, weil es aus dem Takt gerät und im Fluchtmodus ist." Janina soll darum im Leichttraben langsamer aufstehen und die Stute so ruhiger werden lassen.

Damit ihr Rücken mehr hochkommt, soll sich die Reiterin vorstellen, Angelhaken unter dem Po zu haben und ihn mit jedem Aufstehen nach oben zu ziehen. Lysan Massmann bleibt bei den Wasser-Bildern: Beim Parieren soll Janina sich nun vorstellen, einen Fischerkahn zwischen ihren Oberschenkeln zu fixieren. Dabei kommt der Oberkörper tendenziell eher nach vorne statt nach hinten. "Wer dagegen ein Bein vorstreckt und auf den Kahn tritt, um ihn anzuhalten, wird ihn nach vorne wegschieben und im Extremfall hinten ins Wasser plumpsen."
Aufs Pferd übertragen heißt das: Wer beim Parieren mit dem Oberkörper hinter die Senkrechte fällt, treibt das Pferd vor, fällt ihm in den Rücken und bringt es aus der Balance. Die Rücklage vieler Reiter, gerade im Dressursport, sei ohnehin ein großes Problem für die Balance der Pferde, bestätigt auch Christoph Ackermann. "Viele stoßen ihr Pferd dadurch auf die Vorhand."
Ähnlich sieht das Ausbilderin Simone Carlson, die nach ihrem Konzept "Im Sinne des Pferdes" arbeitet und unter anderem in den USA lernte: "Viele Westernsättel haben die Bügelaufhängung zu weit vorne und bringen den Reiter in einen Stuhlsitz." Ein gutes Rezept dagegen von Anke Recktenwald,Pferdewirtschaftsmeisterin und Tellington-Expertin: "Sich fragen, ob man in der Haltung selbst laufen könnte. Und überlegen: Sind meine Füße so unter mir, dass ich jederzeit mühelos aufstehen könnte? "Diesen Tipp gibt Lysan Massmann auch Janina – und fordert sie auf, Stute Wicky immer wieder in die Dehnung zu entlassen. Auch in dieser Position ist das Pferd in Balance – denn das Brustbein kommt höher und der Widerrist hebt sich an.

Vertikale Balance
Doch nicht nur an der horizontalen Balance möchte das Paar arbeiten, sondern auch an der vertikalen nach links und rechts – Stute Wicky fallen Wendungen auf der rechten Hand deutlich schwerer.
Eine Händigkeit oder Einseitigkeit haben alle Pferde, und durch den Menschen wird diese oft noch verstärkt, so Anke Recktenwald. "Das fängt oft schon beim Hufegeben-Lernen an und wird durch viele Faktoren beeinflusst", weiß sie. Wird das Pferd aus dem Gleichgewicht gebracht, entwickelt der Körper Schutzhaltungen, etwa durch einseitiges Festhalten der Muskulatur. Das behindert die Arbeit des Gegenspielermuskels, zum Beispiel in der Biegung. Um sich nach rechts zu biegen, müssen die Zwischenrippenmuskeln links loslassen können. Nur dann können sich die Muskeln rechts zusammenziehen. "In meiner Rebalance-Arbeit unterstütze ich das Zusammenspiel aller Körperteile, so dass sich diese Schutzhaltungen auflösen können", so Recktenwald.
Oft spiegelt das Pferd die Schiefe des Reiters wider
Wickys Schwierigkeiten auf der rechten Hand lassen sich durch Veränderungen am Sitz der Reiterin verbessern: Nimmt sie das innere Bein mehr zurück, kommt die Stute besser an den äußeren Zügel und wird weniger über den inneren Zügel gewendet.
Der Einfluss des Reiters auf die vertikale Balance des Pferds ist ohnehin enorm: "Wenn ein Pferd über Jahre nur von einem Reiter geritten wird, hat es oft genau die gleichen Verspannungen wie dieser", beobachtet Anke Recktenwald.

Genau deshalb möchte Jasmin Mirmiran, unsere dritte Reiterin, etwas gegen ihre eigene Schiefe tun. Sie hat eine leichte Skoliose, also eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule. Dadurch ist sie beim Reiten im Körper schief, ihre Hüfte dreht sich nach links, ihre rechte Schulter kommt vor. Quarterstute Baileys driftet deshalb auf der linken Hand nach innen Richtung Bahnmitte und fällt auf die linke Schulter. Lysan Massmanns Strategie für Jasmin: "Ich möchte erreichen, dass sie ihre äußere Muskulatur mehr entspannt, denn ich denke, dass dadurch auch die Schiefe weniger wird." Jasmin ist insgesamt zu verspannt, auch, weil sie alles richtig machen möchte.

Also zündet die Centered-Riding-Trainerin ein kleines Feuerwerk an ungewohnten Bewegungsmustern, die Jasmin lockern sollen: Die Arme freihändig abwechselnd wie weiche Seile und Stahlseile pendeln lassen, im Sattel aufstehen und die Beine strecken, ein sanfter Blick, ein gedanklicher Knicks mit dem rechten Bein nach hinten – und immer wieder Wechsel zwischen leichtem Sitz, Aussitzen und Leichttraben. Dabei soll Jasmin die Bewegung ihres rechten Beckenknochens nach vorne mehr betonen.

Und siehe da: Mit der Lockerheit lässt die Schiefe nach. Im leichten Sitz ist Jasmin zum Schluss schon ganz gerade. Stute Baileys spiegelt die neu gewonnene Lockerheit deutlich wider: Sie trabt viel frischer vorwärts und bleibt besser in der Spur. "Dein Pferd trabt nicht mehr, es fliegt", freut sich Lysan Massmann.

Psychische Balance
Fliegen kann auch Araber Nibras, kilometerweit. Der 15-jährige Wallach ist hauptberuflich Distanzpferd, zweimal wöchentlich arbeitet seine Besitzerin Isabel Hegenbarth dressurmäßig mit ihm. Nibras reagiert auf jede Art von Druck oder Zwang empfindlich, eine Zeit lang rannte er im Gelände rückwärts. Das hat sich gelegt, dennoch fällt es Nibras wie vielen Arabern schwer, in die Losgelassenheit zu finden.

Isabel hat sich viel mit der Schule der Légèreté beschäftigt und nimmt für Zügelhilfen häufig die Hand nach oben – auch wenn sie es eigentlich wie Lysan Massmann sieht und dies nur einsetzen möchte, wenn das Pferd nicht auf vorherige Signale reagiert. Doch das Bewegungsmuster hat sich schon eingeprägt. "Die hohe Hand blockiert im Grunde das Pferd und lässt es sich verhalten", erklärt Dr. Massmann. Da Nibras dazu neigt, den Kopf in einer Art Fluchtmodus oben zu tragen, muss Isabel einen Weg in die körperliche und mentale Entspannung finden, denn: "Nur ein unverkrampftes Pferd kann in Balance gehen, alles andere ist anatomisch unmöglich."

Ist das Pferd durch den Wind, fehlt Körpergefühl
Ein erster Schritt ist, das Nachgeben im Stand zu üben. Dazu soll Isabel mit einer Hand sanft ein imaginäres Schwämmchen ausdrücken, bis Nibras nachgibt, sich leicht im Genick stellt und eine Tendenz zum Dehnen nach unten zeigt. "Dann gibst du ihm als Dankeschön sofort die Zügel ganz hin", so Massmann. Nibras kann so ein Bewegungsmuster erlernen, das ihm muskuläre Entspannung ermöglicht und ihn aus fluchtartigen Bewegungen holt.

"Wenn Pferde selbständig ihren Hals entspannen und Zeit zum Nachspüren haben, erfahren sie, dass sie besser denken und atmen können als mit angespannter Muskulatur", erklärt auch Anke Recktenwald. "So können sie eher intelligente, also der Situation angepasste, statt instinktive Handlungsmuster wählen."
Auch für Ausbilderin Simone Carlson geht ohne psychische Balance gar nichts. Sie arbeitet oft mit Problempferden, die so durch den Wind sind, dass sie sich selbst gar nicht mehr spüren können. "Die Gedanken sind dann so weit aus dem Körper draußen, zum Beispiel immer in der Herde, dass keine Körperwahrnehmung und keine Balance möglich sind." Erst wenn das Pferd gedanklich da sei, könne sich auch die Muskulatur entspannen, die sonst einem Flitzebogen ähnle.
Aus psychischer Balance wird Losgelassenheit
Ganz so dramatisch ist es bei Nibras zwar nicht, dennoch drückt er den Rücken noch zu stark durch und den Unterhals heraus. "Er hat den für Araber typischen hohen Muskeltonus, der oft auch mit einem sehr sensiblen Wesen einhergeht", so Massmann. Isabel soll Nibras im Galopp größer springen lassen, mit dem inneren Gesäßknochen eine Melone rückwärts rollen – so springt der Fuchs mehr nach vorne durch und kann sich auch im Kopf entspannen.

Auch Isabel selbst muss dabei loslassen. Lässt sie die Schultern etwas nach vorne sinken, kann sich Nibras besser nach unten dehnen. Durch den tiefen Hals springt er mit den Hinterbeinen mehr unter den Körper, die Hanken beugen sich und er springt mehr bergauf – hier schließt sich der Kreis zur horizontalen Balance. Ein Aspekt kommt beim Thema Gleichgewicht eben selten allein. Wie Sie alle drei Balance-Typen vor allem durch Ihren Sitz verbessern können, lesen Sie auf den nachfolgenden Seiten.
"Das Gehirn berechnet, wie wir nicht umfallen"
Marc Nölke ist staatlich geprüfter Diplomtrainer, systemisch-integrativer Coach und spezialisiert auf Neuroathletik. Die beschäftigt sich damit, wie das Gehirn sportliche Leistungen beeinflusst. Nölke entwickelte die Fortbildung "Neuro-Rider", in der Teilnehmer lernen, wie sich Wissen aus der Neurologie für Reiter in der Praxis nutzen lässt.

CAVALLO: Was passiert eigentlich im Gehirn, damit wir unser Gleichgewicht halten können?
Marc Nölke: Damit wir uns korrekt zur Schwerkraft bewegen, sind drei Systeme im Gehirn aktiv. Das propriozeptive System erfasst, in welchem Verhältnis zueinander sich unsere Gliedmaßen befinden, und das visuelle System, wie wir uns in der Umwelt bewegen, etwa was um uns vertikal, was horizontal ist. Das vestibuläre System misst, wie schnell wir wohin beschleunigen und wo unten und oben ist. Alle drei Systeme müssen gute Signale liefern.
Und was macht das Gehirn dann mit diesen Daten? Das Gehirn berechnet daraus in den vestibulären Kernen des Stammhirns in Echtzeit, wie wir uns bewegen müssen, um nicht umzufallen. Je nach Situation sind die empfangenen Signale und die Reaktion des Gehirns darauf ganz unterschiedlich. Im Stand ist das Signal fast gleichbleibend. Beim Reiten dagegen bekommt das Gehirn sehr viel Signale über Bewegungen nach oben, unten, vorwärts und zur Seite. Es aktiviert dementsprechend die Streckermuskulatur.
Wie kann man die Gleichgewichtssysteme im Gehirn trainieren? Das vestibuläre System, in dem alle Signale zusammenlaufen, kann man etwa über bestimmte Augenbewegungen mit Beschleunigung des Kopfs trainieren. Übungen stelle ich individuell zusammen.
Funktioniert die Balance beim Pferd genauso wie beim Menschen? Das Gleichgewichtssystem im Gehirn ist bei Tieren und Menschen im Prinzip gleich. Beim Reiten empfängt das Pferd Signale über die Reiterbewegung. Wenn der nicht in der Balance sitzt, sind die Bewegungen für das Pferd unvorhersehbar. Alle Lebewesen funktionieren nach dem Prinzip der Prediction, sozusagen der Vorhersage der nahen Zukunft auf Basis der Datenlage im Gehirn. Je besser die Reiterbewegung vorhersehbar ist, desto entspannter ist das Pferd und desto besser kann es mit seiner Kraft haushalten.
Tipps und Übungen vom Profi: So kommen Sie und Ihr Pferd in Balance
Um mit Ihrem Pferd in Balance zu finden, helfen Übungen und innere Bilder. Wir haben die besten Tipps vom Coaching vor Ort für Sie zusammengestellt:
Hüfte schließen
Um das Pferd beim Parieren nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen, hilft eine neutrale Beckenposition.

Viele Reiter kippen dabei aber eher das Becken ab, der Oberkörper kommt nach hinten. Lysan Massmanns Tipp: "Stellen Sie sich vor, Sie wollen einen Fischerkahn im flachen Wasser unter sich behalten. Treten Sie dazu mit zurückgelegtem Oberkörper darauf, werden Sie ihn nicht bremsen, sondern er wird nach vorne weggleiten – und Sie plumpsen ins Wasser.

Stehen Sie dagegen stabil über dem Kahn und fixieren Ihn unter Ihrer Hüfte, wird er stehenbleiben". Auf dem Pferd rollen Sie dafür das Becken tendenziell eher nach vorne, so dass Ihre Gesäßknochen genau nach unten zeigen und "schließen" die Hüfte. Dabei atmen Sie aus und denken an einen Filter, der in einer Kaffeepresse nach unten gedrückt wird.
Katapult
Eine unheimlich starke Hilfe, um das Pferd mehr zu schließen und so in eine gute horizontale Balance zu bringen, ist das Katapult. Stellen Sie sich vor, Ihre Oberschenkel sind die Bänder eines mittelalterlichen Katapults. Von hier aus ziehen Sie Ihr Körperzentrum, das Sie sich als Kugel vorstellen können, zurück. Von dort aus können Sie es dann nutzen, um Ihr Pferd zum Beispiel in den Trab hinein zu katapultieren – für ausbalancierte Übergänge mit herangeschlossener Hinterhand.
Danke sagen
Für mehr mentale Balance Ihres Pferds bedanken Sie sich immer wieder bei ihm, indem Sie es sich dehnen lassen. Lassen Sie dazu Ihre Schultern etwas nach vorne und unten sinken und die Zügel länger werden. So senken Sie Ihre eigene Körperspannung und tragen zur Entspannung des Pferds bei.

Melonenschritt und Zitronenschritt
Reitet man verschiedene Gangmaße wie verkürzten Schritt oder Mittelschritt mittels Handeinwirkung, bringt diese das Pferd oft aus der Balance. "Es kommt auf die Vorhand und verliert die Losgelassenheit", so Dr. Lysan Massmann. Anders geht es, indem Sie sich auf Ihr Körperzentrum konzentrieren.
Dazu können Sie Ihr Becken zunächst am Boden beim Gehen rückwärts rollen lassen und sich vorstellen, dass Ihr Körperzentrum als Kugel oder Ball dabei nach unten sinkt. Auf dem Pferd lassen Sie das Körperzentrum ebenso rückwärts rollen und es dabei gedanklich abwechselnd zu einer großen Wassermelone und einer kleinen Zitrone werden. Ihr Pferd wird auf Ihre sich daraus ganz von selbst ergebende unterschiedlichen Beckenbewegung und Körperspannung reagieren und das Gangmaß anpassen.

Knie öffnen
Sind die Knie zu stark an den Sattel gedrückt, hebt sich Ihr Gesäß aus dem Sattel und Sie kommen aus der Balance. Was hilft? Mit den Knien zum Boden lächeln! Stellen Sie sich dazu auf jeder Kniescheibe einen Smiley vor, den Sie im Bewegungsrhythmus leicht nach unten schauen und wippen lassen. So kommen auch Ihre Beine besser unter den Körperschwerpunkt. In Wendungen hilft es, das innere Knie zu öffnen, also mehr nach unten lächeln zu lassen – gerade auch bei schiefen Pferden.

Volte mit Übertreten
Macht sich das Pferd im Rücken fest, ist die Balance gestört. Schenkelweichen und Übertreten lockern die Hüfte des Pferds und wirken einem festgehaltenen Rücken gegen. Dr. Lysan Massmanns Tipp: "Reiten Sie eine Volte und lassen das Pferd dabei mit der Hinterhand übertreten – ähnlich wie bei einer Vorhandwendung, nur in Bewegung." Drehen Sie Ihren Körper dabei wie eine Pfeffermühle nach innen mit und öffnen das innere Knie.

Schaukelstuhl
Um die Position zu finden, in der Sie wirklich im Schwerpunkt sitzen, hilft es, Extreme zu fühlen und die Mitte dazwischen zu finden. Lehnen Sie sich dafür wie in einem Schaukelstuhl abwechselnd nach hinten und nach vorne und lassen diese Bewegung immer kleiner werden, bis Sie in Balance sitzen bleiben.

Als Variante können Sie auch zwischen Katzenbuckel und Hohlkreuz wechseln, um den richtigen Aufrichtungsgrad zu finden – auf dem Pferd oder einem Ball.

Sanfter Blick
Verspannungen im Körper des Reiters führen oft dazu, dass bestimmte Bereiche fest werden und der Körper schief wird. Um die Muskeln mehr loszulassen, hilft ein sanfter Blick. Machen Sie sich dazu zuerst das Gegenteil bewusst: ein harter, fokussierter Tigerblick. Dann lassen Sie den Blick weich werden. Nehmen Sie die Landschaft um sich herum wahr, lassen Sie Ihr Blickfeld so groß wie möglich werden.

Schwämmchen ausdrücken
Neigt Ihr Pferd dazu, einen Unterhals zu machen und den Rücken wegzudrücken, kommt es übers Nachgeben in eine bessere Balance. Üben Sie das zunächst im Stand. Drücken Sie auf der Seite, auf der das Pferd nachgeben soll, ganz sanft ein imaginäres Schwämmchen mit Ihrer Hand aus und stellen es ganz leicht im Genick. Gibt das Pferd nach und zeigt eine Tendenz zum Dehnen nach unten, lassen Sie sofort die Zügel als Antwort ganz lang. "Es macht nichts, wenn das Pferd anfangs vielleicht ruckartig zieht beim Dehnen – lassen Sie das zu, Denn die Richtung ist die richtige", so Dr. Massmann.
