Natalie hängt durch, und das wortwörtlich. Eigentlich soll sie im umgekehrten Liegestütz gerade kraftvoll ihr eigenes Gewicht stemmen. Doch Pustekuchen: Die Arme der CAVALLO-Redakteurin sacken weg. Tja, vom Tippen allein kommt eben nichts.
Aber keine Sorge, das wird sich ändern: Denn Natalie Steinmann, ihre Kollegin Ute Stabingies und Autorin Cathrin Flößer werden fit gemacht. Und zwar von Sarah Rotterdam und Luuk Teunissen, die zusammen das "Fit2Ride"-Konzept entwickelt haben.
Das Ziel der beiden: Reiter kräftigen und stärken. Denn sind wir mal ehrlich: Kraft, Balance und Kondition wünschen wir Reiter uns zwar von unseren Pferden – aber bei uns selbst ist das oft Mangelware. "Dabei würden viele Reiter deutlich besser reiten, wenn sie sportlicher wären", sagt Sarah Rotterdam.
Schweiß für den guten Zweck: besser reiten
Besser reiten? Wer will das nicht! Also schicken wir Sarah und Luuk Reitvideos von den drei Sportwilligen in allen drei Grundgangarten. So können die beiden Trainer vorab die unterschiedlichen Baustellen analysieren. Beim Besuch in der CAVALLO-Redaktion lassen Sarah und Luuk dann die Schweißperlen der drei Damen fließen, aber alles für den guten Zweck: nämlich um deren Sitz und die Einwirkung im Sattel mit gezielten Übungen zu verbessern (siehe Fotostrecke). Übrigens zum Nachmachen empfohlen, denn von den Übungen profitiert jeder Reiter – unabhängig vom Fitness-Level.
Das fällt bei Natalie, Cathrin und Ute ganz unterschiedlich aus. Ute lässt es eher ruhig angehen, macht ab und zu Yoga oder geht bei gutem Wetter walken. Natalie spaziert mit ihrer Islandstute gerne stramm durch die Wälder und übt etwa jeden zweiten Tag Yoga. Cathrin ist die Sportskanone der drei: Sie ist seit 20 Jahren Leistungssportlerin im Volleyball, startet bei Fünf- oder Zehn-Kilometer-Läufen und ist im Zughundesport aktiv. "Kraft und Kondition habe ich, dafür hapert es oft an Balance und Beweglichkeit", sagt sie.
Ob nun die Balance fehlt oder doch eher die Ausdauer – vermutlich hakt es bei den meisten Reitern an der ein oder anderen Stelle. Und man weiß ja, dass man was dagegen tun müsste, damit man leichter und besser auf das eigene Pferd einwirken kann. Nur woher die Zeit nehmen, wenn Job, Familie und Pferd schon so viel davon beanspruchen?
Keine Ausrede mehr
Die "Keine Zeit"-Ausrede gilt zumindest mit "Fit2Ride" nicht mehr. "Wir haben uns für das Programm Übungen überlegt, die man sehr gut zwischendurch oder beim Warmlaufen mit dem Pferd machen kann", sagt Luuk Teunissen. Davon profitiert übrigens auch die reiterliche Gesundheit. Bandscheiben-Probleme etwa werden durch Ausgleichssport gemindert: Diese Erfahrung machte Luuk Teunissen selbst. Im Sinne des Reiters und des Pferds möchte er deshalb mit Sarah Rotterdam "Fit2Ride"-Trainer ausbilden, um das Konzept in den Reitställen zu verbreiten.
Aber sind die Übungen denn auch für Otto Normalreiter machbar? Luuk und Sarah haben schließlich gut reden: Sarah tanzt Ballett, war jahrelang Leistungsvoltigiererin und reitet Dressur bis Klasse M. Ihr holländischer Kompagnon kickte als Jugendlicher im Bundeskader, ritt Spring- und Dressurprüfungen bis in hohe Klassen und trainiert im Fitness-Studio, wenn er nicht gerade laufen geht. Können die drei CAVALLO-Ladys mit dieser geballten Fitness mithalten?
Sie tasten sich erst mal langsam vor und sollen den Hampelmann machen: in die Luft springen, Arme und Beine strecken und beim Landen darauf achten, dass die Knie nicht nach innen knicken und die Oberschenkelmuskeln den Sprung abfedern. "Das ist schon mal der erste Test für mich, wie es um die Grundfitness steht", erklärt Sarah. Nach zehn Hampelmännern zeigen Natalie, Ute und Cathrin noch keine Anzeichen von Schnappatmung – Test bestanden.
Also geht’s weiter mit den Aufwärmübungen, die Reiter gerne vernachlässigen. "In jeder Sportart gibt es ein Aufwärmprogramm, nur wir Reiter schwingen uns oft sofort aufs Pferd und reiten los", sagt Sarah Rotterdam. Dabei sind Dehn- und Lockerungsübungen ideal, um den Reiter mobil zu machen. Deshalb dürfen die drei ihre Arme kreisen lassen: "Achtet darauf, dass ihr den Arm aus der ganzen Schulter heraus dreht", korrigiert Sarah und gibt einen Tipp: "Armekreisen kann man auch in den ersten Schrittrunden im Sattel machen oder während man das Pferd im Schritt führt."

Typische Reiterprobleme für "Büro-Stuten"
Aufgewärmt sind die drei nun, jetzt geht es gezielt an ihre Baustellen – und die sind ganz typisch für Reiter, stellt Sarah fest: Natalie sitzt zu sehr auf den Oberschenkeln, Ute knickt immer wieder in der Hüfte ein und Cathrins Beine liegen unruhig.
Die Ursache für solche Probleme liegt häufig im Becken. "Das ist bei Reitern oft eine Problemzone", weiß Sarah. "Es lohnt sich, diesen Bereich zu trainieren." Denn im Idealfall gibt der Reiter 80 Prozent der Hilfen über den Sitz – dafür muss das Becken beweglich sein.
Weitere Schwachstellen vieler Reiter: Rücken und Bauch. Denn wer den ganzen Tag im Büro sitzt, wird gerne mal schief – das wissen die drei CAVALLO-Damen aus eigener Erfahrung. Wenn dann noch lange Auto- oder Bahnfahrten dazukommen, tun sich Reiter schwer damit, nach Feierabend aufrecht im Sattel zu sitzen. Oft sind auch die vorderen Bauchmuskeln verkürzt. "Die brauchen wir aber beim Reiten und daher ist es wichtig, sie zu dehnen", betont Sarah.
Das gelingt zum Beispiel mit einer Rückbeuge im Stehen. "Dabei werden die Bauchmuskeln wieder lang gezogen, ebenso die Hüftbeuger und die Wirbelsäule, damit die Bandscheiben entlastet werden", erklärt Sarah. Ob’s hilft?
Das darf Ute ausprobieren, die von sich selbst sagt: "Nach einem langen Bürotag muss ich meinen Körper oft neu sortieren." "Die Übung kann man auch prima zwischendurch im Büro machen", hakt Sarah ein. Ob die Kolleginnen Ute in Zukunft öfter beim Dehnen beobachten können? Gut möglich. "Das tut sehr gut", stellt die nämlich beim Dehnen fest.
Natalie wird mit Ausfallschritten beweglicher gemacht, die das Becken mobilisieren. Das ist wichtig für Reiter, die gerne auf den Oberschenkeln sitzen, erklärt Sarah: "Solche Reiter werden automatisch in der Hüfte fest, also muss die erst wieder beweglich werden."
Beweglichkeit ist aber nicht alles, deshalb kommt noch Krafttraining dazu – in Form der umgekehrten Planke. Die Übung öffnet nebenbei den Schulterbereich. Dafür müssen Reiter ganz buchstäblich ihren Hintern hochbekommen – hängt der Körper durch, ist die Übung nämlich für die Katz. Natalie gelingt es zwar, die Körperspannung zu halten. Davon, die Arme wie beim Liegestütz beugen zu können, ist sie aber noch weit entfernt. "Was Krafttraining angeht, bin ich doch eher ein Muffel", gibt sie zu.

Volle Konzentration, sonst fällt Cathrin um
Cathrin arbeitet daran, ihre Beine unabhängig vom Becken bewegen und so im Sattel ruhiger halten zu können. Dafür schwingt sie ihre Beine in alle Richtungen; das Becken soll gleichzeitig ruhig bleiben. "Da muss ich mich ganz schön konzentrieren, um nicht umzufallen", meint sie.
Fazit nach einer Stunde Turnprogramm: Sport ist nicht immer Mord. Trotz Schweißperlen auf der Stirn sind die drei gut gelaunt. Und, haben Sie auch Lust, besser zu reiten? Dann machen Sie doch mit. Unten finden Sie noch mehr Übungen zum Nachmachen.