Ein Pferd, das genüßlich die Oberlippe spitzt und sich sichtlich wohlfühlt – welcher Reiter freut sich darüber nicht? Wer seinem Pferd solches Entzücken entlocken will, hat die Wahl zwischen zahlreichen Massageprodukten wie Igelbällen, Rollern oder vibrierenden Decken. Und wer sein Pferd massiert, tut ihm gleich in mehrfacher Hinsicht etwas Gutes: Massieren entspannt, lockert die Muskeln und fördert die Durchblutung.
„Eine aufwärmende Massage sollte etwa 20 Minuten dauern, ob mit Striegel oder Massagegerät“, sagt Pferde-Osteopathin Michaela Wieland (www.michaelawieland.de). „Das ersetzt aber nicht das Warmreiten!“ Planen Sie außerdem zehn Minuten für leichtes Massieren nach dem Training ein. Abfallprodukte, die beim Bewegen entstehen, werden so schneller abtransportiert. „Das beugt einer Übersäuerung der Muskulatur vor und wirkt wie Stretching nach dem Joggen.“
Bei der Rückenmassage ist Vorsicht geboten
Unbesorgt massieren können Sie als Laie den Pferdehals (Unterhalsmuskulatur ist oft verspannt), Schulter und die Hinterhand mit ihren großen Muskelgruppen. Gerade Dressurpferde müssen hier viel Last aufnehmen – und profitieren von fitten Muskeln. Vorsicht ist am Rücken geboten: „Sie sollten unbedingt mehrere Fingerbreit Abstand von der Wirbelsäule und ihren Dornfortsätzen halten“, sagt Michaela Wieland. „Das tut dem Pferd sonst weh.“
Während beim Menschen stets in Richtung des Herzens massiert wird, gehen Sie beim Pferd mit der Fellrichtung, denn auch die Muskelfasern verlaufen längs. Pferde brauchen übrigens keinen stärkeren Massagedruck als Menschen. Probieren Sie also ruhig mal aus, welche Stärke Ihnen angenehm ist. Womöglich liegen Sie dann auch bei Ihrem Pferd richtig.
Wenn das Pferd die Ohren anlegt, ist der Druck zu hoch
Um die passende Intensität zu finden, sollten Sie das Pferd beobachten. Hebt es Kopf und Hals, schlägt es mit dem Schweif oder weicht es dem Druck aus, haben Sie zu stark massiert. Die Muskulatur verhärtet sich. Das Pferd legt die Ohren an, manche schnappen sogar oder zucken vor Schmerz. In diesem Fall sollten Sie einen Profi hinzuziehen.
Hängende Ohren, ein fallengelassener Hals oder eine genüßlich gespitzte Oberlippe zeigen hingegen, dass dem Pferd die Massage gefällt. Läuft es anschließend besser als sonst, haben Sie alles richtig gemacht und die Muskeln wirklich gelockert.
Wie gut gelingt das aber tatsächlich in der Praxis? Wir haben Hand angelegt und neun Massageprodukte getestet. Und zwar an Bob – einem optimalen Testpferd. Der 16-jährige Wallach zeigt immer deutlich, was er mag und was nicht. Außerdem ist er ein gelassener Typ, den auch Geräusche elektrischer Massagegeräte nicht gleich aus der Ruhe bringen dürften. Für den Test haben wir ihn stets zur selben Zeit mit den Produkten massiert, anschließend absolvierte er sein Training. Unser Fazit: Echte Handarbeit ist beim Massieren das Beste. Aber lesen Sie selbst.
„Relax“-Massagestriegel
Einfach, günstig, gut: Ein Massagehandschuh und -striegel teilen sich den ersten Platz beim Praxis-Test.
Der Massagehandschuh und der „Relax“-Massagestriegel von Krämer sehen fast gleich aus: Auf der Oberseite besitzen sie große Noppen. Wo beim Handschuh an der Unterseite feine Borsten sitzen, prangen beim Massagestriegel hingegen sieben Magnetkugeln.
Das Handling ist bei beiden gleich: einfach mit der Hand hineinschlüpfen und massieren. Das Material ist sehr weich, was zwei Vorteile hat: Zum einen passt es sich der Körperform des Pferds an. Zweitens ist man bei der Massage sehr nah am Pferd und kann es daher besonders feinfühlig massieren. Das verdient einen dicken Pluspunkt!


Im Test legte das Pferd beim blauen Massagehandschuh ganz kurz die Ohren an, als es mit der groberen Striegelseite massiert wurde. Das änderte sich jedoch sehr schnell: Es quittierte die Massage von Kruppe, Rücken, Schulter und Hals mit Kauen und Lippenlecken und streckte sich dem Massagehandschuh sogar entgegen.
Noch positiver fiel am Folgetag der Test des grünen Massagestriegels mit den Magnetrollen aus: Hier zeigte das Pferd gar keine Abwehrreaktionen, sondern genoss die Behandlung sofort sichtlich. Besonders die Massage mit den Magnetrollen gefiel ihm so gut, dass es Hals, Kopf und sogar die Vorderbeine zur Massage entgegenstreckte und genießerisch die Augen schloss.
Das Pferd war nach dem Massieren mit Handschuh und Massagestriegel im Training ausgesprochen locker und extrem entspannt. Es ließ beispielsweise im Freilauf und an der Longe von sich aus den Kopf tief fallen. Auch die übrige Motorik war deutlich fließender und elastischer als sonst. Dieser Effekt war beim Massagestriegel mit Magnetrollen sogar noch ausgeprägter. Auch wenn der weiche Kunststoff beider Produkte nicht den Eindruck erweckt, besonders langlebig zu sein: Günstiger und wirkungsvoller war kein anderes Test-Produkt – mit einem leichten Vorteil für den „Relax“-Massagestriegel vor dem Handschuh.
„Oster“-Striegel und „Super Dandy Go Relax“
Blau, stabil und total entspannend: Die Massagen mit den beiden „Oster“-Striegeln kamen beim Testpferd extrem gut an.
Diese beiden Striegel eignen sich nicht nur, um Dreck aus dem Fell zu bürsten, sondern auch hervorragend zum Massieren des Pferds. Der Striegel mit den groben Noppen (Foto unten) ist perfekt für großflächige, relativ unempfindliche Körperpartien wie Kruppe und Hals. In der Rückenlage oder an der Schulter, wo die Knochen deutlicher spürbar sind, sollte er vorsichtig eingesetzt werden, denn die Noppen sind relativ hart und unnachgiebig.
An empfindlicheren Körperstellen punktet der Striegel mit den feineren Noppen; sie geben bei Druck nach. Die Intensität lässt sich durch die großen Griffe der Striegel insgesamt gut dosieren.
Das Testpferd war nach den jeweiligen Massagen komplett tiefenentspannt und stand mit angewinkeltem Hinterbein und hängenden Ohren am Putzplatz. Bei der Massage am Hals streckte es sich dem Striegel entgegen. Beim anschließenden Training lief es sehr locker. Damit reichen die beiden „Oster“-Striegel fast an die Testsieger heran.

Das Massagegerät „Super Dandy Go Relax“

Das Massagegerät „Super Dandy Go Relax“ bietet verschiedene Anwendungsmöglichkeiten. Unserem Testpferd gefiel nur eine.
Die kreiselnden, klopfenden Bewegungen des elektrischen Massagegeräts mit seinen drei auswechselbaren Massageköpfen sollen Durchblutung, Regeneration und Wohlfühlen fördern. Die Stärke der Vibration ist stufenlos verstellbar. Je stärker die Vibration, um so lautere Geräusche macht das Gerät.
Im Praxis-Test zeigte das Pferd bei zunehmender Vibration und Lautstärke Abwehrreaktionen. Angenehm fand es dagegen die niedrigstufige Massage der Kruppe – dies aber nur mit dem runden Massagekopf. Der Massagekopf mit Bürstenaufsatz gefiel Testpferd Bob nicht. Ein Manko bei der Handhabung: Das 2,80 Meter lange Kabel ist zu kurz, um damit alle Stellen eines Pferds zu erreichen; man benötigt also auf jeden Fall eine Verlängerung.
Das ist eine Unfallquelle für nervöse Pferde, die bei der Behandlung vielleicht auch einmal einen Satz machen. Besser wäre ein Akku. Nach der Massage fühlten sich Bobs Muskeln im Lendenbereich angespannter an als zuvor. Im Training lief das Pferd wie gewohnt. Punkten konnte das Gerät im Selbstversuch: Die beiden Tester waren von der Anwendung am Menschen begeistert.
Massage mit Igelbällen
Wer sein Pferd mit Igelbällen massiert, braucht Zeit und starke Hände. Lohn der Mühe: Wellness für unser Testpferd.
Igelbälle kennen viele Reiter, um die eigene Wahrnehmung sowie das Feingefühl zu trainieren und die Durchblutung anzuregen. Aber auch Pferden kann man die Kugeln übers Fell rollen.
Unser Testpferd ließ sich am Hals und entlang des Mähnenkamms ausgesprochen gerne damit massieren. Vorteil der Bälle: Durchs Rollen konnte man auch mal gegen den Strich massieren, ohne dass es dem Testpferd unangenehm war – auch an sonst eher kitzeligen Körperpartien. Der Massagedruck ließ sich gut variieren, indem der Ball mal mit mehr, mal mit weniger Kraft gegen das Fell gedrückt wurde.
Die Crux der Kugeln liegt quasi auf der Hand: Die Igelball-Massage ist bei einem großen Pferd ziemlich zeitaufwändig. Außerdem kostet sie Kraft: Der Masseur muss den Ball ständig mit flach ausgestreckter Hand gegen das Pferd drücken und kann ihn nicht einfach greifen. Hand und Arme ermüden schnell. Im Training lief das Testpferd anschließend wie gewohnt. Vielleicht haben wir die Muskeln nicht besonders gelockert, aber für Wellness beim Pferd gesorgt.

Massageroller

Einfach über Verspannungen hinwegrollern? In unserem Praxis-Test klappt das vor allem gut an großflächigen Muskelpartien.
Dieser Roller hat acht Rädchen mit Kunststoffnoppen und einen Holzgriff. Modelle aus Plastik lassen sich einfach abwaschen – so können Mensch und Pferd davon profitieren. Die Massageroller sollen Reflexe in Muskeln und Nerven auslösen, die Durchblutung fördern und so den gesamten Organismus aktivieren.
Unser Testpferd reagierte auf die Massage insgesamt relativ gleichgültig. Die Massage der Kruppe genoss es allerdings deutlich. Diese großflächige Körperpartie des Pferds ließ sich auch am einfachsten und effektivsten bearbeiten; denn geradeaus rollte es sich besser als um enge Kurven. Möchte man gezielt massieren, zum Beispiel entlang des Mähnenkamms, kommen nur die vorderen Rollen zum Einsatz, die hinteren Rollenpaare liegen dann nicht auf. Auf diese Weise lässt sich der Druck bei der Massage gut regulieren. Das Rollern selbst war auf Dauer recht anstrengend.
Im Anschluss lief unser Testpferd etwas lockerer als ohne Massage. Der Hinterhand hat es offenbar gut getan.
„Warm-Up“-Schabracke und „Sportz-Vibe“-Decke
Die „Warm-Up“-Schabracke massiert mit Vibrationen und Klopfen die Sattellage. Das Testpferd reagierte mit unwilligem Scharren.
Mit Klickverschlüssen ist die Schabracke fix befestigt. Die Massageelemente (Akku) am Rücken vibrieren und klopfen abwechselnd. Das soll die Durchblutung anregen.
Der Berührungsreiz und die Geräusche der Massageelemente irritierten unser Testpferd, obwohl es schon eine Massage-Decke getragen hatte. Besonders die auch deutlich lautere Klopfmassage quittierte es mit unwilligem Hufescharren – ein Verhalten, das es sonst nicht zeigt.
Zudem nahm es den Kopf nach oben. Nach der Rückenmassage ließ es im Freilauf den Kopf tief fallen. Für unser Testpferd eignete sich die Schabracke aber letztlich nicht, da es während der Behandlung nicht entspannte.

Die „Sportz-Vibe“-Decke

Keine Lust mit der Hand zu massieren? Dann macht die „Sportz-Vibe“-Decke die Arbeit.
Die Massageelemente (Akku) in der Decke sollen die Muskeln des Pferds aufwärmen und sie auch nach dem Training vor Verspannungen bewahren. Unser Testpferd spannte seine Muskeln zunächst an.
Die vier Massageelemente, die sich je nach Bedarf einzeln oder paarweise an Hals, Schulter, Rücken oder Kruppe positionieren lassen, irritierten es. Das Pferd schaute immer wieder gen Rücken und scharrte mit den Hufen. Es gewöhnte sich aber schnell an die vibrierenden Elemente und den Ton beim Massagebetrieb – und genoss die Behandlung. Im anschließenden Freilauf lief es sehr elastisch, besonders in der Schulterpartie. Die Decke lockerte das Testpferd, ohne dass wir Hand anlegen mussten. Wer Arbeit sparen will, muss dafür etwa 450 Euro investieren.