Sitzlonge für korrekten Sitz

Locker im Sattel: Sitzlonge als Training für den Reitersitz
Sitzlonge für korrekten Sitz

Zuletzt aktualisiert am 22.10.2012

Platt wie eine Scholle liege ich bäuchlings auf dem Boden und schiele auf meinen aufgestützten Arm. Die Hand bewegt sich trotz aller Anstrengung keinen Zentimeter vom Boden. Dieses Training soll meine Haltung beim Reiten verbessern. Aber was hat eine Übung, bei der ich mich wie ein Fisch auf dem Trockenen fühle, mit Sitzlonge zu tun?

Ganz schön viel, meint Gabriele Nimsky-Magnussen, Leiterin des Landesleistungszentrums Reiten in Ansbach/Bayern und Bewegungstrainerin nach Eckart Meyners. Bei ihr habe ich mich für ein Experiment an der Sitzlonge angemeldet. In sechs Einheiten binnen drei Wochen will die Trainerin meine alteingesessenen Probleme in den Griff bekommen.

Als fortgeschrittene Reiterin an die lange Leine – wie vielen anderen ist auch mir das erst mal ganz schön peinlich. Dass Sitzschulungen alles andere als peinlich sind, zeigt die Ausbildung an der Wiener Hofreitschule. Dort rotieren Eleven bis zu neun Monate im Kreis, bevor sie bei Vorführungen im freien Reiten brillieren dürfen.

Ist die Brustwirbelsäule fest, fällt der Körper vor

Was Hohe-Schule-Aspiranten guttut, kann einem Durchschnittsreiter nicht schaden. Ich gebe die Zügel aus der Hand. Bald entdeckt Gabriele Nimsky-Magnussen den Grund für meinen vorgeneigten Oberkörper, gegen den ich seit Jahren -ankämpfe: Die Beweglichkeit meiner Brustwirbelsäule ist gleich null – ein Befund, den ich mit vielen anderen Freizeitreitern in Deutschland teile.

Schon die Bestandsaufnahme auf Gala, einer zwölfjährigen Voltigier-Stute, ist ernüchternd: "Durch Ihre vorgezogenen Schultern ist das Genick fest, Sie schieben Ihr Kinn nach vorne. Außerdem ist Ihr Gesäß zu weit hinten, die Oberschenkel sind hochgezogen, die Knie an den Pauschen fixiert. Dadurch können Sie im Absatz nicht federn", zählt Gabriele Nimsky-Magnussen auf. Ich muss von Grund auf saniert werden. Ob das in nur drei Wochen gelingt? Können Gymnastik und ein paar Sitztipps so viel ändern?

Sitzlonge macht Reiter locker

Auf Longenpferd Gala fühle ich mich am ersten Trainingstag sofort wohl. Auch die erste Übungseinheit beginnt ganz entspannt: "Schauen Sie in der Halle herum. Drehen Sie den Kopf nach rechts, links, oben und -unten", fordert mich Gabriele Nimsky-Magnussen auf. Das Kopfdrehen soll Muskeln lockern. "Außerdem tragen Sie dadurch Ihr Kinn an der richtigen Stelle." Die Übung gefällt mir: Sie ist effektiv und erfordert nicht viel -Aufwand. Auch Reden oder Singen lockert die Muskeln. Während ich summend die Halle begutachte, fällt ganz nebenbei alle Nervosität von mir ab. Gesäßknochen spüren lernt man so: Raus aus den Steigbügeln und die Beine abwechselnd hochziehen. Das klappt gut, bald merke ich beide Sitzknochen deutlich. Diese Übung hilft allen, die wie ich mehr auf den Oberschenkeln statt tief im Sattel sitzen.

Meine Oberschenkel müssen auch am zweiten Tag ran: Statt ständig nach vorne zu rutschen, sollen sie unter meinem Schwerpunkt bleiben. Wieder ein Problem, das ich mit vielen anderen Reitern teile. "Das Vorrutschen rührt daher, dass Sie sonst im Springsattel reiten. Oft sind aber auch starke Adduktoren daran schuld", sagt die Trainerin. Dicke Muskeln verhindern, dass die Oberschenkel flach am Sattel liegen. Zur Korrektur hebe ich jeweils ein Bein aus der Hüfte vom Sattel weg und schiebe es nach hinten. Eine simple Übung, die jeder Reiter nachmachen kann und die hilft, in den Trab- und Galoppübergängen die Beine am Pferd zu lassen. Auch beim Warmreiten kann man seinen Gesäßknochen schon nachspüren.

Geeignete Longenpferde

An der Longe will sich der Reiter auf seinen Sitz konzentrieren. Deshalb muss das Longenpferd ausgeglichen und nervenstark sein, Sicherheit geben, aber gleichzeitig sensibel reagieren. Die zwölfjährige Hannoveraner-Stute Gala hat diese Qualitäten. "Gala ist Voltigierpferd und sehr ausbalanciert. Dadurch kann sie natürlich viel besser mit Gewichtsverlagerungen umgehen", sagt Gabriele Nimsky-Magnussen. Auch die Bewegungen des Pferds müssen angenehm zu sitzen sein, weder zu schwungvoll noch abgehackt. "Longenpferde sollten ihren Takt sicher halten können und fleißig sein." Sie dürfen sich nicht davon stören lassen, dass der Reiter auf ihrem Rücken turnt, sondern müssen brav ihre Kreise ziehen. Die Größe des Longenpferds sollte zu der des Reiters passen. Ein großes, breites Pferd erschwert kleinen oder kurzbeinigen Reitern das Sitzen.

Kontakte: Longenstunden buchen

Seit 2009 leitet Gabriele Nimsky-Magnussen das Landesleistungszentrum Reiten im fränkischen Ansbach. Die Pferdewirtschaftsmeisterin und Richterin reitet Dressur bis Klasse S und Springen bis Klasse M. 2007 nahm sie an einer Fortbildung für Pferdewirtschaftsmeister zum Bewegungstrainer nach Eckart Meyners teil. "Mein Blick hat sich verändert. Die Bewegungslehre fließt in meinen Unterricht ein, und Fehler korrigiere ich vermehrt über den Sitz. Korrekturen nach dem ewig gleichen Muster störten mich, ich wollte etwas ändern. Da kam die Schulung gerade richtig."

Pferdezentrum Franken, Am Reiterzentrum 3, 91522 Ansbach, Tel. (0981) 46500, info@pferdezentrum-franken.de

Eckart Meyners studiert seit über 30 Jahren Bewegungen beim Reiten bis ins kleinste Detail. Er kann Bewegungen erkennen, die andere nicht sehen, behaupten Schüler des 2009 pensionierten Dozenten für Sportpädagogik an der Universität Lüneburg. Meyners entwickelte spezielle Übungen, die Blockaden lösen. Sein Ziel: dem Reiter helfen, besser zu sitzen und die Bewegungen des Pferds nicht zu stören. "Der Reiter muss feine Körpersignale aussenden, die das Pferd versteht, und umgekehrt." Der von ihm entwickelte Hocker Balimo fördert mit dreidimensional beweglicher Sitzfläche das Gefühl für die Beckenbewegung.

ADVINOVA GmbH, Am Altenbruch 7, 40822 Mettmann, Tel. (02104) 5054747, postmaster@balimo.info