Von Quarter Horses schwärmt man wie von Arabern, daß sie die vielseitigste Pferderasse der Welt seien. Quarters messen zwischen 1,40 und 1,65 Meter; wiegen im Schnitt um 530 Kilo und werden offiziell von der American Quarter Horse Association (AQHA) in sechs Typen unterschieden:
Foundation Horse (Pferd im ursprünglichen Arbeitspferdetyp, entspricht dem Stocktyp, hat nicht mehr als 20 Prozent Vollblut); Cowhorse (kräftig, athletisch, schnell); Reining-Pferd (angeborene Veranlagung zum Sliding Stop, kommt oft aus Cowhorse-Linien); Halter-Pferd (Exterieur soll möglichst perfekt dem Zuchtziel entsprechen); Pleasure-Pferd (mittelgroß bis groß, feingliedrig); Hunter-Typ (ähnelt Warmblütern, hat oft deutlichen Vollbluteinschlag und einen raumgreifenderen Trab. In den USA sind Spitzen-Hunter oft fast reine Vollblüter mit Quarter-Papieren); Renn-Quarter.
Schaut man genauer hin, sind es noch mehr als diese sechs Typen. Darunter finden sich Pferde, die sich auf den ersten Blick nicht von einem Warmblüter unterscheiden; andere scheinen deutlichen Vollblut- oder einen Schuß Pony-Einschlag zu haben.
CAVALLO legte dem Quarter-Experten Jürgen Döring sieben Fotos von reinrassigen Quarters vor und bat ihn, das Exterieur der Pferde zu beurteilen. Dabei verblüffte Döring: Er wies nicht nur darauf hin, daß er für eine endgültige Bewertung das Pferd in natura sehen muß, sondern ging noch einen Schritt weiter: „Um das Exterieur richtig beurteilen zu können, müßte ich jedes der Pferde reiten“ – eine Forderung, die vor allem Richter von Reitpferden immer wieder zu hören bekommen. Was nützt schließlich das schönste Exterieur, wenn das Pferd so unbequem zu reiten ist wie ein Holzklotz?
Döring orientiert sich bei der Pferdebeurteilung am Quadrat. Das legt er in Gedanken über den Rumpf („ist das Pferd zu lang?“) und zeichnet innerhalb dieses Quadrats ein Trapez, dessen Seiten Schulter und Hüftknochen sind. Oben wird es durch die Linie Widerrist-Kreuzbein begrenzt. Die Ausgewogenheit des Trapezes entscheidet, ob Döring ein Pferd als harmonisch oder unharmonisch empfindet.
Dert Experte

Jürgen Döring, 52, war zunächst Warmblutzüchter und Springreiter. Der gelernte Kaufmann, der unter anderem Reitanlagen baut, stieg vor 12 Jahren auf Quarters und das Westernreiten um („ich werde nicht jünger, und die Springpferde wurden mir im Parcours zu anstrengend“), wobei ihn die Rinderdisziplin Cutting am meisten fasziniert.
Er züchtet im Jahr zwei bis vier Fohlen, hat etliche davon behalten und ist mit seinen Pferden bei Wettkämpfen äußerst erfolgreich: Mit einer Ausnahme errang er jedes Jahr den European Champion im Cutting. 2000 siegte er im World Open Championat auf der Americana. 2002 war er Vizechampion und Europameister im Teamcutting; in den USA zählte er unter rund 3000 Reitern mehrmals zu den Finalisten in den Superstakes. Döring war am Aufbau der NCHA (National Cutting Horse Association) in Deutschland beteiligt und arbeitete dort mit seiner Frau bis 1998 in der Geschäftsführung.
Zuchtstute im Stock-Typ

Eindruck:
Eine richtig nette Zuchtstute im alten Stock-Typ, der dem ursprünglichen Arbeitspferd entspricht. Auf dem Foto läßt sich die Vorderpartie weniger gut beurteilen. In dieser Position sind keine auffälligen Mängel erkennbar. Die Stute ist für Cutting und Reining einsetzbar.
Kopf und Hals:
Hübscher Kopf mit unheimlich weichem Ausdruck. Ausgeprägte Ganaschen (1). Das kurze, feste Maul und die großen Nüstern (2) sind sehr schön, außerdem praktisch, da man davon ausgeht, daß das Pferd damit bei der Arbeit schnell und gut Luft bekommt.
Rücken und Bauch:
Harmonische Oberlinie, kräftiger Rücken. Der Bauch müßte sich noch etwas zurückbilden.
Kruppe:
Richtig angenehm rund.
Hinterhand:
Hervorragend ausgebildet mit harmonischem Schwung (siehe eingezeichnete Linie, 3).
Beine:
Wirken kräftig. Hinten sind sie im Sprunggelenk gut gewinkelt (4). Gut ausgeprägte Muskulatur am Unterschenkel (Pfeil). Wie im Zuchtziel erwünscht, sind die Röhren kurz (5).
Modern mit Mängeln

Eindruck:
Vermutlich ein verhältnismäßig großer Quarter. Er steht im Renn- oder im modernen Reitpferdetyp, der für die sogenannten „englischen“ Disziplinen (Hunter, Hunt Seat) typisch ist. Das Pferd sieht recht schnell, aber nicht unbedingt stark im Rücken aus. Das Trapez ist nicht ausgewogen: vorne (1) steiler als hinten(2).
Kopf und Hals:
Schöner, kleiner Kopf. Der Hals ist etwas zu kurz und zu durchbiegig, das heißt, die Unterhalsmuskulatur dürfte nicht so stark ausgeprägt sein (3).
Vorhand:
Die Schulter ist zu steil.
Rücken und Bauch:
Der Rücken sieht nicht sehr stabil aus, die Bauchlinie (4) ist im Verhältnis zur Rückenlinie zu lang.
Hinterhand:
Winkelung ist hier zu steil, idealer wäre eine flacherere Linie.
Beine:
Im Vergleich zu den Hinterbeinen sind die vorderen Fesseln deutlich länger und steiler, ebenso die kleinen Hufe (5). Die vorderen Röhrbeine machen eine deutliche Biegung (siehe Punktlinie über 5), die Sehne wirkt unter dem Karpalgelenk wie eingeschnürt. Das ist nicht optimal, weil es darauf deutet, daß die Sehne nicht optimal am Gelenk ansetzt und Belastungen schlechter standhält.
Ein untypischer Gesell

Eindruck:
Untypisches Quarter Horse. Schimmel sind selten; sein Körper wirkt nicht harmonisch. Nur die gut bemuskelte Hinterhand erinnert an die Rasse. Cutting oder Reining ist eher nicht sein Fall. Es ist ein gutes Pferd für Pleasure oder Trail, wenn es immer rundgeritten wird.
Kopf und Hals:
Der Kopf (1) wirkt im Verhältnis zum zierlichen Hals zu schwer. Ganaschenfreiheit ist vorhanden. Das Genick ist in Ordnung (2). Der Hals ist zu kurz und zu hoch angesetzt (Fachsprache „aufgesetzt“).
Vorhand:
Die Schulter ist im Vergleich zur Hinterhand zu steil; die Trapezlinien (3) und (4) haben nicht denselben Winkel.
Rücken:
Zu lang. Das Pferd wirkt dadurch zu rechteckig. Um ein gutes Exterieur zu
haben, müßte das Pferd an der hinteren senkrechten Linie aufhören.
Hinterhand:
Gut bemuskelt, steht aber nicht weit genug unterm Pferd. Der Hinterhuf muß auf oder vor der senkrechten Linie Kruppenmitte-Boden liegen.
Beine:
Die Röhren sind im Verhältnis zum Unterschenkel zu lang (5). Lange Röhren entsprechen nicht dem Zuchtziel, obwohl wissenschaftlich nicht erwiesen ist, ob lange Röhren verletzungsanfälliger sind oder das Pferd wackeliger stehen lassen.
Der vertrackte Axthieb

Eindruck:
Ein richtiges Allroundpferd, das möglicherweise nur durch das Foto etwas zu vorlastig wirkt. Die recht gut bemuskelte Hinterhand gleicht eventuelle Mängel an Schulter und Hals aus. Für alle Disziplinen geeignet.
Kopf und Hals:
Keine Ganaschenfreiheit. Die Linie vom Hals zum Rücken ist nicht harmonisch (ideal: sanfte Kuhle für eine gute Sattellage, ohne Ecken zur Höhe des Kreuzbeins, dann sanft zur Kruppe abfallen), sondern eckig. Der Axthieb (Delle vor dem Widerrist, 1) ist zu weit vorne. Er sollte auf senkrechter Linie mit dem Ellenbogen liegen. Hals tief angesetzt, zu viel Unterhals (2), zu wenig Oberhals (3).
Vorhand:
Die Schulter ist ein wenig zu steil. Ich halte nichts davon, hier Gradzahlen per Geodreieck zu ermitteln. Wichtig ist stets das Verhältnis zur Hinterhand.
Hinterhand:
Steht ausreichend gut unter.
Beine:
Röhren dürften kürzer sein. Der Unterschenkel ist hier nicht deutlich länger.
Harmonie mit langen Ohren

Eindruck:
Recht hübsches und typisches Quadratpferd. Das Trapez ist ausgewogen. Das Tier hat Merkmale, die man bei einem Halter-Quarter sehen möchte, etwa die harmonische Bemuskelung. Der harmonische Eindruck ergibt sich durch das gleichmäßige Trapez. Für meinen Geschmack ist das Pferd noch etwas zu lang. Es ist ein typisches Pferd für Pleasure, Trail- oder Hunterdisziplin, dagegen wenig geeignet für Cutting, Reining oder Working Cowhorse.
Kopf und Hals:
Typischer, ausdrucksvoller Kopf in der verlangten Dreiecksform (breite Stirn und Backen, zierliches Maul). Die Ohren sind zu groß.
Vorhand:
Die Schulter ist vorbildlich schräg. Das heißt: Ihr Winkel ist nicht größer als 50 Grad und stimmt mit dem Trapezwinkel hinten überein. Widerrist: nicht genügend ausgeprägt. Bei einem Halterpferd ist die Sattellage aber oft unwichtig.
Kruppe:
Gut
Hinterhand:
Durch die Position auf dem Foto kann man nicht klar erkennen, ob die Hinterhand zu wenig untersteht.
Beine:
Gut und kräftig. Röhrbein hat im Vergleich zum Unterschenkel die richtige Länge.
Auf den Hintern setzen

Eindruck:
Eine typvolle Stute mit schöner Oberlinie. Sie ist sofort als Quarter zu erkennen und sieht trotz Fohlen richtig fit aus.
Kopf und Hals:
Ausdrucksvolles Gesicht mit großen Augen und schöner, breiter Stirn. Der Hals dürfte unten ein bißchen schlanker und minimal länger sein (siehe gestrichelte Linie, 1).
Vorhand:
Soweit vom Foto her zu beurteilen, in Ordnung.
Hinterhand:
Gut untergesetzt. Das Pferd sieht aus, als würde es sich beim Stoppen gleich auf den Hintern setzen. Beine: sehen nach einer älteren Stute aus. Falls sie jedoch jünger ist, hätte ich bei dem Zustand der Gelenke (2, geschwollen, Gallen) Bedenken. Hufe: groß genug, sehen stabil.
Kämpfer für alle Disziplinen

Eindruck:
Sieht nach einem Hengst aus, der zur Zeit nicht im Training steht. Ein kompakter Athlet und Kämpfer für alle Disziplinen. Ein richtig nettes Pferd. Es kann sein, daß er gerade den Kopf hebt, weil er aufmerksam schauen soll. Dadurch entsteht kurzzeitig eine zu starke Aufrichtung, die bei der Beurteilung von Rücken und Hals zu Unrecht negativ beurteilt wird.
Kopf und Hals:
Schöner Kopf, kleine Ohren. Der Hals wirkt zu hoch angesetzt und müßte ein wenig schlanker sein. Zu wenig Ganaschenfreiheit, eventuell Schwierigkeiten beim Nachgeben.
Vorhand:
Hervorragende Schulter.
Rücken:
Schön kurz, eventuell durch die hohe Aufrichtung leicht durchbiegig.
Hinterhand:
Recht schön, da sie gut untersteht, wirkt aber dennoch zu schwach, zu wenig bemuskelt im Verhältnis zur Vorhand.
Beine:
Scheinen sehr stabil zu sein. Die Beine sehen aus, als könnten sie das eigene Gewicht und das Reitergewicht ohne großen Verschleiß auch bei starker Belastung tragen.