Zeige mir, wie du gehst – und ich sage dir, wie du reitest. Eigenarten und Probleme beim Gehen spiegeln sich auf dem Pferd wider. Human-Physiotherapeutin und Pferdeosteopathin Anke Jung aus Heidelberg beschreibt Geh-Typen, ihre typischen Reitprobleme und unkomplizierte Übungen für einen besseren Sitz. Wieso lässt sich Gehen mit Reiten vergleichen?
Die Muskeln arbeiten nach dem gleichen Muster, nämlich konzentrisch und exzentrisch. Konzentrisch heißt: Der Muskel spannt an und verkürzt sich. Das tut er beim Reiten nur, wenn der Reiter eine Hilfe wie Schenkeldruck gibt. Zu 90 Prozent arbeiten die Muskeln beim Reiten exzentrisch: Sie fangen Bewegungen ab, geben in die Länge nach und dehnen sich. Der Reiter kann so in die Bewegung des Pferds eingehen.
Außerdem sind beim Reiten und Gehen zwei Phasen der Bewegung identisch. Das Ende der Standbeinphase, kurz bevor die vordere Ferse auf dem Boden aufkommt, entspricht beim Reiten dem Ende jeder Bewegung: beispielsweise dem Ende des Mitschwingens im Galopp oder dem Ende des Aufstehens beim Leichttraben. Reiten und Gehen haben auch die Stoßdämpfungsphase gemeinsam.
Hier federt der Körper Gewicht ab. Mit dem richtigen Training lassen sich beide Phasen verbessern. Der Reiter lernt, wie er die richtigen Muskeln erspürt, einsetzt und kräftigt. Das wirkt sich positiv auf die gesamte Bewegung aus. Vier CAVALLO-Redakteure machten den Test. Sie ließen ihren Gang von Anke Jung begutachten, die ein Konzept zur Bewegungsanalyse für Reiter entwickelt hat. Sie verspricht: "Wer seine Schwächen kennt, kann mit Übungen gezielt dagegen ansteuern und den Sitz beim Reiten verbessern."
Hier sehen Sie die Ergebnisse des Vier-Gänge-Menüs und die passenden Übungen für jeden Geh-Typ. Zu welchem gehören Sie? Vergleichen Sie Gangmuster und Ziele mit Ihren eigenen und trainieren Sie mit.
Spezielle Übungen für Reiter
Physiotherapeutin und Pferdeosteopathin Anke Jung aus Heidelberg entwickelte mit der adViva Bewegungsanalyse eine neues Konzept, um den Gang und Sitz des Reiters zu verbessern. Dafür filmt sie die Teilnehmer beim Laufen und Reiten.
Außerdem absolvieren die Teilnehmer verschiedene Tests, die Probleme beim Laufen und Reiten verdeutlichen. Die Expertin zeigt dem Reiter am Bildschirm, welche Schwächen er hat. "Wer seine Fehler sieht, kann leichter dagegen ansteuern", sagt sie.


Danach gibt es spezielle Übungen für die individuellen Probleme und einen Vorher-Nachher-Vergleich. Ein Sattelcheck und bei Bedarf spezielle Schuheinlagen für Reiter (die Krankenkassen übernehmen hierfür die Kosten) runden das Programm ab. Die Bewegungsanalyse kostet etwa 250 Euro. Mehr Infos: www.adviva-info.de
Geh-Typen Seiteneiger
Wie laufe ich?
Der Oberkörper neigt sich zu einer Seite und ist hinterm Schwerpunkt. Knie und Oberschenkel drehen nach innen. Daraus entsteht ein Knickfuß: Der innere Fußrand senkt sich, der äußere wird angehoben. Zu viel Schwung aus dem Oberschenkel statt aus der Wade.
Typische Reitprobleme: Becken ist beim Reiten zu weit hinten und der Körper hinter der Bewegung. Der Schwerpunkt ist nicht über dem des Pferds (12. und 13. Brustwirbel). Der Schwerpunkt fehlt.
Das Ziel: Einseitige Schwäche ausgleichen und beweglich auf beiden Seiten werden.
Welche Übungen soll ich machen? Übung 1: Die Muschel, Übung 6: Treppensteigen, Übung 7: Auf die Zehen, und vielleicht auch... Übung 2: Potraining in Bauchlage, Übung 5: Hinsetzen und Aufstehen

Geh-Typ X-beinig
Wie laufe ich?
Zu viel Last auf der Ferse, weil der Oberkörper zu weit hinten ist. Hohlkreuz. Das Knie rotiert nach innen, Knickfuß und Tendenz zu X-Beinen. Die sind ein typisches Problem bei Frauen. Männer neigen eher zu O-Beinen.
Typische Reitprobleme: Fuß geht durch die X-Beine beim Reiten nach außen weg. Da die Füße nach außen drehen, dreht auch die Hüfte nach außen. Dadurch kippt das Becken zu weit nach vorne. Probleme beim Aussitzen von schwungvollen Pferden.
Das Ziel: Beide Gesäßknochen gleichmäßig belasten, nicht in der Hüfte einknicken.
Welche Übungen soll ich machen? Übung 7: Auf die Zehen, Übung 5: Hinsetzen und Aufstehen, Übung 6: Treppensteigen Und vielleicht auch... Übung 1: Die Muschel, Übung 4: Ausfallschritt

Geh-Typ Becken weicht ab
Wie laufe ich?
Das gesamte Bein dreht nach innen. Der linke Hüftbeuger streckt sich nicht. Das zeigt sich beim Ausfallschritt. Hinteres Bein ist gebeugt und nicht lang.
Typische Reitprobleme: Tendenz zum Stuhlsitz. Links schwingt das Becken nicht frei mit. Linkes Bein zieht nach oben. Fuß tritt im Bügel weit nach außen, weil das Bein ständig nach innen will. Sitzt vermehrt auf dem linken Gesäßknochen. Die linke Seite des Oberkörpers richtet sich auf. Insgesamt dreht sich der Oberkörper aber zur rechten Seite.
Das Ziel: Gleichmäßig mit dem Becken in die Bewegung des Pferds eingehen.
Welche Übungen soll ich machen? Übung 3: Bauchmuskeltraining, Übung 2: Potraining in Bauchlage, Übung 1: Die Muschel Und vielleicht auch... Übung 8: Sprung in die Höhe, Übung 9: Gemeinsam in die Hocke

Geh-Typ wenig Stoßdämpfung
Wie laufe ich?
Ferse hebt zu früh ab. Das zeigt: Die Wade spannt sich, gibt nicht in die Länge nach (arbeitet konzentrisch). Probleme, Stöße abzudämpfen. Knie dreht nach innen.
Typische Reitprobleme: Probleme, geschmeidig in die Bewegung des Pferds einzugehen. Wackelige Unterschenkel, da die Fußspitzen eher nach innen drehen und die Wade keinen Kontakt zum Pferdebauch hat. Schwierigkeiten, Hüfte und Oberkörper zu kontrollieren. Deshalb muss der Pomuskel gestärkt werden.
Das Ziel: Muskeln dehnen sich und geben in die Länge nach (arbeiten exzentrisch).
Welche Übungen soll ich machen? Übung 8: Sprung in die Höhe, Übung 9: Gemeinsam in die Hocke, Übung 4: Ausfallschritt Und vielleicht auch... Übung 2: Potraining in Bauchlage, Übung 7: Auf die Zehen





