Meppen: Zwei Pferde brechen von der Weide aus. Buxtehude: Mehrere Tiere entkommen von ihrer Koppel. Bremen: Drei Pferde büxen aus. Alle drei Ausbrüche endeten mit verletzten oder toten Tieren. Ein solches Risiko lässt sich mit möglichst sicheren Weidezäunen minimieren. Checke vor der Weide-Saison daher, ob die Zäune in deinem (Pensions-)Stall noch intakt sind. Wir liefern die Fakten dazu: Welche Zauntypen gibt es? Wie sollten sie gesetzt werden? Welches Material ist empfehlenswert? Und gibt es überhaupt Vorgaben für den Zaunbau?
Um daran anzuschließen: Ja, gibt es. Wird vor Gericht die Haftungsfrage nach einem Weide-Ausbruch geklärt, prüfen Richter, ob der Zaun "hütesicher" war. Gesetzliche Vorgaben gibt es aber nicht. Die Rechtsprechung orientiert sich an Folgendem: den "Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten" (vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, BMEL), den "Richtlinien Reiten und Fahren", Band 4, von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) und den "Orientierungshilfen Reitanlagen- und Stallbau" von FN-Autorin Gerlinde Hoffmann.
Neues Merkblatt bündelt aktuelle Empfehlungen
In den Leitlinien heißt es etwa: "Die Einzäunung muss gut sichtbar, stabil und möglichst ausbruchsicher sein." Wie die Umsetzung im Einzelfall empfohlen wird, hängt vom Zauntyp ab.
Das aktuelle Merkblatt zu sicheren Weidezäunen der Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) ist abrufbar unter: www.dlg.org. Hierfür wurden bisherige Empfehlungen teils überarbeitet und angepasst. Die Weide-Lage wird etwa nicht mehr in drei Risikobereiche eingeordnet. Ist sie aber weniger als einen Kilometer von Bahnschienen, Autobahnen oder großen Bundesstraßen entfernt, "muss die Umzäunung dreireihig sein", erklärt Günter Herkert, Technischer Leiter bei der Stallbaufirma Patura und Mitautor des Merkblatts.
Mitautorin Dr. Christiane Müller, FN-Tierschutzbeauftragte sowie öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Pferdehaltung, rät in diesem Fall zum Kombizaun. Die Lage der Weide ist zudem nur ein Risikofaktor, erklärt sie: "Je kleiner die Koppel, je weniger Futter dort steht, je mehr Pferde sich dort bewegen, je extremer Wetterverhältnisse, Wind oder Trockenheit sind, desto wichtiger ist ein zuverlässiger und hochwertiger Zaun."
Einsteller können für Weide-Ausbrüche haften
Ob ein Zaun noch sicher ist, muss regelmäßig kontrolliert bzw. nachgebessert werden. Dafür sind Pferdehalter bzw. Pferdehüter (also etwa die Stallbetreiber) verantwortlich. Andernfalls können sie für Unfälle oder Schäden haftbar gemacht werden, die ausgebrochene Pferde verursachen.
Doch Achtung: Weiß man als Pferdebesitzer, dass der Zaun nicht sicher ist – etwa weil der Strom aus Spargründen regelmäßig abgeschaltet wird – und unternimmt nichts dagegen, hängt man leicht in der Haftungsfalle. Bricht das Pferd aus der Weide aus und verletzt sich oder andere, verringert sich der Haftungsanteil des Stallbetreibers. Wirf daher am besten gleich einen Blick auf den Weidezaun in deinem Stall!
Festzaun
Besteht aus: Pfosten, Querverbindungen (aus Holzlatten, Kunststoffplanken, seltener Metallrohre)
Aufbau: drei Reihen in Höhen von 45 – 60cm (1. Reihe), 70 – 100 cm (2. Reihe), 120 – 140 cm (3. Reihe, bei Springpferden/Hengsten höher)
Pfostenabstand: ca. 2,50 bis 5 Meter
Kosten pro laufendem Zaun-Meter (dreireihig): circa ab 15 Euro (Holz), ab 30 Euro (Kunststoff), ab 9 Euro (Bänder)
Massiv eingezäunte Koppeln bestehen meist aus Holz- oder Kunststoffelementen (Planken oder Bänder). Solche Zäune sind fürs Pferd gut zu erkennen.

Holzzäune haben entweder flache oder halbrund geschnittene Bretter als Querverbindungen. Halbrundhölzer sollten den Orientierungshilfen zufolge mindestens 12 Zentimeter im Durchmesser haben, die Flachbretter sollten mindestens vier Zentimeter stark sein. Häufig werden Weichhölzer wie Fichte oder Kiefer verwendet. Sind sie jedoch nicht imprägniert, halten sie meist nur vier bis fünf Jahre. "Doch Imprägnierungen mit Holzschutzmitteln sind aus Umweltschutzgründen nicht mehr zeitgemäß, weil die Stoffe in den Boden und ins Grundwasser gelangen können", sagt Günter Herkert.
Er rät deshalb zu Harthölzern, die auch ohne Imprägnierung jahrezehntelang halten können. Zu den Harthölzern zählen Eiche, Edelkastanie (vor allem in der Schweiz in Verwendung) und Robinie. Doch Achtung: Samen und Rinde der Robinie sind giftig. "Die Giftdosis nimmt aber ab, wenn man die Rinde großzügig hobelt. Bei Koppelzäunen und -pfosten sind Rinde und Restteile so gut wie entfernt. Und mit einer zusätzlichen E-Zaun-Litze minimiert man die Gefahr, dass die Pferde am Holz nagen", sagt Herkert.

Harthölzer können allerdings im Gegensatz zu Weichhölzern doppelt so teuer sein. Generell schwanken die Holzpreise ständig und unterscheiden sich lokal teilweise deutlich.
Der Zaun im Selbstcheck:
- Müssen ältere Hölzer ausgetauscht werden, weil sie morsch oder brüchig geworden sind?
- Splittert das Holz an einigen Stellen?
- Ist der Zaun vor Verbiss durch die Pferde geschützt?
Preislich stabiler sind Kunststoffzäune. Knackpunkt: Die Montage ist nicht ohne. Denn die einzelnen Elemente (Pfosten und Planken) sind exakt aufeinander abgestimmt und müssen genauso präzise gesteckt werden. Heißt: zentimetergenau – was auf größeren Koppeln gar nicht so einfach ist. Einige Hersteller bieten aber an, mit ihren eigenen Fachleuten den Zaun-Aufbau zu meistern.
Was die Haltbarkeit angeht, stecken Kunststoff- nicht hinter Holzzäunen zurück. Sie können zehn bis 20 Jahre halten. "Allerdings muss man auf die Stabilität sowie die UV- und Frostbeständigkeit achten", sagt Gerlinde Hoffmann, Autorin des Buchs "Orientierungshilfen Reitanlagen- und Stallbau". Tipp: In der Produktbeschreibung sollte das Material als UV- und frostbeständig ausgewiesen sein. Es darf zudem nicht splittern, wenn es brechen sollte – etwa weil sich ein Kaltblutpferd dagegen gelehnt hat.
Ohne Verletzungsgefahr kommen Bänder aus Kunststoff daher. Sie sind nur wenige Millimeter stark, sieben bis acht Zentimeter breit und sollen sehr strapazierfähig sein. Meist bestehen sie aus PVC-beschichtetem Polyestergewebe. Ihr Vorteil: Sie lassen sich relativ einfach anbringen, sind für Pferde gut sichtbar und dabei stabiler, heißt: nicht so windanfällig wie Breitbandlitzen.
Der Zaun im Selbstcheck:
- Gibt es brüchige Stellen am Zaun?
- Hat sich der Zaun witterungsbedingt verändert, etwa verschoben?
- Sind Verbindungsstellen von Pfosten zu Planke intakt und stabil?
Apropos: Zu festen Elementen zählen auch Hecken. Diese sollten laut FN-Empfehlung aber mindestens 1,50 Meter hoch und 60 Zentimeter breiten Bewuchs aufweisen, um die Weide zu begrenzen.
Elektrozaun
Besteht aus: Pfosten, Elektrozaundraht (Litzen, Seile, Breitband, Pferdezaundraht), Isolatoren
Aufbau: mindestens zwei, besser drei Reihen, beginnend bei 40 bis 70 cm Höhe, weitere Reihen folgen im selben Abstand
Zubehör: Weidezaungerät mit mindestens 2 500, besser 3 000 bis 4 000 Volt Spannung
Pfostenabstand: ca. 3,50 bis 4 Meter (Breitbandlitzen), ca. 6 bis 8 Meter (Seile, Pferdezaundraht)
Kosten pro laufendem, dreireihigen Zaun-Meter (inkl. Zwischenpfosten, Zaundraht, Isolatoren, Verbindungsstücken): ab ca. 3 Euro (Seile), ab ca. 4 Euro (Breitbandlitzen), ab ca. 5 Euro (Pferdezaundraht)
Ein Elektrozaun ist mehr psychologisches als physisches Hindernis. Die meisten Pferde haben vor dem elektrischen Schlag Respekt. Viele spüren ohne direkten Kontakt, ob Strom fließt. "Elektrozäune sind laut dem neuen Merkblatt der DLG auch als alleiniger Zaun erlaubt. Vorausgesetzt, sie sind entsprechend sicher aufgestellt, genügend hoch und haben zwei oder drei Querverstrebungen", erklärt Günter Herkert. Als Faustformel für die oberste Reihe gilt: mindestens 0,75 x Widerristhöhe des größten Pferds. Ausbruchsicherer ist es, darauf nochmal mindestens 20 Zentimeter zuzuschlagen.
Ein hoher Zaun ist ohne ein gutes Weidezaungerät nur die halbe Miete. Das Gerät muss gewährleisten, dass auch am Zaunende – der Stelle, die von ihm am weitesten entfernt ist – eine Spannung von 2 000, besser 3 000 bis 4 000 Volt vorhanden ist. Je länger der Zaun, umso mehr Energie muss das Gerät liefern.
Und es muss korrekt geerdet sein. Nur das gewährleistet den Stromkreislauf, sprich: dass das Pferd beim Berühren des Zauns einen Schlag bekommt. Dafür werden in der Regel mindestens drei Stäbe von je einem Meter Länge im möglichst feuchten Erdboden versenkt.
Ob der Strom fließt, können Pferdehalter per Zaunprüfer kontrollieren. Oder sie lassen sich die Ergebnisse aufs Handy liefern: Einige Geräte melden per App, ob die Spannung unterbrochen wurde. Das kann etwa durch zu hohen Bewuchs oder Baumäste passieren, die den Zaun berühren und so Strom abzweigen.
Der Zaun im Selbstcheck:
- Sind am Zaun idealerweise drei Querreihen vorhanden?
- Funktioniert das Weidezaungerät, liefert es genügend Spannung?
- Ist es korrekt geerdet?
- Stören Bewuchs oder Äste den Stromfluss?
Die Querverbindungen des Elektrozauns werden allgemein Elektrozaundraht genannt. Am häufigsten werden diese vier Varianten verwendet: Litzen (Durchmesser zwei bis drei Millimeter), Seile (Durchmesser 7 mm), Pferdezaundraht (kunststoffummantelter Stahldraht, Durchmesser 7 mm) und Breitbandlitzen (10, 20 oder 40 mm breit). Integrierte stromführende Leiter (aus Edelstahl, Kupfer, Aluminium oder Tricond) sorgen dafür, dass der Strom fließen kann. Tipp: Je mehr Leiter (Anzahl steht auf der Verpackung) und je geringer der Ohm-Wert, umso besser leitet das Material.
Damit es das am Zaun auch noch leistet, muss es korrekt befestigt sein. Oft sieht man geknoteten oder ausgefransten Zaundraht; in so einem Fall geht Strom verloren oder fließt womöglich gar nicht mehr. Das gilt auch, wenn die Querverbindungen nicht durch passende Isolatoren geführt werden.
Zaundraht im Selbstcheck:
- Ist der Zaundraht ausgefranst?
- Verläuft der Zaundraht korrekt durch die Isolatoren?
- Sind alle Querverbindungen miteinander verbunden, damit der Strom in allen Reihen fließt?
Für welche Variante sich Pferdebesitzer oder -hüter entscheiden, hängt von mehreren Faktoren ab: Witterung, Haltbarkeit und Verletzungsrisiken.

Am anfälligsten für Wind, Regen und Schnee sind Breitbandlitzen. Durch ihre Breite bieten sie die entsprechende Angriffsfläche; dadurch können sie sich weiten, werden länger und können durchhängen. "Deshalb machen Breitbandlitzen beim Zaunbau einen größeren Aufwand. Damit die Bänder gut gespannt bleiben, müssen die Pfosten näherstehen", erklärt Günter Herkert. Er empfiehlt einen Abstand von 3,5 bis 4 Meter. Gummigebettete Isolatoren schützen die Litzen durch ein Gummibett; das zögert die Materialermüdung der Breitbandlitzen etwas heraus.
Seile oder Litzen sind in diesem Punkt nicht so anfällig. Sie halten in der Praxis zehn Jahre oder länger. Weil sie keine Windfänger sind, können zudem die Pfosten weiter auseinander stehen. Sechs bis acht Meter Zwischenraum seien durchaus möglich, so Herkert.
Was die Sichtbarkeit angeht, schneiden Litzen und Seile im Vergleich zu Breitbandlitzen schlechter ab. Je breiter der Zaundraht, umso besser können Pferde ihn erkennen – und umso geringer ist das Risiko, dass aufgeregte Pferde in den Zaun hineinstürmen.
Doch wie ist es um das Verletzungsrisiko bestellt, wenn sich ein Pferd im Zaundraht verfängt? Riskant wird es, wenn von Witterungseinflüssen geweitete Breitbandlitzen bis auf den Boden hängen. Pferde können sich darin leichter verfangen, allerdings schnürt Breitband nicht so sehr ein.
Anders sieht es bei Seilen oder Litzen aus. Bei beiden Varianten können sich Pferde schwere Schnittverletzungen zuziehen, wenn sie darin hängen bleiben. Die dünneren Litzen reißen früher als die stabileren Seile, sind dafür aber optisch nicht so gut für die Tiere zu erkennen. Seile sehen sie besser. Dafür werden Seile unter Belastung – etwa wenn ein Pferd panisch versucht, sich daraus zu befreien – schmaler, was zu schweren Schnittverletzungen führen kann.
Die verletzungsärmste Variante stellt Pferdezaundraht dar. Dieser sieht zwar aus wie ein Seil, ist aber unelastisch. Das Material leiert nicht aus, kann sich nicht schmaler ziehen oder um Pferdebeine wickeln. In punkto Sichtbarkeit ist der Draht mit Seilen zu vergleichen. Denkbar wäre, Pferdezaundraht mit noch besser erkennbaren Breitbandlitzen zu kombinieren.
In der Kunststoffhülle des Pferdedrahts steckt ein stromführender Stahldraht. Kohlenstofffasern leiten die Spannung vom Draht an die Oberfläche. Dazu ist die Drahtart ziemlich unverwüstlich. Herkert rechnet mit einer Langlebigkeit von 20 bis 30 Jahren, die weit über die von Herstellern angegebenen zehn Jahre hinausgeht. Nachteil: Pferdezaundraht ist von allen Varianten die teuerste.
Kombizaun
Besteht aus: Pfosten, feste Querverbindungen (z.B. aus Holz), zusätzliche Stromsicherung (z.B. durch Litzen oder Seile)
Aufbau: mindestens zwei, besser drei Reihen in Höhen von 45 – 60 cm (1. Reihe), 70 – 100 cm (2. Reihe), 120 – 140 cm (3. Reihe, je nach Pferde auch höher)
Zubehör: Weidezaungerät mit mindestens 2 500, besser 3 000 bis 4 000 Volt Spannung
Pfostenabstand: je nach Material ab 2,50 bis 5 Meter
Kosten pro laufendem Meter (zwei Reihen Holz, zwei Reihen Seile): ab ca. 16 Euro (Holzzaun plus Seile)
Der ideale Zaun aus Sicht von Günter Herkert kombiniert feste Materialien mit zusätzlicher Elektro-Umzäunung. In der Praxis ergeben sich daraus viele Gestaltungsmöglichkeiten: Etwa aus drei festen Querverbindungen mit einer zusätzlichen Elektro-Sicherung innen. Oder nur die oberste Querverbindung aus einem festen Material, das mit einem innenliegenden Zaundraht vor Pferdezähnen geschützt ist – plus zwei weitere Reihen aus Breitband, Litze, Seil oder Pferdedraht. Oder oberste und unterste Reihe hölzern, die mittlere stromführend. Oder eine stromführende Querverbindung, die als Erhöhung auf einen bestehenden Holzzaun aufgesetzt ist.
Generell ist zu empfehlen: Dient die Elektroumzäunung nur als Knabberstopp für einen Holzzaun, reichen hierfür Litzen oder Pferdedraht aus. Gibt es hingegen nur eine feste Querverbindung und die übrigen beiden sollen stromführend sein, raten Experten in diesem Fall zu Breitbandlitzen, Seilen oder Pferdedraht.
Wie auch immer der Kombizaun in der Praxis gestaltet ist, er verbindet die Vorteile beider Zauntypen: Die festen Elemente können Pferde gut wahrnehmen. Der zusätzliche Elektro-Schutz bietet ein Plus an Sicherheit auf der Weide und hält die Tiere zudem davon ab, am Zaun zu knabbern. Was die Langlebigkeit der Materialien und die Kontrolle angeht, können sich Pferdehalter an den Grundtypen Festzaun/Elektrozaun orientieren. Wer ohnehin schon einen festen Zaun um seine Weiden hat, kann diesen meist recht unkompliziert mit einem zusätzlichen Elektroschutz ausrüsten – und hat damit das Maximum an Sicherheit für seine Koppel erreicht.