Die Schmerzen im Rücken quälen sie ständig: beim Sitzen, Liegen, Gehen. An Reiten war gar nicht mehr zu denken. Die Ärzte wollen die Wirbelsäule von Petra Sackschewski als letzten Ausweg versteifen. Doch die Reiterin bekommt einen Tag vorm OP-Termin ein ungutes Gefühl – und sagt ab. Aber was nun?
Zufällig hört sie vom Therapeuten Freimuth Gorter. Der Heilpraktiker behandelt sie nach der Pohltherapie. Bereits nach wenigen Sitzungen lassen die Schmerzen nach – und bleiben weg. Dauerhaft. So erzählt es Petra Sackschewski. Das war vor fünf Jahren.
Heilpraktiker und Pferdetrainierin im Team
Der Heilpraktiker und die Pferdetrainerin entdecken: Hey, eigentlich arbeiten wir doch nach dem gleichen Prinzip. Mit gezielten Übungen helfen beide dabei, verspannte Muskeln wahrzunehmen und zu entspannen.
Aus der Gemeinsamkeit entstand ein neues Konzept für Reiter und Pferde: Neurobalance. Das Ziel? „Wir wollen, dass Reiter beweglicher werden und ein Gefühl von Einheit mit dem Pferd erleben“, erklärt Petra Sackschewski.

Fremdes Pferd und ziepender Rücken
Auf einer Reitanlage in Krefeld/NRW stellen die Experten ihr Konzept exklusiv vor. Ich darf als CAVALLO-Autorin dabei sein. Seit einigen Jahren besitze ich kein eigenes Pferd mehr. Beim Kurs reite ich Petra Sackschewskis Hengst Jumper.
Ob ein Gefühl von Verbundenheit auf einem fremden Pferd möglich sein wird? Ich bin skeptisch. Zumal mein unterer Rücken derzeit öfter ziept. Vielleicht durch mein Hohlkreuz? Ich bin gespannt, was die Bestandsaufnahme ergibt.

Neben mir gibt es noch zwei weitere Teilnehmerinnen: Lina, eine 28-jährige Berufsreiterin, die seit einem Sturz mit ihrem Pferd unter starken Rückenschmerzen leidet. Und Andrea, die 51-jährige Isireiterin und Tierärztin hat Skoliose, eine Wirbelsäulenverkrümmung. „Ich habe Probleme, mich aufzurichten“, sagt sie.
Erst auf den Catwalk und dann verbeugen
Wir starten mit einer Bewegungsanalyse: Wie die Modelkandidaten bei Heidi Klum laufen wir vor der Kamera auf gerader Linie hin und her. Freimuth Gorter notiert dabei fleißig, ich spicke auf sein Blatt: Rechter Arm schwingt nicht mit, linke Körperseite verkürzt, Becken links rotiert nicht gut. Au Backe, denke ich. Was der nicht alles sieht.

Und weiter geht’s mit einer Vorbeuge: Fingerspitzen Richtung Boden, Knie strecken – das kenne ich vom Yoga. „Hier könnte sich die Wirbelsäule besser wölben“, sagt der Therapeut und legt seine Hand auf meinen unteren Rücken. Bingo. Das ist genau der Teil meines Körpers, der schmerzt. „Bist du mal aufs Steißbein gestürzt?“, fragt Gorter. Bin ich. Den Sturz vom Pferd vor über fünf Jahren hatte ich völlig vergessen, mein Körper wohl nicht.
Analyse im Sattel
Danach geht’s in den Sattel. Petra Sackschewski analysiert in wenigen Minuten meine Baustellen: „Laufen dir die Pferde über die äußere Schulter weg?“, fragt sie. Wieder ein Volltreffer. „Das kriegen wir in den Griff!“ Die Trainerin sieht zudem, dass ich hinter die Bewegung komme und nicht im Lot sitze.

Ich lege mich auf die Massagebank. Ob Freimuth Gorter es schafft, mich wieder ins Lot zu bringen? Dafür muss ich mitarbeiten: Ich soll spüren, wie „tief der Atem fließt“ und wie mein Körper aufliegt. Dann mobilisiert der Therapeut meine Schulter- und Brustmuskeln.
Es zieht, und das, obwohl mein rechter Arm, den ich auf der linken Seite liegend nach rechts auf die Liege senken soll, noch eine Handbreit in der Luft schwebt. Zu viel Zeit in schlechter Haltung vorm Laptop verbracht, denke ich.

Dehnen und Kraft aufbauen
Mit „Pandiculations“ will mich der Therapeut beweglicher machen. Ich soll in der Dehnposition Kraft aufbauen und gegen seine Hand drücken. „Stärker, stärker, stärker“, fordert er. „Jetzt Kraft langsam nachlassen, noch mehr nachlassen.“ Nach diesem Schema geht es ein paar Minuten weiter.

Dann dehne ich erneut den Brust-Schulter-Bereich. „Das gibt’s doch nicht,“ sage ich verblüfft. Ohne jeglichen Dehnschmerz kann ich den Arm vollständig ablegen. Ich bin sichtlich beweglicher. Zudem atme ich tiefer.
Pferdchen spielen mit Aha-Effekten
Nach dem therapeutischen Part geht Petra Sackschewski mit uns Teilnehmern raus: zum Pferdchen spielen. Ich bin im Vierfüßler-Stand. Die Ausbilderin legt ihre Hand auf meinen Rücken und imitiert mit leichtem Druck das Reitergewicht. „Lass den Rücken durchhängen und geh los“, fordert sie. „Wie das denn?“, frage ich. Ich fühle mich bewegungsunfähig.

Mühsam hebe ich eine Hand und stolpere los. Danach wiederholen wir die Übung mit geradem Rücken. Diesmal starte ich problemlos durch. „Jetzt weißt du, warum ein Pferd mit durchhängendem Rücken nicht vorwärts gehen kann“, sagt die Trainerin.
Wie wirkt Spannung in den Bauchmuskeln?
Einen weiteren Aha-Effekt gibt’s auf dem beweglichen Sitzhocker. Ich nehme Platz, Petra Sackschewski wackelt. Mein Becken wackelt locker mit.

Dann soll ich das Brustbein senken. Dabei spüre ich, wie sich mein Rücken rundet. „Bin ich jetzt buckelig?“ frage ich. Sackschewski verneint. Ich hole mir den Bildbeweis bei CAVALLO-Fotografin Lisa Rädlein: Ich sitze kerzengerade.
Jetzt soll ich dazu noch die tiefliegenden Bauchmuskeln anspannen. Petra Sackschewski erklärt, wie: „Du kannst summen, dich räuspern oder husten.“ Die Ausbilderin wackelt nun erneut am Hocker. Ich rutsche weniger hin und her.
„Jetzt wurde aber weniger am Hocker gewackelt“, meine ich. „Nein, du bist jetzt einfach in positiver Spannung, balanciert und keine träge Masse mehr. Das Pferd kann dich so viel besser tragen“, sagt sie. Ich bin erst überzeugt, als ich selbst den Job des Hocker-Wacklers übernehme und den gleichen Effekt bei Teilnehmerin Andrea spüre.
Entspannende Frequenzen für den Körper
Nachdem wir locker vom Hocker sind, dürfen wir das neue EquiLuxx Neurobalance-Gerät ausprobieren. Petra Sackschewski nutzt eine kabellose Variante für die Bodenarbeit mit Pferden. Freimuth Gorter verkabelt uns an Armen und Beinen mit dem Wellness-Gerät.

„Entspannende Frequenzen durchströmen jetzt sanft euren Körper“, erklärt der Therapeut. Dabei machen wir leichte Bewegungen und kippen etwa die Beine von links nach rechts.
Kribbelt was? Ich konzentriere mich, spüre aber nur eine angenehme Schwere. Eigentlich könnte ich jetzt schlafen. Den Anderen scheint es ebenso zu gehen. „Ich fühle mich, als wäre ich ewig geschwommen“, meint Lina nach der halbstündigen Sitzung.
Kopfdrehungen zum Lockern
Zum Träumen ist aber keine Zeit, Freimuth Gorter macht Übungen aus der Pohltherapie vor – wir machen nach, oder versuchen es zumindest. Wir sollen etwa nach links schauen, wenn der Kopf nach rechts dreht.
„Das entkoppelt den Blick von der Bewegungsrichtung und lockert“, sagt der Therapeut. Ich bin verwirrt, weiß bald gar nicht mehr, wo links und rechts ist – und muss lachen.

Zum Finale kommt der Nachher-Ritt. Ob sich wirklich viel verändert hat? Jumper marschiert fleißig los. Er tritt deutlich weiter unter als zuvor. Petra Sackschewski gibt Tipps: Brustbein senken, tiefliegende Bauchmuskeln anspannen.
Die Bewegung des Pferds fließt durch meinen Körper
Ich fühle in meinen Körper hinein, beim Ausatmen gelingt es mir am besten, das Brustbein zu senken. Meine Atemzüge sind tief. Es fühlt sich an, als würde sich mein unterer Rücken füllen. Und dann passiert es: Die Bewegung des Pferds fließt durch meinen ganzen Körper. „Es ist, als würde ich im Pferd sitzen und nicht darauf“, melde ich der Trainerin zurück. Das ist wirklich ein Gefühl von Einssein!
Damit mir nun noch der Zirkel gelingt, soll ich mir ein Ziffernblatt auf dem Widerrist vorstellen. „Schwing dein linkes Sitzbein nach Ein Uhr“, rät Petra Sackschewski. Diese Bewegung soll meine verkürzte Körperseite kompensieren. Tatsächlich kann ich Jumper nur mit dem Becken lenken. Nach einer halben Stunde bricht er mir wieder seitlich aus: Immer dann, wenn ich die positive Spannung nicht mehr halten kann. Zeit abzusteigen.
Was ich mitnehme? Das Einheits-Gefühl und das Bewusstsein, wie sehr die körperliche Entspannung aufs Pferd und die Psyche wirkt. Auf der vierstündigen Heimfahrt stressen mich weder Stau noch Drängler. Ich komme relaxt an und erledige sogar noch Hausarbeit. Solche Effekte wünsche ich mir öfter.
Pandiculations zur Lockerung
Kraft aufbauen und langsam nachlassen: Pandiculations bzw.Hanna Somatics sind ein Element der sensomotorischen Körpertherapie nach Dr. Helga Pohl. Mit den vom Therapeuten geführten Übungen lernen Menschen, Muskeln gezielt anzusteuern und den Muskeltonus stufenlos von maximaler Anspannung bis zur völligen Entspannung zu dosieren.
Warum nehmen wir verspannte Muskeln nicht mehr wahr? Dahinter steckt laut Pohltherapie sensomotorische Amnesie. Das bedeutet: Die Kommunikation zwischen Spüren (Sensorik) und Steuern (Motorik) der Muskeln ist gestört. Schuld daran können dauerhafte Verspannungen, ein Trauma oder Verklebungen im Bindegewebe sein. „Die Pandiculations wirken wie ein Reset, also wie ein Neustart im sensomotorischen Zentrum des Gehirns“, erklärt Gorter.
Die Übungen lassen sich auch bei Pferden anwenden. Pferdeexpertin Petra Sackschewski macht das über Bodenarbeit. Sie streicht etwa mit den Händen über den Führstrick und nimmt so Kontakt zum Pferd auf.
Kontakt:
Lust auf Neurobalance? Ab September gibt’s Einzelcoachings für Pferd und Reiter in Leichlingen sowie Kurse mit Übungen aus der Pohltherapie in Essen, Köln und Krefeld. Infos bei Petra Sackschewski unter rothhof-web.de und bei Freimuth Gorter unter gorter-pohltherapie.de