Pferde-Kraftfutter: Das müssen Reiter zu Hafer & Co wissen
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Welches Kraftfutter braucht mein Pferd?
Kraftfutter für Pferde: Fast jedes Pferd bekommt Getreide als Pferdefutter. Doch wenn es um die Wahl der Sorte geht, herrschen Vorurteile. CAVALLO schafft Klarheit – auch über die passenden Kraftfuttersorten für Ihr Pferd.
Melanie Tschöpe und Barbara Böke
08.08.2012
Foto: Rädlein
Welches Kraftfutter ist für Pferde am besten? Die Vor- und Nachteile von Hafer, Gerste, Mais, Dinkel und Müsli auf einen Blick:
Hafer
Lisa Rädlein
FazitHafer vertragen Pferde generell besser als anderen Getreidearten. Er ist der Trumpf im Trog.
Nährwerte: Hafer liegt beim Energiegehalt im Mittelfeld des Getreides. Sein großer Vorteil ist die Stärkeverdaulichkeit: Pferde kauen die großen Körner gut und können die Stärkemoleküle im Dünndarm leicht spalten. So nutzen sie zwischen 80 und 90 Prozent der enthaltenen Stärkeenergie – top bei allen Getreidesorten.
Die gute Verdaulichkeit kann Pferde heiß machen. Sie ziehen schnell viel Energie aus dem Futter. Dieses Problem lösen Reiter aber nicht mit anderen, schwerer verdaulichen Körnern, die die Verdauung belasten. Besser: weniger Kraft- und mehr Raufutter geben. Auch die Aminosäuren im Hafer passen besser zum Pferdebedarf als bei anderen Getreiden. Zusammen mit dem Raufutter liefert er meist genügend Proteine. Wie bei jedem Getreide fehlen jedoch wichtige Vitamine und Mineralien. Die müssen durch Mineralfutter ergänzt werden. Ob Hafer gelbe, weiße oder schwarze Spelzen hat, ist egal, sein Nährwert ist immer gleich. Zu viel Hafer in der Krippe stört den Stoffwechsel und den Haushalt von Mineralstoffen, Säuren und Basen
Energie: 11,1 MJ/kg
Rohprotein: 106 g/kg
Dünndarmverdauliches Rohprotein (dvRP): 80g/kg
Rohfaser: 102g/kg
Stärke: ca. 400g/kg
Stärkeverdaulichkeit: 80-90%
Füttern & lagern: Hafer ist durch seine Spelzen anfällig für Keime und Pilze. Verfärbungen und ein muffiger Geruch warnen vor Toxinen. Laboruntersuchungen oder der Wasser-Test klären die Qualität. Hafer muss immer gut gereinigt sein sowie kühl und trocken gelagert werden. Stimmen die Bedingungen, ist er mehrere Monate haltbar. Quetschen oder schroten muss man Hafer nur für Pferde, die schlecht kauen.
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Gerste
Juan Silva / GettyImages
FazitSchwere Kost für den Darm. Sollte nie ganz gefüttert werden.
Gerste ist das älteste kultivierte Getreide und vor allem im Orient ein wichtiges Kraftfutter.
Nährwerte: Gerste enthält deutlich mehr Energie als Hafer. 900 Gramm Gerste ersetzen ein Kilo Hafer. Ihre Stärke ist fürs Pferd aber schwer verdaulich. „Sie war schon in der Antike als Auslöser für Hufrehe bekannt“, sagt Hans-Peter Karp. Dass Pferde mit Gerste weniger heiß werden als mit Hafer, ist kein positiver Effekt. „Schwer verdauliches Getreide belastet den Darm“, erklärt Constanze Röhm. „Die Pferde sind ruhiger, weil die Verdauung viel Energie kostet.“ Viele Reiter glauben, dass Gerste bei dünnen Pferden besonders gut ansetzt. Das können Fachleute nicht bestätigen.
Energie: 11,7MG
Rohprotein: 109 g/kg
Dünndarmverdauliches Rohprotein (dvRP): 75 g/kg
Rohfaser: 50 g/kg
Stärke: ca. 530 g/kg
Stärkeverdaulichkeit: ca. 22 %
Füttern & lagern: Wegen der harten Körner und der schlechten Stärkeverdaulichkeit sollte Gerste nie ganz gefüttert werden. Oft wird sie geschrotet, optimal ist eine thermische Behandlung. Je stärker Gerstenkörner behandelt wurden, desto kürzer lassen sie sich lagern. Saubere Gerstenkörner sind dagegen länger haltbar als ganzer Hafer.
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Mais
Nora Carol Photography / GettyImages
FazitFette, stärkereiche Kost für spezielle Bedürfnisse. Da schwer verdaulich nur behandelt verfütterbar.
Mais stammt aus Amerika. Er landet erst seit dem 2. Weltkrieg in deutschen Pferdemägen.
Nährwerte: Maiskörner bestehen zu gut 60 Prozent aus Stärke und sind eiweiß- und rohfaserarm. Weil der Maiskeim viel Fett enthält, gilt das Korn als Dickmacher für Pferde. Doch die Maisstärke ist für Pferde ähnlich schwer verdaulich wie die der Gerste. „Beide Getreide setze ich nur ein, wenn spezielle Mängel auszugleichen sind, etwa weil ein Pferd schnell Fett und Muskulatur aufbauen muss“, sagt Constanze Röhm.
Energie: 12,8 MJ/kg
Rohprotein: 93 g/kg
Dünndarmverdauliches Rohprotein (dvRP): 74 g/kg
Rohfaser: 23 g/kg
Stärke: ca. 612 g/kg
Stärkeverdaulichkeit: 29% (beim ganzen Korn)
Füttern & lagern: Damit Pferde die Stärke in Energie umwandeln können, müssen Maiskörner vor dem Füttern behandelt werden. Schroten oder Walzen reichen hier nicht aus, weshalb Mais nur in wärmebehandelten Flocken oder gepoppt verfüttert werden sollte. Maisflocken sind im Futtermittelhandel erhältlich, aber in der Regel nicht besonders lange lagerfähig.
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Dinkel
R.Tsubin / GettyImages
FazitDer Nutzen von Dinkel ist umstritten, sein Einsatz in der Pferdefütterung kaum erforscht.
Vor allem in Müsli zu finden
Vermutlich schwer verdaulich
wenig erforscht
Der Dinkel-Trend in der menschlichen Ernährung spült die Urweizenart auch in deutsche Pferdekrippen – vor allem als Müsli-Zutat.
Nährwerte: Der Nutzen von Dinkel im Pferdefutter ist umstritten! Breite wissenschaftliche Erkenntnisse zur Verdaulichkeit bei Pferden gibt es bisher nicht. Constanze Röhm hält wenig vom Mode-Korn: „Alle mit Dinkel gefütterten Pferde, die ich bisher gesehen habe, hatten dicke Bäuche, waren dabei aber rippig und schlapp.“
Energie: 10,2 MJ
Rohprotein: 111 g/kg
Dünndarmverdauliches Rohprotein (dvRP): 84 g/kg
Rohfaser: 98 g/kg
Stärke: ca. 570 g/kg
Stärkeverdaulichkeit: unbekannt
Füttern & lagern: Um sicherzustellen, dass Pferde Dinkelstärke gut verdauen, sollte das Korn vor dem Füttern geschrotet oder wärmebehandelt werden. Durch seine Spelzen neigt Dinkel zu Keimbefall.
Müslis basieren auf Getreide, enthalten aber auch viele andere Komponenten wie getrocknetes oder gepresstes Obst und Gemüse, Luzerne und oft süße Melasse. Ihr Vorteil: Es sind alle Nährstoffe drin, die das Pferd zusätzlich zum Heu braucht, sofern das Müsli in der empfohlenen Menge gefüttert wird. Wer einzelne Getreide füttert, muss die gegebenenfalls durch Zusatzfutter ergänzen.
Nährwerte: Es gibt Müslis für jedes Pferd, egal ob leichtfuttriger Freizeitkumpel, Senior oder Spitzensportler. Auf dem Futter müssen Energiegehalt ebenso wie die analytischen Bestandteile (also Rohprotein, Rohfett, Rohfaser etc.) angegeben sein. Auch die ernährungsphysiologischen Zusatzstoffe – dazu zählen Vitamine, Spurenelemente, mitunter auch Aminosäuren – sollten aufgeführt sein. Achtung: Mineralisierte Müslis decken dann den Bedarf, wenn sie in der empfohlenen Menge gefüttert werden (zum Beispiel 150 Gramm pro 100 Kilo Lebendgewicht des Pferds). Das kann jedoch schnell zu Überversorgungen führen, wenn Reiter zusätzlich noch ein Mineralfutter geben oder einzelne Futterergänzungsmittel wie Selen oder Zink. Auch Wechselwirkungen sind möglich; ein Zuviel des einen Mikronährstoffs kann dann die Aufnahme eines anderen hindern. Wer die Müsli-Menge variiert, greift am besten zu einem unmineralisierten Müsli und ergänzt die nötigen Mikronährstoffe wie Vitamine und Spurenelemente über ein separates Mineralfutter
Füttern & lagern: In Müslis sind die Getreidekörner meistens thermisch oder mechanisch aufgeschlossen, so dass Pferde die enthaltene Stärke möglichst gut verwerten können. Außerdem sorgt die Verarbeitung für eine hohe hygienische Qualität – zumindest, solange das Müsli frisch ist. „Viele Müslibestandteile sind für Mikroorganismen leichter anzugreifen“, sagt Hans-Peter Karp. Müslis verderben deshalb oft schneller als ganzes Getreide. Zur Lagerung eignen sich Säcke. Wird Müsli in großen Mengen verfüttert und im Silo gelagert, entmischen sich die Bestandteile leicht.
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Was versteht man unter Kraftfutter bei Pferden?
Kraftfutter soll dem Pferd Energie zuführen, wenn es sie braucht. Zum Kraftfutter für Pferde zählen Getreide, Pellets und Müslis. Zu den Getreidearten, die pur oder in Mischungen als Kraftfutter gefüttert werden, gehören Hafer, Mais und Gerste.
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Wie viel Kraftfutter braucht mein Pferd?
Im Gegensatz zum Raufutter (Heu, Gras) und zum Mineralfutter braucht nicht jedes Pferd Kraftfutter. Kraftfutter kann zum Beispiel nötig sein, wenn das Pferd hohe Leistungen bringt oder schwerfuttrig und zu dünn ist. Denn: Getreide liefert konzentrierte Energie. Viele Pferde können ihren Bedarf mit Raufutter decken. Reichlich gutes Heu (mindestens 1,5 Kilo pro 100 Kilo Körpergewicht und Tag) ist für Sportler das beste Futter. "Viele Pferde brauchen deshalb gar kein Getreide", sagt Futterberaterin Constanze Röhm. Fragen Sie also nicht zuerst nach der Getreidesorte, sondern prüfen Sie, ob Körner für Ihr Pferd überhaupt nötig sind. Hilfe leistet im Zweifel ein Fütterungsexperte, der die richtige Ration individuell berechnet.
Wie viel Kraftfutter verträgt ein Pferd auf einmal?
Mehr als 0,5 Prozent des Körpergewichts sollte die Menge an Getreide pro Fütterung nicht betragen. Das wären bei einem 500 Kilo schweren Pferd rund 2,5 Kilo Hafer. Alles über einem Prozent des Körpergewichts sollten Sie auf drei Portionen verteilen. Hafer frisst ein Pferd im Vergleich zum Heu rasend schnell: Ein Kilo Hafer verschlingt es in zehn Minuten. Zu viel Kraftfutter auf einen Schlag kann zu Koliken führen. Teilen Sie daher das Kraftfutter auf mindestens zwei Mahlzeiten auf. Meist erreicht ein Großteil des Futters den Dickdarm nach 12 Stunden. Große Mengen flutschen zu schnell ins Gedärm und bringen dort die Mikroorganismen durcheinander. Das gilt vor allem bei energiereichem Futter. Achten Sie darauf, es portioniert zu füttern. Und gönnen Sie Ihrem Pferd vor dem Reiten mindestens eine Stunde Pause.
Was kostet Kraftfutter für Pferde?
Hafer, Müsli und anderes Kraftfutter für Pferde kostet im Schnitt zwischen 60 Cent und zwei Euro pro Kilogramm. Die Preise variieren je nach Futterart und aktueller Preislage für Getreide.
Was bringt ein Kraftfutterautomat?
Optimal fürs Pferd ist die Fütterung per Kraftfutterautomat. Er gibt über den Tag verteilt kleine Mengen Pellets, Hafer, Müsli oder Mineralfutter in den Trog. Die Automaten sind aber mit rund 10 000 Euro für acht bis neun Boxen recht teuer. Dafür sind sie aufs Pferd abgestimmt; die Daten werden im Offenstall etwa mittels Chip abgerufen. So erhält jedes Pferd zur richtigen Zeit das, was es braucht. Wenn nicht, muss der Stallbesitzer auf regelmäßige Futterzeiten und angemessene Portionen achten. Ob er das Futter um 6 Uhr und 18 Uhr serviert oder zwei Stunden später, ist egal. Hauptsache, er hält sich in etwa an die jeweiligen Zeiten. Denn Pferde gewöhnen sich rasch an einen Rhythmus. Hält er die gewohnten Zeiten nicht ein, bekommen manche sogar vor lauter Aufregung Verdauungsstörungen.
Wie füttert man ein Pferd, wenn es zu dünn ist?
Zu dünne Pferde sollten zunächst unbedingt unbegrenzt Zugang zu gutem Heu haben – checken Sie eventuell auch den Nährstoffgehalt des Heus (etwa bei den Landwirtschaftskammern). Lassen Sie das Pferd außerdem tierärztlich untersuchen, um die Ursache für die Gewichtsabnahme zu finden. Berechnen Sie den Kalorienbedarf Ihres Pferds, wenn nötig mit Hilfe eines Fütterungsberaters. Kann es seinen Bedarf nicht durch Raufutter decken, ergänzen Sie entsprechend mit Kraftfutter. Hat das Pferd vor allem Muskelmasse verloren, kann ein Kraftfutter für den Muskelaufbau sinnvoll sein. Mehr zum Thema Muskelfutter lesen Sie in diesem Artikel.
Welches Kraftfutter bei Cushing?
Das Equine Cushing Syndrom (ECS, auch Pituitary Pars Intermedia Dysfunction, PPID) tritt oft im Doppelpack mit EMS auf sowie gehäuft bei Pferden ab 15 Jahren. Übergewicht und Alter sollten Pferdebesitzer bei der Fütterung berücksichtigen.
Adipöse Pferde: Tiere mit EMS und ECS sind oft insulinresistent; daher muss ihre Ration zucker- und stärkearm sein, insbesondere bei übergewichtigen Pferden. Der NSC-Gehalt der Gesamtration sollte unter 10 Prozent liegen. Lassen Sie daher regelmäßig Ihr Heu analysieren, um die Ration entsprechend anzupassen. Wie hoch der Anteil an leichtverdaulichen Kohlenhydraten im Weidegras ist, "ist weder kalkulier- noch regulierbar. Daher sollte der Weidegang stark eingeschränkt oder, noch besser, komplett gestrichen werden", rät Manuela Muth.
Beim Krippenfutter plädiert Fütterungsexpertin Manuela Muth dafür, getreide- und melassefrei zu füttern. Conny Röhm findet hingegen: "Bei adipösen Pferden ist kein Kraftfutter nötig. Solche Tiere brauchen nur ein gutes, bedarfsdeckendes Mineralfutter." Hier kann es sinnvoll sein, auf spezielle Mineralfutter-Sorten für Cushing-Pferde zurückzugreifen, "denn normale Mineralfutter reichen je nach Rezeptur und Bioverfügbarkeit der Mineralstoffe manchmal kaum für kern- gesunde Pferde", so Julienne Meints.
Zudem brauchen Cushing-Pferden mehr an zellschützendem Vitamin E sowie Zink (Unterstützung fürs angeschlagene Immunsystem). "Gut ist es, wenn das Mineralfutter zugleich noch essenzielle Aminosäuren enthält", sagt Celina Hofmann von Agrobs: Vor allem Methionin, Lysin und Threonin unterstützen den Muskelerhalt.
Normalgewichtige und Dünne Pferde: Aus demselben Grund brauchen auch normalgewichtige und dünne Cushing-Pferde ausreichend Rohprotein und essenzielle Aminosäuren, um den altersgemäßen Muskelschwund zu verringern. Proteinquellen sind Sojaextraktionsschrot, Luzerne oder Reiskleie.
Reiskleie enthält zudem Fette; das wirkt altersbedingtem Gewichtsverlust entgegen und hält den NSC-Anteil unter den anvisierten 10 Prozent. "Doch der Stärkegehalt kann zwischen 10 und 40 Prozent schwanken", sagt Conny Röhm; ECS-Pferde sollten stärkearme Kleie bekommen. Pflanzenöle wie Leinöl liefern Energie und entzündungs- hemmende Omega-3-Fettsäuren.